Einleitung.
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Häuserblock zwischen dem Burgplatz, der Darrstraße, Ölstraße und Über den
Steinen die alte Gerichtsstätte gewesen ist. Die Verteilung der einzelnen Grund-
stücke unterscheidet sich hier bedeutend von der der nächsten Umgebung; sie
sind viel kleiner als nördlich und östlich, sodaß man den Eindruck erhält, daß
sie nachträglich, als die anwachsende Bevölkerung, um noch innerhalb der Stadt
sich ansiedeln zu können, mit den noch vorhandenen freien Plätzen sich be-
gnügen und nach der Decke strecken mußte, abgesteckt und bebaut sind.
Daß auch die Feme große Bedeutung gewonnen hatte, beweist ein Beschluß
der Bürgerschaft von 1435, daß die Urteile des Femgerichts fortan nicht mehr
beachtet werden sollten.
Mit der Burg und Vogtei waren 1443 dem Bäte die beiden Gerichte
zugefallen nebst zahlreichen anderen Gerechtsamen, Besitzungen und Einkünften,
zu denen u. a. die sog. Pflicht gehörte, die von den Innungen der Kaufleute,
Schuhmacher, Bäcker, Knochenhauer, Krämer, Schneider und Schmiede zu
leisten war.
Kirchliche Zustände.
Das Christentum fand, wie im ganzen Schwabengau, so auch in Aschers-
leben durch Bonifatius, wie der Angelsachse Wynfrith seinen Kamen übersetzte,1
Eingang, wie ein Brief von ihm beweist,2 schwer bedroht von den Heiden,
zumal den Sachsen in Kordthüringen, bis Pippin 748 die Kordschwaben unter-
warf und zur Taufe nötigte. Karl der Große verschärfte noch durch blutig-
strenge Strafbestimmungen diesen Zwang, der durch die Auflegung des Zehnten
noch drückender wurde. Die Kirche in Aschersleben muß nun bald nachher
gegründet sein. Kach den sächsischen Annalisten hat nämlich der erste Bischof
von Halberstadt, Hildegrim, während seiner Amtszeit (bis 827) 35 Pfarrkirchen
gegründet, die fast alle dem heil. Stephanus geweiht wurden. Von diesen lassen
sich noch 21 nach weisen,3 zu denen Aschersleben gehört. So ist die Aschers-
leber Stephanskirche unzweifelhaft eine der ältesten Archidiakonatskirchen und
unmittelbar nach der Bekehrung der Einwohner Ascherslebens zum Christentum
gegründet. Als Archidiakonat wird es aber erst 1217 zum erstenmal erwähnt,
wie denn von bestimmt abgegrenzten Archidiakonatsbezirken vor der Mitte des
11. Jahrhunderts überhaupt nicht die Bede ist.
Die Arcliidiakonatseinteilnng hat wahrscheinlich bis zur Auflösung des
Bistums im wesentlichen unverändert fortbestanden.4 Außer dem Archidiakon
befand sich in Aschersleben, wie in 31 anderen Archidiakonaten, auch ein Archi-
presbyter, der 1339 sogar als banni Aschariensis archipresbyter bezeichnet wird.
Es bildete also das Archidiakonat Aschersleben zugleich auch einen für sich
bestehenden Archipresbyterialbezirk. Weniger einfach gestalteten sich die kirch-
lichen Verhältnisse, als einige Klöster in oder bei der Stadt gegründet wurden,
das Franziskaner-Mannskloster, das gegen Ende des 13. Jahrhunders, und das
Cisterzienser-Konnenkloster vor der Stadt, das um die Mitte desselben Jahr-
1 Größler, Einleitung zu den Bau- und Kunstdenkmälern der Kreise Mansfeld, XXXV.
2 No. 92 in der Sammlung der Briefe des Bonifatius von Würdtwein 1798 (nach
Größler a. a. O.).
3 Größler a. a. O. und besonders P. J. Meier, H.-Z. XXXI, 227 ff.
4 v. Strombeck, Zeitsckr. des hist. Vereins für Niedersachsen 1862.
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Häuserblock zwischen dem Burgplatz, der Darrstraße, Ölstraße und Über den
Steinen die alte Gerichtsstätte gewesen ist. Die Verteilung der einzelnen Grund-
stücke unterscheidet sich hier bedeutend von der der nächsten Umgebung; sie
sind viel kleiner als nördlich und östlich, sodaß man den Eindruck erhält, daß
sie nachträglich, als die anwachsende Bevölkerung, um noch innerhalb der Stadt
sich ansiedeln zu können, mit den noch vorhandenen freien Plätzen sich be-
gnügen und nach der Decke strecken mußte, abgesteckt und bebaut sind.
Daß auch die Feme große Bedeutung gewonnen hatte, beweist ein Beschluß
der Bürgerschaft von 1435, daß die Urteile des Femgerichts fortan nicht mehr
beachtet werden sollten.
Mit der Burg und Vogtei waren 1443 dem Bäte die beiden Gerichte
zugefallen nebst zahlreichen anderen Gerechtsamen, Besitzungen und Einkünften,
zu denen u. a. die sog. Pflicht gehörte, die von den Innungen der Kaufleute,
Schuhmacher, Bäcker, Knochenhauer, Krämer, Schneider und Schmiede zu
leisten war.
Kirchliche Zustände.
Das Christentum fand, wie im ganzen Schwabengau, so auch in Aschers-
leben durch Bonifatius, wie der Angelsachse Wynfrith seinen Kamen übersetzte,1
Eingang, wie ein Brief von ihm beweist,2 schwer bedroht von den Heiden,
zumal den Sachsen in Kordthüringen, bis Pippin 748 die Kordschwaben unter-
warf und zur Taufe nötigte. Karl der Große verschärfte noch durch blutig-
strenge Strafbestimmungen diesen Zwang, der durch die Auflegung des Zehnten
noch drückender wurde. Die Kirche in Aschersleben muß nun bald nachher
gegründet sein. Kach den sächsischen Annalisten hat nämlich der erste Bischof
von Halberstadt, Hildegrim, während seiner Amtszeit (bis 827) 35 Pfarrkirchen
gegründet, die fast alle dem heil. Stephanus geweiht wurden. Von diesen lassen
sich noch 21 nach weisen,3 zu denen Aschersleben gehört. So ist die Aschers-
leber Stephanskirche unzweifelhaft eine der ältesten Archidiakonatskirchen und
unmittelbar nach der Bekehrung der Einwohner Ascherslebens zum Christentum
gegründet. Als Archidiakonat wird es aber erst 1217 zum erstenmal erwähnt,
wie denn von bestimmt abgegrenzten Archidiakonatsbezirken vor der Mitte des
11. Jahrhunderts überhaupt nicht die Bede ist.
Die Arcliidiakonatseinteilnng hat wahrscheinlich bis zur Auflösung des
Bistums im wesentlichen unverändert fortbestanden.4 Außer dem Archidiakon
befand sich in Aschersleben, wie in 31 anderen Archidiakonaten, auch ein Archi-
presbyter, der 1339 sogar als banni Aschariensis archipresbyter bezeichnet wird.
Es bildete also das Archidiakonat Aschersleben zugleich auch einen für sich
bestehenden Archipresbyterialbezirk. Weniger einfach gestalteten sich die kirch-
lichen Verhältnisse, als einige Klöster in oder bei der Stadt gegründet wurden,
das Franziskaner-Mannskloster, das gegen Ende des 13. Jahrhunders, und das
Cisterzienser-Konnenkloster vor der Stadt, das um die Mitte desselben Jahr-
1 Größler, Einleitung zu den Bau- und Kunstdenkmälern der Kreise Mansfeld, XXXV.
2 No. 92 in der Sammlung der Briefe des Bonifatius von Würdtwein 1798 (nach
Größler a. a. O.).
3 Größler a. a. O. und besonders P. J. Meier, H.-Z. XXXI, 227 ff.
4 v. Strombeck, Zeitsckr. des hist. Vereins für Niedersachsen 1862.