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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0116

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98

Der Arnsburger Hof.

»Spitzbogenfenster mit beiderseits abgeschrägten Laibimgen sind nur an der Ost- und Westmauer erhalten, nach-
dem die Hauptfront nach der Strasse umgebaut, alle Spuren durch Tünche und Oelanstrich verdeckt sind.

Die obern Wandtheile der Nordhälfte zeigen den Schildbögen der Gewölbe entsprechend abgeschlossene
Spuren von Wandmalereien, welche dem Styl der Figuren und Inschriften nach spätestens noch in das frühe
14. Jahrhundert gesetzt werden müssen. Leider ist der Zustand derselben auch nach sorgfältigster Ablösung
der Tünche l) ein derartiger, dass nur einzelne Stellen deutlich hervortreten. Von den vollständigen photogra-
phischen Aufnahmen, welche zur Festlegung der Malereien vom Verfasser gemacht sind, wird desshalb nur die
des besterhaltenen und auch interessantesten westlichen Stückes der Südwand in Tab. 130 reproducirt. Ob
die Malereien der Capelle einen inneren Zusammenhang gehabt haben, ist bei der unvollständigen Erhaltung,
dem Fehlen der ganzen Nordfront und der gewiss auch einbezogenen Gewölbes nicht mehr festzustellen.

Auf dem reproducirten Stück scheint der Gegensatz zwischen dem zeitlichen und ewigen Wohl bei
Guten und Bösen, resp. die Belohnung der Guten, die Bestrafung der Bösen dargestellt zu sein. Ueberall
haben Spruchbänder das Verständniss der Darstellungen unterstützt, sind aber nur theilweis noch zu entziffern.
Die einzelnen Gruppen bauen sich durch Rahmen und Architekturen getrennt in conventioneller Weise ohne
Perspektive über und nebeneinander auf, wie es auch bei Miniaturen der Zeit üblich war. Die Zeichnung ist
flott und ohne grobe Verstösse in den Gesten und Körperformen, sodass es sehr zu bedauern ist, dass nicht
die letzte Oberfläche erhalten blieb, welche die vom Künstler gewollte Wirkung hervorbracht!1, sondern mü-
deren Untermalung und auch diese noch in ungleichem Grade angegriffen. Denn das Bindemittel, mit welchem die
Farben auf den harten dichten Mörtelputz aufgetragen sind, hat nur die von feinstem Korn wie Schwarz und
lichtes Grün genügend tixirt, während die übrigen, meist Erdfarben an der sie bedeckenden Kalktünche fester
hafteten als am Malgrund, und also beim Loslösen der ersteren grösstenteils verloren gingen. Die Ueber-
tünchung zeigt nur eine Hauptschicht und muss erst ca. 1800 aufgebracht sein. Die Farbenscala ist im ganzen
sehr einfach und umfasst meist lichte Töne: gelb, braunroth, grün, schwarz und weiss. Die Modellirung ist
durch aufgesetzte Schraffirung in dunkleren Nuancen des Lokaltones und weisse Lichter erreicht, die
Conturen sind kräftig, meist schwarz umrissen.

Für den Neubau des Wohngebäudes, welches wie die zum Theil alten rundbogigen Keller beweisen,
auf den alten Fundamenten errichtet ist, bedürfen die Abbildungen auf Tab. 131, 132, 133 nur kurzer Er-
läuterung. An dem Portal ist die romanische Reminiscenz in der Form der Capitäle und Basen mit Eck-
blättern bemerkenswert!] (welches auch an dem Fürstenhof vorkommt). Im Innern läuft von dem dem Portal
gegenüberliegenden Treppenhaus mit prächtiger kräftiger Holztreppe, beiderseits ein schmaler Corridor in der
Längsaxe des Baues.

Ein weiter auf hohen Futtermauern ruhender, schon 1375 von hohen Mauern umgebener (Baur, Urkb. von
Arnsburg p. 620) Hof schliesst das ganze nach Süden ab, und zur Seite läuft ein Gässchen, dessen Name
„Herrleingasse" das Wohlwollen abspiegelt, welches die Einwohner dem wie vielfache Vermächtnisse und
Schenkungen bezeugen, beliebten Orden entgegenbrachten.

') welcher sich der Besitzer des Hauses selbst zu unterziehen die Güte hatte.
 
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