Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Brinkmann, Adolf [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 25): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Aschersleben — Halle a. d. S., 1904

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.25508#0157
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
118

Kreis Aschersleben.

Die Tore.

Es ist sehr zu bedauern, daß kein einziger Torbau mehr erhalten ist. Auch
der einzige selbst ein Tor bildende Turm, der Johannistorturm, stellt nur einen
Teil der ganzen Toranlage vor, nämlich das innere Tor. Ursprünglich bildete
dies auch wahrscheinlich den einzigen Yerschluß bei allen Toren. Später aber,
zumal als ringsum eine Zwingeranlage durch Hinzufügung einer zweiten
Umfassungsmauer geschaffen war, verwahrte man auch die Eingänge doppelt.
So erfahren wir, daß 1571 das Johannistor neu erbaut wurde; damit kann nur
eine sich nach außen erstreckende, rings von Mauern gebildete Erweiterung
gemeint sein, die man als Torburg bezeichnen kann. Sie war meist so angelegt,
daß der eine sich hinausstreckende Mauerschenkel im rechten Winkel zur Stadt-
mauer, oft über 30 m lang, geradeaus führte und in seiner Fortsetzung das
Außentor enthielt, während der andere Schenkel jenem nur anfangs parallel lief,
dann aber sich im Bogen an das Außentor schloß. So vermied man, daß die
beiden Tore sich gegenüberlagen; der Feind konnte also von außen nie in die
Stadt schießen, auch wenn die Torflügel offen waren. Nahm der Feind das
äußere Tor, so befand er sich vor dem zweiten und war von drei Seiten ein-
geschlossen, überall von Geschossen, die von den hohen Mauern auf ihn flogen,
hart mitgenommen. Diese Torburgen wurden besonders im 16. Jahrhundert viel-
fach errichtet. In Aschersleben weisen außer der angeführten Stelle über das
Johannistor auf solche Doppeltore versteckt mehrere Angaben der Chronik; so
wird das 1441 erbaute Wassertor 1528 aufgebaut; das 1442 — 43 erbaute Hohe
Tor ward 1555 abgebrochen und neu aufgebaut, offenbar als zeitgemäßes Doppel-
ter. Wenn es von ihm heißt, daß es 1765 abgebrochen wurde, 1813 zusammen-
stürzte, als eben König Jerome hindurchgefahren war, daß es dann 1821 ein-
gerissen und 1830 abgebrochen wurde, so können diese sich scheinbar
widersprechenden Angaben sich nur auf die verschiedenen Teile der sicher recht
bedeutenden Toranlage beziehen. Tom Steintor heißt es, daß es 1765 und 1831
abgebrochen wurde. Es ist denn auch kein Zufall, daß nur von diesen vier
Toren, dem Stein-, Hohen-, Johannis- und Wassertor, solche Notizen Vorkommen;
es sind eben die wichtigsten Eingänge. Das Steintor hatte außerdem längst eine
Verdoppelung durch das Grafentor, das 1385 zuerst erwähnt wird. Eine weitere
Verstärkung bildeten die Feldtore, die in weiterem Abstande von den Haupt-
toren die Vorstadtstraßen schlossen. Es werden mehrere erwähnt, unterzubringen
ist aber nur das ostwärts vor dem Liebenwahnschen Tore stehende Feldtor. —
1830 wird ein Schindertor vor dem Hohen Tore abgerissen. Seine Bedeutung
ist unklar.

Hier möge noch eine Übersicht über die Tore mit den überlieferten Daten
folgen:

1. Johannistor, 1462 vom Feuer beschädigt, 1571 das Außentor dazu erbaut.

2. Liebenwahnsches Tor (auch Breites Tor, Katharinentor genannt), 1437
gebaut (der Turm dazu 1442), 1831 abgebrochen.

3. Wassertor (Wasserlingsches, vielleicht auch Elisabethtor, wenn dies nicht
zwischen dem Krappschen Turm und dem Rondel anzunehmen ist), 1441 erbaut,
1528 mit Außentor versehen.
 
Annotationen