sicht steht er ebenso weit hinter einigen Holländern zurück, die ähn-
liche Gegenstände gemalt haben, als er sie in der ganzen Gesinnung,
worin er auf gefaßt, übertrifft; es würde nicht schwer sein, ein Dutzend
Bilder zu nennen, wo Meer und Ufer und Kapuziner besser gemalt
sind. Der Kapuziner erscheint in einer gewissen Entfernung wie ein
brauner Fleck; und wenn ich durchaus einen Kapuziner hätte malen
wollen, so hätte ich ihn lieber schlafend hingestreckt oder betend oder
schauend in aller Bescheidenheit niedergelegt, damit er den Zuschauern,
denen das weite Meer doch offenbar mehr Eindruck macht als der
kleine Kapuziner, nicht die Aussicht verdürbe. Wer später sich nach
den Küstenbewohnern umsähe, fände immer noch in dem Kapuziner
alle Veranlassung, das auszusprechen, was mehrere der Zuschauer in
einer überschwenglichen allgemeinen Vertraulichkeit allen laut mitge-
teilt haben.«
Diese Rede gefiel mir so wohl, daß ich mich mit demselben Herrn so-
gleich nach Hause begab, wo ich mich noch befinde und in Zukunft an-
zutreffen sein werde [Kat. 168].
Catalog der von dem verstorbenen Herrn Carl Adolph Wilh. Jung-
meister ... Naumburg a. S. hinterlassenen reichen Sammlung von Kup-
ferstichen, Radierungen, Schwarzkunstblättern, Orig.-Zeichnungen
meist Aquarellen ... welche den 22. November 1852 zu LEIPZIG im
R. Weigelschen Kunstauctionslocale ... versteigert wird. Leipzig 1852
Nr. 1814. Felsige Landschaft mit weiter Ferne, im Vorgrunde ein Cru-
cifix. Schön in Sepie. Breite 18 Z. 6 L. Höhe 12 Z. 9 L. [Rth., 12 Ngr.]
Nr. 1815. Landschaft mit Fluss und Kreuz, links Strasse mit Reisenden.
Feder und Tusche. Breite 8 Z. 10 L., Höhe 7 Z. 4 L. [11 Ngr. Kat. 6]
Nr. 1816. Die Abtei Eldena in Schwedisch-Pommern. Aquarelle 1814
Breite 6 Z. 1 L., Höhe 5 Z. 11 L. [19 Ngr. Kat. 212]
[Auktionskatalog Slg. W.A.Barth, Rudolp Weigel, LEIPZIG 3. 10.
1853]
Nr. 12. Text wie im Auktionskatalog der gleichen Sammlung von
1845, Nr. 37
1853
BOLL, Ernst, Beschreibung der Tolense. Archiv für Landeskunde in
den Großherzogtümern Mecklenburg. III, 1853, S. 30
Der berühmte, aus Neubrandenburg gebürtige Landschaftsmaler Fried-
richs wollte vor etlichen Jahren ein Bild seiner Vaterstadt aufnehmen.
Nach langem Herumsuchen nach einem Standpunkte entschied er sich
für den Datzberg, und schon wollte er seine Arbeit beginnen, als unter
seinen Augen aus der den Fluß des Hügels umspülenden Datze die
Leiche eines Ertrunkenen hervorgezogen ward, deren Anblick ihn in
eine so trübe Stimmung versetzte, daß er seine Arbeit gänzlich aufgab.
Daß uns dieser traurige Zufall um das Werk des berühmten Künstlers
gebracht hat, ist umso mehr zu bedauern, weil gerade Friedrichs, wie
wenige andere Maler, es verstand, von eigenthümlichen und selbst dem
Effekt gewöhnlich für nachtheilig gehaltenen Standpunkten aus höchst
eindrucksvolle Bilder zu entwerfen. Vielleicht wäre daher ihm die Lö-
sung einer Aufgabe gelungen, an welcher schon so viele andere Zeich-
ner und Maler gescheitert sind.
i854
FRENZ EL, J. G. A., Die Kupferstich-Sammlung Friedrich Augusts
II., König von Sachsen. Leipzig 1854, S. 91
Andere Meister bilden nun den Fortgang der deutschen Malerradirun-
gen von der Mitte des 18. bis zum Übergange des 19. Jahrhunderts in
den verschiedenen Fächern, zugleich auch für die Landschaft, welches
Fach sich in der letzten Periode mehr verbreitete. Einzelne hervorra-
gende Künstler, wie ... Friedrich ... zeichnen wir besonders aus.
1855
SCHUBERT, Gotthilf Heinrich von, Der Erwerb von einem vergan-
genen und die Erwartung von einem künftigen Leben. Eine Selbstbio-
graphie von Gotthilf Heinrich Schubert. II. Band. Erste Abteilung. Er-
langen 1855, S. 182-188.
Ich hatte indessen sehr bald vertraute Bekanntschaft und Freundschaft
geschlossen mit einem Manne, bei dem man von dem Toben der äuße-
ren, politischen Stürme am öftesten etwas hören konnte. Das war kein
Kriegsmann oder berühmter Diplomat, sondern der edle Pommer Casp.
Dav. Friedrich, der zu seiner Zeit und in dem Kreise, der ihn erkannte,
hochgeachtete Landschaftsmaler. Ich muß hier von diesem höchst ori-
ginellen Menschen von allen meinen Dresdener Bekannten zuerst reden,
denn er gehört mir zu den liebsten Erinnerungen an die inneren wie
äußeren Aufregungen aus jener Zeit einer gewaltsamen Wiederer-
weckung der lange schlummernden deutschen Kraft.
Friedrich wohnte draußen in der Pirna’schen Vorstadt in einem nahe
bei der Elbe gelegenen Hause, welches wie die meisten Häuser in der
Nachbarschaft, Leuten von geringem Vermögen zugehörte. Die Einrich-
tung in seinem Zimmer schickte sich ganz gut zu dieser Nachbarschaft.
Man sah nichts als einen hölzernen Stuhl und einen Tisch, auf welchem
die Geräthschaften seiner Arbeit standen. Kam einer zu ihm, den er
wollte sitzen lassen, dann wurde aus der Kammer noch ein alter hölzer-
ner Stuhl, und wenn zwei kamen, eine hölzerne Bank von dem Vorplatz
bei der Treppe hereingetragen. Denn in der Kammer fand sich außer
dem alten Stuhle auch nichts, als ein diesem ebenbürtiger Tisch und ein
Bett, über welches eine wollene Decke ausgebreitet lag. Wir waren, als
ich den ersten Besuch bei ihm machte, unserer drei, denn Hartmann
führte mich und meinen Freund Köthe bei Friedrich ein, deshalb wur-
den heute alle dem Künstler zu Gebote stehenden Möbel in Bewegung
gesetzt.
Ich konnte vorerst nicht satt werden, mir den merkwürdigen Mann zu
betrachten. Denn ein solches Angesicht wie das seinige hatte ich damals
und habe wohl auch seitdem selten oder nie an einem anderen Men-
schen gesehen. Es war keineswegs das, was man schön nennt, ziemlich
bleich und mager, aber jeder Muskel desselben stellte einen kräftigen
Charakterzug dar, welcher durch die sich immer gleichbleibende Stim-
mung des Gemütes zu einem feststehenden Gepräge geworden war. Der
schwermütige Ernst, der sich in den Zügen der Stirne kundgab, wurde
schon durch den kindlich, treuherzigen Blick der blauen Augen gemil-
dert; über dem Munde schwebte ein leichter Zug des Scherzes. In der
Tat ein seltsames Zweigespann der Gemütsstimmungen, zum tiefsten
Ernste wie zum heitersten Scherze, dergleichen sich nicht selten bei den
ausgezeichnetsten Melancholikern wie Komikern beisammen findet.
Denn, daß Friedrich im höchsten Grade von melancholischem Tempe-
ramente sei, das wußten alle, die ihn und seine Geschichte, so wie den
Grundton aller seiner künstlerischen Arbeiten kannten. Seitdem er als
Jüngling seinen Bruder, den Knaben, den er wie sein eigenes Herze
liebte, unter dem zusammenbrechenden Eise des Meeres mußte versin-
ken sehen, dahin er ihn zum Schlittschuhlaufen verlockt hatte, war er
lange Zeit in ein düsteres Grämen versunken, das ihm die Freude am
Leben bis zum gefahrdrohenden Überdruß verleidete. Er wollte keinen
tröstenden Zuspruch der Freunde, er floh die Gesellschaft der Bekann-
ten und Verwandten. Die stille Wildnis der Kreidegebirge und der
Eichenwaldungen seiner vaterländischen Insel Rügen waren im Sommer
noch mehr aber in der stürmischen Zeit des Spätherbstes und im ausge-
henden Frühling, wenn man auf dem Moor an der Küste das Eis brach,
sein beständiger, sein liebster Aufenthalt. In Stubbenkammer, wo da-
mals noch kein modernes Gasthaus stand, verweilte er am öftesten, dort
sahen ihn die Fischer manchmal mit Sorge um sein Leben, ja wie einen,
der freiwillig in der Fluth sein Grab suchen wollte, auf und zwischen
den Zacken der Bergwand und ihren ins Meer hineinragenden Klippen
herumklettern, wenn der Sturm am kräftigsten war und die Wogen, mit
Schaum bedeckt, am höchsten herausschlugen, da stand er, von dem her-
ausspritzenden Schaume oder auch von einem plötzlichen Ergüsse des
Regens durchnäßt, hinschauend wie einer, der sich an solch gewaltiger
Lust der Augen nicht satt sehen kann. Wenn ein Gewitter mit Blitz und
Donner über das Meer daherzog, dann eilte er ihm, wie einer, der mit
diesen Mächten Freundschaftsbund geschlossen, entgegen, auf den Fel-
senkamm der Küste oder ging ihnen nach in den Eichenwald, wo der
Blitz den hohen Baum zerspaltete und murmelte da sein halblautes:
»wie groß, wie mächtig, wie herrlich.« Diese Liebschaft seines Ge-
müthes mit der gewaltigen, mit der wilden Natur, sprach sich auch in
seinen gelungensten Bildern aus, die erst in späteren Jahren ein mil-
deres Licht empfingen. Ein Felsen im brandenden Meere, ein Wald, dem
der Sturm das herbstliche Laub und einen Teil der Zweige entreißt;
ein abgestorbener Baumstamm, auf dem ein Rabe sitzt; ein Fischer-
boot, das mit den Wellen kämpft; eine Winterlandschaft vom schei-
142
liche Gegenstände gemalt haben, als er sie in der ganzen Gesinnung,
worin er auf gefaßt, übertrifft; es würde nicht schwer sein, ein Dutzend
Bilder zu nennen, wo Meer und Ufer und Kapuziner besser gemalt
sind. Der Kapuziner erscheint in einer gewissen Entfernung wie ein
brauner Fleck; und wenn ich durchaus einen Kapuziner hätte malen
wollen, so hätte ich ihn lieber schlafend hingestreckt oder betend oder
schauend in aller Bescheidenheit niedergelegt, damit er den Zuschauern,
denen das weite Meer doch offenbar mehr Eindruck macht als der
kleine Kapuziner, nicht die Aussicht verdürbe. Wer später sich nach
den Küstenbewohnern umsähe, fände immer noch in dem Kapuziner
alle Veranlassung, das auszusprechen, was mehrere der Zuschauer in
einer überschwenglichen allgemeinen Vertraulichkeit allen laut mitge-
teilt haben.«
Diese Rede gefiel mir so wohl, daß ich mich mit demselben Herrn so-
gleich nach Hause begab, wo ich mich noch befinde und in Zukunft an-
zutreffen sein werde [Kat. 168].
Catalog der von dem verstorbenen Herrn Carl Adolph Wilh. Jung-
meister ... Naumburg a. S. hinterlassenen reichen Sammlung von Kup-
ferstichen, Radierungen, Schwarzkunstblättern, Orig.-Zeichnungen
meist Aquarellen ... welche den 22. November 1852 zu LEIPZIG im
R. Weigelschen Kunstauctionslocale ... versteigert wird. Leipzig 1852
Nr. 1814. Felsige Landschaft mit weiter Ferne, im Vorgrunde ein Cru-
cifix. Schön in Sepie. Breite 18 Z. 6 L. Höhe 12 Z. 9 L. [Rth., 12 Ngr.]
Nr. 1815. Landschaft mit Fluss und Kreuz, links Strasse mit Reisenden.
Feder und Tusche. Breite 8 Z. 10 L., Höhe 7 Z. 4 L. [11 Ngr. Kat. 6]
Nr. 1816. Die Abtei Eldena in Schwedisch-Pommern. Aquarelle 1814
Breite 6 Z. 1 L., Höhe 5 Z. 11 L. [19 Ngr. Kat. 212]
[Auktionskatalog Slg. W.A.Barth, Rudolp Weigel, LEIPZIG 3. 10.
1853]
Nr. 12. Text wie im Auktionskatalog der gleichen Sammlung von
1845, Nr. 37
1853
BOLL, Ernst, Beschreibung der Tolense. Archiv für Landeskunde in
den Großherzogtümern Mecklenburg. III, 1853, S. 30
Der berühmte, aus Neubrandenburg gebürtige Landschaftsmaler Fried-
richs wollte vor etlichen Jahren ein Bild seiner Vaterstadt aufnehmen.
Nach langem Herumsuchen nach einem Standpunkte entschied er sich
für den Datzberg, und schon wollte er seine Arbeit beginnen, als unter
seinen Augen aus der den Fluß des Hügels umspülenden Datze die
Leiche eines Ertrunkenen hervorgezogen ward, deren Anblick ihn in
eine so trübe Stimmung versetzte, daß er seine Arbeit gänzlich aufgab.
Daß uns dieser traurige Zufall um das Werk des berühmten Künstlers
gebracht hat, ist umso mehr zu bedauern, weil gerade Friedrichs, wie
wenige andere Maler, es verstand, von eigenthümlichen und selbst dem
Effekt gewöhnlich für nachtheilig gehaltenen Standpunkten aus höchst
eindrucksvolle Bilder zu entwerfen. Vielleicht wäre daher ihm die Lö-
sung einer Aufgabe gelungen, an welcher schon so viele andere Zeich-
ner und Maler gescheitert sind.
i854
FRENZ EL, J. G. A., Die Kupferstich-Sammlung Friedrich Augusts
II., König von Sachsen. Leipzig 1854, S. 91
Andere Meister bilden nun den Fortgang der deutschen Malerradirun-
gen von der Mitte des 18. bis zum Übergange des 19. Jahrhunderts in
den verschiedenen Fächern, zugleich auch für die Landschaft, welches
Fach sich in der letzten Periode mehr verbreitete. Einzelne hervorra-
gende Künstler, wie ... Friedrich ... zeichnen wir besonders aus.
1855
SCHUBERT, Gotthilf Heinrich von, Der Erwerb von einem vergan-
genen und die Erwartung von einem künftigen Leben. Eine Selbstbio-
graphie von Gotthilf Heinrich Schubert. II. Band. Erste Abteilung. Er-
langen 1855, S. 182-188.
Ich hatte indessen sehr bald vertraute Bekanntschaft und Freundschaft
geschlossen mit einem Manne, bei dem man von dem Toben der äuße-
ren, politischen Stürme am öftesten etwas hören konnte. Das war kein
Kriegsmann oder berühmter Diplomat, sondern der edle Pommer Casp.
Dav. Friedrich, der zu seiner Zeit und in dem Kreise, der ihn erkannte,
hochgeachtete Landschaftsmaler. Ich muß hier von diesem höchst ori-
ginellen Menschen von allen meinen Dresdener Bekannten zuerst reden,
denn er gehört mir zu den liebsten Erinnerungen an die inneren wie
äußeren Aufregungen aus jener Zeit einer gewaltsamen Wiederer-
weckung der lange schlummernden deutschen Kraft.
Friedrich wohnte draußen in der Pirna’schen Vorstadt in einem nahe
bei der Elbe gelegenen Hause, welches wie die meisten Häuser in der
Nachbarschaft, Leuten von geringem Vermögen zugehörte. Die Einrich-
tung in seinem Zimmer schickte sich ganz gut zu dieser Nachbarschaft.
Man sah nichts als einen hölzernen Stuhl und einen Tisch, auf welchem
die Geräthschaften seiner Arbeit standen. Kam einer zu ihm, den er
wollte sitzen lassen, dann wurde aus der Kammer noch ein alter hölzer-
ner Stuhl, und wenn zwei kamen, eine hölzerne Bank von dem Vorplatz
bei der Treppe hereingetragen. Denn in der Kammer fand sich außer
dem alten Stuhle auch nichts, als ein diesem ebenbürtiger Tisch und ein
Bett, über welches eine wollene Decke ausgebreitet lag. Wir waren, als
ich den ersten Besuch bei ihm machte, unserer drei, denn Hartmann
führte mich und meinen Freund Köthe bei Friedrich ein, deshalb wur-
den heute alle dem Künstler zu Gebote stehenden Möbel in Bewegung
gesetzt.
Ich konnte vorerst nicht satt werden, mir den merkwürdigen Mann zu
betrachten. Denn ein solches Angesicht wie das seinige hatte ich damals
und habe wohl auch seitdem selten oder nie an einem anderen Men-
schen gesehen. Es war keineswegs das, was man schön nennt, ziemlich
bleich und mager, aber jeder Muskel desselben stellte einen kräftigen
Charakterzug dar, welcher durch die sich immer gleichbleibende Stim-
mung des Gemütes zu einem feststehenden Gepräge geworden war. Der
schwermütige Ernst, der sich in den Zügen der Stirne kundgab, wurde
schon durch den kindlich, treuherzigen Blick der blauen Augen gemil-
dert; über dem Munde schwebte ein leichter Zug des Scherzes. In der
Tat ein seltsames Zweigespann der Gemütsstimmungen, zum tiefsten
Ernste wie zum heitersten Scherze, dergleichen sich nicht selten bei den
ausgezeichnetsten Melancholikern wie Komikern beisammen findet.
Denn, daß Friedrich im höchsten Grade von melancholischem Tempe-
ramente sei, das wußten alle, die ihn und seine Geschichte, so wie den
Grundton aller seiner künstlerischen Arbeiten kannten. Seitdem er als
Jüngling seinen Bruder, den Knaben, den er wie sein eigenes Herze
liebte, unter dem zusammenbrechenden Eise des Meeres mußte versin-
ken sehen, dahin er ihn zum Schlittschuhlaufen verlockt hatte, war er
lange Zeit in ein düsteres Grämen versunken, das ihm die Freude am
Leben bis zum gefahrdrohenden Überdruß verleidete. Er wollte keinen
tröstenden Zuspruch der Freunde, er floh die Gesellschaft der Bekann-
ten und Verwandten. Die stille Wildnis der Kreidegebirge und der
Eichenwaldungen seiner vaterländischen Insel Rügen waren im Sommer
noch mehr aber in der stürmischen Zeit des Spätherbstes und im ausge-
henden Frühling, wenn man auf dem Moor an der Küste das Eis brach,
sein beständiger, sein liebster Aufenthalt. In Stubbenkammer, wo da-
mals noch kein modernes Gasthaus stand, verweilte er am öftesten, dort
sahen ihn die Fischer manchmal mit Sorge um sein Leben, ja wie einen,
der freiwillig in der Fluth sein Grab suchen wollte, auf und zwischen
den Zacken der Bergwand und ihren ins Meer hineinragenden Klippen
herumklettern, wenn der Sturm am kräftigsten war und die Wogen, mit
Schaum bedeckt, am höchsten herausschlugen, da stand er, von dem her-
ausspritzenden Schaume oder auch von einem plötzlichen Ergüsse des
Regens durchnäßt, hinschauend wie einer, der sich an solch gewaltiger
Lust der Augen nicht satt sehen kann. Wenn ein Gewitter mit Blitz und
Donner über das Meer daherzog, dann eilte er ihm, wie einer, der mit
diesen Mächten Freundschaftsbund geschlossen, entgegen, auf den Fel-
senkamm der Küste oder ging ihnen nach in den Eichenwald, wo der
Blitz den hohen Baum zerspaltete und murmelte da sein halblautes:
»wie groß, wie mächtig, wie herrlich.« Diese Liebschaft seines Ge-
müthes mit der gewaltigen, mit der wilden Natur, sprach sich auch in
seinen gelungensten Bildern aus, die erst in späteren Jahren ein mil-
deres Licht empfingen. Ein Felsen im brandenden Meere, ein Wald, dem
der Sturm das herbstliche Laub und einen Teil der Zweige entreißt;
ein abgestorbener Baumstamm, auf dem ein Rabe sitzt; ein Fischer-
boot, das mit den Wellen kämpft; eine Winterlandschaft vom schei-
142