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wie mannichfaltig ist ihre Färbung und Gestaltung, wie zart der ma-
gische Duft, der Lehensodem der Natur, der sie umweht! Ich könnte
niederknien und beten vor dieser heiligen Größe der Urgebirge; ich
könnte weinen über dieses absterbende Bäumchen, welches zwischen
den schroffen zackigen Felswänden so einsam steht und vergeht! Wie
eine erhabene Kirchenmusik, so spricht diese Landschaft zu meiner
Seele, Sehnsuchtweckend, wünschestillend! Wie schön glänzt jener reine
Schnee, der die nie betretnen Gipfel umhüllt, von dem rosigen Sonnen-
strahl geküßt in stillerröthendem Schimmer [Kat. 317]!
Fedor. Uebersieh auch das andere Werk des genialen Friedrich nicht,
das Eismeer, ganz so wie wir es aus des wackern Parry’s Schilderun-
gen kennen; es ist schön in seiner starren feindlichen Größe [Kat.311].
Rosa. Ja wol, doch möchte ich es nicht immer vor Augen haben; ent-
zückend finde ich jene Ruine einer gothischen Capelle, in deren düstere
Grabgewölbe glühender Abendsonnenschimmer einströmt. Wie spielt
das freundliche jugendliche Licht um das alternde moosige Gestein,
welches umzogen ist vom rankenden Gestripp, und wo überall zwischen
den einsinkenden verwitterten Erinnerungen der Vorzeit blühendes
Leben der Pflanzenwelt sich vordrängt. Ich möchte neben den einsamen
Wanderer treten, der dies Heldengrab so sorgsam betrachtet, um so
mehr, da ich glaube, in ihm den lieben Künstler zu erkennen, dem ich
so gern für viele der herrlichsten Genüsse danken möchte [Kat. 316] !
Fedor. Kleine Schwärmerin, wol weiß ich, wie Du immer an Friedrich’s
Werken hängst. Doch übersieh unsern wackern Dahl nicht . . .
ANONYM, Die berliner Kunstausstellung. Literarisches Conversa-
tions-Blatt 1824, S. 1121
In der diesjährigen dresdener Kunstausstellung konnte der Besucher
sehr bald zu einem genügenden Resultate nach kurzer Betrachtung ge-
langen. Die Kunst schien in dem verflossenen Jahre keine bedeutenden
Fortschritte gemacht zu haben, wenn einer der gefeiertsten Meister sich
in krankhaftem Streben nach Neuheit und Seltsamkeit bis zu den star-
ren Eisschollen des Nordmeers verstieg; von denen die eingekeilten
Schiffstrümmer das nach Schönheit und Leben suchende Auge zurück-
scheuchten [Kat. 311], oder im Rosenschein der Abendröthe seltsame
Ruinen von Tempeln auf gestellt hatte, welche niemals existirten [Kat.
316] ... Als gelungen treten eigentlich nur eine Judith von Veit, zwei
nordische Meergegenden von Dahl (Meisterstücke in ihrer Art), eine
eisbedeckte Bergschlucht von Friedrich [Kat. 317], so wie einige nied-
liche und sinnreiche Bilder von Rätsch hervor.
ANONYM, Correspondenz-Nachrichten. Dresden, im Oktober. Wie-
ner Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode 1824, S. 1335
Professor Dahls und Professor Friedrichs Landschaften erfreuen stets,
der Seesturm des ersteren, die Gebirgsgegend [Kat. 317] und gothische
Capelle [Kat. 316] des zweyten wurden allgemein bewundert.
B (BÖTTIGER), Die Dresdener Kunstausstellung. Artistisches No-
tizenblatt 1824, S. 59
Prof. Friedrich gab uns in seiner gemüthvollen, mystischen Manier
die Überreste einer alten Kapelle [Kat. 316] und - man erstarrt wirk-
lich bei diesem Frost - das Eismeer [Kat. 311].
v. QUANDT, Über die Dresdener Kunstausstellung von 1824. Artisti-
sches Nbtizenblatt 1824, S. 71
Friedrich hat uns eine Gebirgsgegend sehr meisterhaft dargestellt, und
der hohe Ernst der Natur spricht durch bedeutende Felsmassen, Nebel
und Schneegipfel greifend zum Gemüth. Die Wirkung ist fast täu-
schend zu nennen, so tritt das Nahe hervor, das Ferne zurück. Fast
glauben wir, daß das Bild noch mehr gewinnen würde, wenn die Felsen
im Mittelgründe weniger violett wären, wodurch allerdings das Grün
der Matten gehoben wird [Kat. 317].
v. QUANDT, Über die diessjährige Kunstausstellung in Dresden.
Kunstblatt 5, 1824, S. 368
Unter den Landschaften verdient vor allem Friedrichs grosses Bild
einer Gebirgsgegend die rühmlichste Erwähnung [Kat. 317].
T., Dresden, Die lezte Kunst-Ausstellung. Hesperus 1824, S. 862
Bey einer einmaligen, ziemlich flüchtigen Uebersicht erschien mir das
Gemälde eines Seesturms von Dahl und die Eruption des Vesuvs von
104

eben demselben, nebst einer rauhen Alpen-Gebirgs-Ansicht nach einer
Zeichnung von Carus durch Friedrich, fast als das höchste, was in die-
ser Art von Darstellungen zu leisten möglich ist [Kat. 317].
B (BÖTTIGER), Professor Klengels Studien für Landschaftsmaler.
Artistisches Notizenblatt 1824, S. 18
Die treuen Hausgenossen und Freunde, Friedrich und Dahl, waren mit
Hervorbringung anmuthiger Naturszenen, frischbeschatteter Gebirgs-
schluchten und bewegter Seeküsten tüchtig beschäftigt. Vor wenigen
Tagen schickten beide gemeinsam eine ganze Kiste voll von ihren neue-
sten Erzeugnissen nach Prag zur ständischen Ausstellung, wobei die
ersten Geschlechter Böhmens so gern und wirksam eingreifen. Dahl
hatte vier kleine Kabinetstücke gefertigt, worunter sich zwei Marinen
und eine Berggegend in üppigster Vegetation befand, Friedrich eine
vom Mond beleuchtete Ostseeküste [Kat. 281] und ein einsames Hoch-
gebirge, dessen Thäler der Nebel mit dichterem oder lichterem Schleier
einhüllt.
AN ONYM, Die Kunst-Ausstellung in Berlin. Der Gesellschafter 1824,
S. 924
Friedrich (Dresden): »Eine bergige Landschaft«. Hier stehen wir wie-
der vor einem Bilde, das seinen Meister nicht verläugnet. Wie sonst
auf den Gemälden dieses Künstlers, so blicken wir auch hier auf we-
nige, einfache Gegenstände; aber sie stehen in ihrer Einfachheit so
riesengroß vor uns, sie reden so laut in ihrer stummen Erhabenheit,
daß wir uns innerlich ergriffen fühlen. Wie thürmen sich diese Fels-
massen aufeinander und streben himmelan. Kalte, nackte Wände, noch
feucht vom ziehenden Nebel; schneeige und beflorte Höhen; spitze Zak-
ken und eisige Gipfel. Diese Bergmassen senken sich nun in ein Thal
hinab, und bilden eine öde grausige Kluft, in die uns der Maler einen
Blick offen gelassen hat. Noch schwindet der Nebel nicht ganz aus dem
engen Thal und man erblickt das Blau des Himmels im matten und
grauen Nebellichte. Alles ist still und todt; einige Wanderer, kaum er-
kenntlich, kleine verhüllte Gestalten, ziehen, vom Beschauer abgewandt,
den schneeigen Gebirgspfad; wir möchten ihnen nicht weiter folgen.
Ein ersterbender Baum auf dem kalten grünen Vordergründe vermehrt
noch das Schauerliche der Gegend. Die Ausführung ist meisterhaft
[Kat. 317].
ANONYM, Die berliner Kunstausstellung. Literarisches Conversa-
tions-Blatt 1824, S. 1124
Wir stehn am Schluß unsers Berichts und haben vielleicht, unter der
Masse aller, sehr schöne Bilder vergessen, wobei uns sogleich Steuben’s
Alexander von Humboldt . . . Friedrichs später hinzugekommene
Schlucht (aus Dresden) . . . einfallen [Kat. 317].
HASSE, F. Ch. A., Das Leben Gerhards von Kügelgen. Leipzig 1824,
S. 219, 220, Brief Gerhards an seinen Bruder Karl, Dresden den 7.4.
1809.
Stelle Dir vor, daß sogar ich, bei meiner angeborenen Buchstaben-
scheu, einen Aufsatz in die Zeitung für die elegante Welt habe ein-
rücken lassen. Ich konnte nicht umhin, mich des Landschaftsmalers
Friedrich anzunehmen, welcher von einem Herrn von R . . . r sehr un-
gerecht angefeindet wurde. Mit meinem Aufsatze bin ich indessen sehr
unzufrieden; die Elegante hat ihm nämlich, um dem Hrn. v. R... r nicht
wehe zu thun, alle Spitzen abgeknickt [Kat. 167].
S. 355, 356. Der Landschaftsmaler Friedrich in Dresden hat in einer
Kirchhofscene das Grab seines Freundes Gerhard von Kügelgen mit
Geist und Gefühl dargestellt. Jener Gedenkstein bildet den Mittel-
punkt; bedeutsam deckt den Grabhügel noch kein Rasen. Die wehmütig
ernste Anordnung des Ganzen, durchsichtig zart entsproßne Bäume,
die Gräber umher, wie sie von diesem Standpunkte aus sich gruppieren,
mit ihren Sarkophagen, Säulen und Kreuzen, treu nach der Natur, aber
in Hinsicht auf malerische Wirkung künstlerisch zusammengestellt,
sprechen zur Empfindung. Ueber dem Bilde des Todes geht der Stern
der Hoffnung und der Liebe auf, dem Sterblichen ein schöneres Seyn
verkündigend. Die Wand im Hintergründe verschließt ein Gitterthor,
durch welches in leicht auszudeutender Erhellung die Abendröthe her-
eindämmert. Friedrich malte dieses Bild im Jahr 1822 in Oel, und
weihte es der Frau von Kügelgen bei ihrer Abreise von Dresden nach
Reval, als ein Denkmal dessen, was ihr Herz zurückließ [Kat. 290].
 
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