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ken hervorblickt, die beinahe gleich hohen Felsen und Bäume, die in
den Schluchten verdunkelt, außer denselben in Dämmerung gehüllt,
nur an wenigen der Sonne zugewandten Teilen erleuchtet werden, die
wunderbar bedeutenden Gestalten dieser dämmernden Felsen, die sanft
durchscheinenden Blätter der vor der Sonne stehenden Bäume — daß,
sage ich, dieses alles und mehreres noch, was ich Ihnen nicht aufrech-
nen will, den allgemeinen und tiefen Sinn der Natur in dem Charakter
des Mystischen und Ruhig-Ernsten durch eine kindlich-tragische und
ehrfurchtsvolle Empfindung ausdrücke. Ich sage: des Mystischen, und
es scheint mir eine den Emst dieser Landschaft erhöhende Eigenschaft
zu sein, daß das allgemein Geheimnisvolle der Natur durch einen ähn-
lichen ästhetischen Charakter zu uns redet. Was Sie so sehr preisen,
der Gekreuzigte, hinter dem die Sonne emporstrahlt, ist es, was mir
nicht gefällt - in der Wahl der Gegenstände, in der Anordnung, in der
Behandlung finde ich wenig und nicht genug, das diesem hohen poeti-
schen Gedanken entspräche.
Sie antworten vielleicht, es sei doch der Zweck des Stücks, das Geheim-
nisvolle und Tragische der Natur und in unserer Religion verbunden
darzustellen. Allerdings ist es so, nur meine ich eben, daß das Religiös-
Poetische nicht im Vollkommen gleichen Verhältnis zu den übrigen
Teilen der Landschaft und durch das frei vor der Sonne stehende Kreuz
zu deutlich ausgedrückt sei [Kat. 120].
[MEYER, Heinrich], Siebente Weimarische Kunstausstellung vom
Jahre 1805. Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung III, 1806, S. I-XII
I. Preiserteilung. Der diesjährige in einhundert und zwanzig Dukaten
bestehende Preis ist zwischen Hn. Hoffmann in Köln und Hn. Fried-
rich in Dresden verteilt worden. Ersterer hatte die Reinigung des Stal-
les des Augias durch Herkules, der andere zwei Landschaften in Sepia
eingesendet.
II. Verzeichnis der ausgestellten Kunstwerke.
8) Wallfahrt bei Sonnenuntergang, nebst dem folgenden von Friedrich
in Dresden [Kat. 126].
9) Herbstabend am See [Kat. 125].
III. Beurteilung der eingesendeten Arbeiten im einzelnen.
Nr. 8. 9. Zwei braun getuschte Zeichnungen, von Friedrich in Dres-
den. Nr. 8 Aussicht von der Höhe in ein weites Tal, welches ferne hin
und wieder mit Gebirgen umschlossen scheint. Über den nächsten Hü-
gel herauf kommt ein Zug Wallfahrer singend und betend auf ein
Kruzifix zu, welches im Vordergründe steht. Am Sakrament, das der
Priester trägt, brechen Strahlen aus, oder vielmehr die Hostie steht
eben gegen die Scheibe der sinkenden, das Bild erleuchtenden Sonne.
Wir müssen die malerische Erfindung an diesem Stücke billig loben.
Ja, wäre es auch eine nach der Natur gezeichnete Aussicht, so gebührte
darum dem Künstler nicht weniger Ehre: denn das Werk ist alsdann
eine Betätigung seines richtigen Urteils und Natursinnes, wenn schon
nicht erfunden, doch trefflich gefunden, und die Prozession so geist-
reich, so passend für das Ganze zur Staffage gewählt, wie uns nur
wenige Beispiele von gleichem Gehalt bekannt sind.
Die Behandlung vereinigt viele Fertigkeit mit Fleiß und Reinlichkeit
in nicht gewöhnlichem Maße. Am Charakteristischen der Darstellung
mangelt es ebenfalls nicht. Eine waldbewachsene Bergseite im Mittel-
grund und Wipfel von Bäumen, welche aus tiefer Schlucht über die
nahe Höhe heraufragen, zeichnet sich von dieser Seite sehr vorteilhaft
aus. Auch muß man die geistreiche Tusche an den kleinen staffierenden
Figuren gut heißen.
Der mit Gras bekleidete nächste Vordergrund gelang dem Künstler
nicht ganz, noch weniger ein paar nahe Bäume, welche stärker und blät-
terreicher sein sollten. Dieses sind aber auch die einzigen Stellen im
ganzen Bild, welche keine Zufriedenheit erregen.
Die Beleuchtung, welche, wie schon oben bemerkt worden, von der
sinkenden Sonne hergenommen ist, tut durch große klare Schattenpar-
tien eine gefällige Wirkung; auch die Regeln der Haltung sind wohl
beobachtet.
Nr. 9. Am begrasten flachen Ufer eines kleinen Sees, in dessen Spie-
gel umstehende Büsche und Bäume ihr Bild werfen, sitzen ein paar
Fischer am Fuß eines kahlen Stammes neben einer morschen Stroh-
hütte. Ihre Reusen sind zum Trocknen an Pfähle aufgehängt. Ferner-
hin sieht man ein Kornfeld, hinter welchem Bäume aufsteigen, und
hohe Hügel, die jenseits den See begrenzen; dort liegt auch ein einsa-
mes Dörfchen und neben demselben öffnet sich die Aussicht in flache
Ferne. Die Luft hat leichte Wolkenstreifen, wie wenn Stürme vorüber

oder bald zu erwarten sind, und in dieser Bedeutung scheint auch der
sehr heitere dunstlose Ton gewählt, der über das ganze Bild herrscht.
Rücksichtlich auf bewiesene Kunstfertigkeit, Reinlichkeit und Fleiß
der Behandlung ist diese Zeichnung der Vorigen gleichzuschätzen; al-
lein die dargestellten Gegenstände sind nach unserer Meinung hier
weniger interessant. Der kahle Stamm im Vordergründe, an welchem
die Figuren sitzen, ist zwar gut gemacht, gereicht aber dem Bilde doch
nicht zur Zierde, seiner Nacktheit wegen. Auch fassen wir die Bedeu-
tung desselben nicht, falls er wirklich eine haben sollte.
Diesen beiden Landschaften ist die Hälfte des ausgesetzten Preises zu-
erkannt worden.
1806
Verzeichniß der . . . im Jahre 1806 . . . ausgestellten Kunstwerke.
DRESDEN 1806
200 Prospect der Arcola auf der Insel Rügen; nach der Natur gez. von
Friedrich [Kat. 128]
ANONYM, Etwas über die öffentliche Ausstellung der Churfürstl.
Sächs. Academie der Künste in Dresden am 5. März 1806. Archiv für
Künstler und Kunstfreunde von Johann Georg Meusel II, 1. Stück,
S.96
Hr. Friedrich aus Pommern hatte drey Saepia Zeichnungen geliefert,
mit Nummer 200 bezeichnet: Die erstere, ein Prospect einer Gegend
auf der Insel Rügen, zeichnete sich durch schöne und grosse Behand-
lung des erhabenen Gegenstandes sehr vorteilhaft aus [Kat. 128].
Die zweite, ein Mondschein in einer reizenden Gegend mit einer Fläche
Wassers befriedigte gewiß alle Anforderungen die man bey einem
Gegenstände dieser Art an den Künstler machen kann [Kat. 130].
Die dritte, eine freye Aussicht durch ein geöffnetes Fenster auf eine
Bastey bei Dresden, der Bär genannt, machte der täuschenden Perspec-
tive wegen, den meisten Eindruck auf Kenner und Nichtkenner [Kat.
132].
L., Gedicht auf Friedrichs Landschaft Arcola. Dresdener Abendzeitung
28. 5. 1806
Nächtlich und schwer liegt der Himmel auf dunkel wogendem Meere
Glatt und schroff aus der Flut erhebt sich Arcola der Fels.
Endlich zerreißen die Wolken und mild in herrlicher Klarheit
Steigt an Okeanos Rand glänzend Selene herauf.
Tiefe heilige Ruhe schwebt über unendlichem Leben
Und der schattigen Nacht mischt sich das schimmernde Licht.
Flüchtig erglänzt es am Felsen und tanzt auf kräuselnder Welle
Wie im Busen der Schmerz wechselnd die Freude verscheucht.
Welcher Zauber ergreift so mächtig im einfachen Bilde?
Einfach mit stiller Gewalt rührt, wie Natur, so die Kunst [Kat. 128].
BRUN ECK [Besprechung der Dresdner Ausstellung von 1806].
Dresdener Abendzeitung 1806, S. 109
Zu jenem Kranze, meine geliebte Freundinn, den ich als ein noch un-
geübter Gärtner auf diesen Blumenbeeten der Kunst ordnend zu flechten
versucht, haben sich noch einige Spätblumen gefunden, die ich Dir wei-
hend hier öffentlich niederlege. Ich meine damit zwei Landschaften
von Friedrich, mit dessen gut gedichteten und gedachten Gemälden ich
Dich oben zu befreunden gesucht habe. Du lernst dort seinen Geist
unter düstern Umgebungen kennen, und sollst ihn hier nun auch unter
heitern und gefälligem schauen; aber wähne nicht, daß der erhabne
Ernst von ihm gewichen ist. Hier wie dort offenbart er sich in Einfalt
und Grösse, und nur das freundliche Licht des Tages hat ihn verklärt.
Beide Blätter sind in seiner gewohnten Manier, und geben die Ansicht
von schwedischen Seeufern. Der Norden hat ihn nun einmal mit ern-
ster Beständigkeit gefesselt, und den erhabenen Anblick des Ozeans
will er nicht missen. Das eine Blatt, auf welchem ein dunkler Vorder-
grund [Kat. 133], hat mir weniger gefallen als das zweite: wiewohl ein
Hirt nachdenklich auf seinen Stock gestützt steht, und rechts eine kleine
reichbebuschte Anhöhe sich erhebt, so dünkt mich dieser Vordergrund
doch gar zu leer, zumal man dahinter nichts sieht, als das glatte Meer,
und die schmale helle Zunge der Kreidefelsen, die sich in die See hin-
ausstreckt. Der Himmel ist mit außerordentlicher Leichtigkeit und
Lebendigkeit behandelt, und die Abstufungen des Tons kontrastieren

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