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Bickell, Ludwig [Editor]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0184

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166

Niedergründau.

Der Bau begann damit, dass 1556 meister Caspar den Thurm absteckte: 16 kr haben nieister Caspar
und baicmeister verzehrt als er die Visirung überantwurt und, die Höhe des Thorms gemessen, montags nach Magrete..
Die Ausführung besorgte Meister Hans von Laupach mit fünf Knechten.

Die Zimmerarbeiten einschliesslich der Lehrbögen für das Gewölbe machte meister Haus Bricker. Am
15. Oct. 57 wurde der Knopf aufgesetzt und die Kosten betrugen 145 ti. 23 kr.

Nach dem dreissigjährigen Krieg war eine bedeutende Reparatur nöthig. Es wurden 1651 neues
Gestühl, neue „Bohrkirchen" und eine neue Kanzel angelegt. Von dem noch vorhandenen schmucklosen
Thurm giebt das Modell eine genügende Vorstellung. Eine spitzbogige einfach gefaste Westthüre, an deren Scheitel
eine flache Halbrosette die Spätzeit verräth, führt in das Erdgeschoss, welches mit einem Kreuzgewölbe
gedeckt ist, dessen starke abgefaste Kippen ohne Schlussstein auf rohen Wandconsolen aufsitzen. Ein breiter
ungegliederter unverschlossener Spitzbogen führt in das Schiff, und der Zugang zu den Obergeschossen erfolgt
über die aussen an die Nordwand geleimte Emporentreppe durch die erwähnte Thüre im Dachboden. Die
Schallöffnungen sind rechteckig mit einer an Vorhangsbögen erinnernden Abkantung des Sturzes, ebenso die
kleinen unteren Lichtlöcher. Der Rundbogenfries ist wohl eine von dem alten Thurm überkommene Reminiscenz.

Der C h o r war mit einer Art Kreuzgewölbe bedeckt (cf. Grundriss), für welches drei breite Strebepfeiler
mit einmaligem Rücksprung und Pultdach angesetzt waren. In denselben führte eine spitzbogige Pforte auf
der Südseite, welche von einem kleinen Vorbau auf einer Rundsäule geschützt war. Der Boden des Chores
war um zwei Stufen erhöht. Auch er hatte eine Empore für die Orgel mit schmalen Seitenflügeln und halb-
achteckigen mittleren Vorsprung, da der Altar gerade unter dem spitzbogigen Triumphbogen, die Kanzel an
der Südseite des letzteren aufgestellt war.

Der bestehende Neubau des Schiffes hat für unsere Zwecke kein Interesse;. In dem Thurm hängen:

drei Glocken. Von denselben gehört nur die grösste dem alten Bau und dem Ausgang des Mittel-
alters an, die andern wurden 1673 neben sonstigen Verwüstungen von den kaiserlichen und französischen
Völkern gestohlen.

Die grösste Glocke hat 1,02 untern, 0,565 öbern Durchmesser und 0,82 Höhe. Die von Riemchen
eingeschlossene Inschrift ist in vorzüglich scharf gegossenen, schön gezeichneten Neumajuskeln ausgeführt
und lautet:

OSANNA □ HEIS □ ICH □ MEISTER □ HANS □ CZW □ ERANCKEORDT DGOS □ MICH □ MCCCCCIX

Darunter läuft ein Zahnschnitt und ein Spitzbogenfries her, und am Schlag ein schöner gotbischer Laubstab.
□ bedeutet Täfelchen mit masswerkartigem, verschiedenem Ornament.

Die mittlere im untern Theilc des Glockenstuhles hat 0,93 unteren, 0,49 oberen Durchmesser, 0,67
Höhe und in lateinischen Grossbuchstaben die schlecht geformte und kaum lesbare Inschrift am Hals:

IX GOTTES NAMEN FLOSS ICH PETER BACH UND DESSEN SOHN GEORG IN WINDECKEN GOSS
MICH 1779 • LS • || IOH. FRIEDRICH WILHELM I REGIERENDER GRAF ZU MERHOLTZ [OH. LUD.
CALAMINUS VON WECHTERSBACH PREDIGER IOHANN KÜHL JUN KIRCHENBAI'MEISTER JOH

GEORG RAU IOHANNES PLEIN CARL KLOSTER

auf dem Feld:

GERICHTS SCHAEFFEN WAREN - IN ROHT IOHANNES FASS IOHANNES VALENTIN SCHMIDT

IN LIEBLOS MICHEL PETER IN ROTHENBERGEN IOH CONRAD SCHLVCHT.....IOH PETER

CURT (?) PETER Rl HL IN NIEDERGRUNDO

Die kleinste hat 0,78 unteren, 0,42 oberen Durchmesser, 0,57 Höhe und in gleichen Buchstaben
wie die vorhergehende die Inschrift:

DIESE GLOCKE GOSS PH. H. BACH ZU WINDECKEN IM IAR 1853
EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE

Kirche und Küsterwohnung werden von der starken, ehemals befestigten Mauer des Todtenhofes um-
schlossen. Neben denselben steht ein 1738 errichtetes Brunnenhaus mit einem Tretrad.
 
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