Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext


stein: »nach Haynichen i V2 Stunde«, auf der Rückseite von
fremder Hand mit Bleistift: »C. D. Friedrich«. Zum aufgelösten
»Mannheimer Skizzenbuch« gehörend.
München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv. 1955:6.
1927 bei Helbing mit der Slg. Stephan v. Licht versteigert; 1954
bei Ketterer, Stuttgart, ersteigert.
Mit »Haynichen« ist Hainichen nordwestlich von Freiberg i. S.
gemeint. Der Gedanke des Blattes ist die Vorahnung des Todes.
Der Weg ist das Sinnbild des Lebensweges. Der Meilenstein ist
eine Erinnerung an ein Grabmal. Als Memento mori ist auch der
Baum mit einigen abgestorbenen Ästen gemeint. Der Wanderer,
der seine Last abgelegt hat, ruht auf einem Felsblock, dem Sym-
bol des Glaubens, aus und stützt den Kopf im Trauergestus in
die Hand (vgl. Kat. 20, 131 und 257), der Ausblick in die Ferne
rechts ist die Verheißung des Paradieses. Möglicherweise wird
mit dem Ortsnamen »Hainichen« auf eine Liebschaft Friedrichs
angespielt, die er in einem wohl 1799 geschriebenen Brief an
Lund andeutet (S. 217). Mit dem Wanderer dürfte Friedrich sich
selbst gemeint haben. Siehe auch S. 20, 47.
Lit.: Auktionskat. Helbing, 7.12.1927, Nr. 29, Tf. III (erstmals
abgeb.); Auktionskat. Ketterer 11, 1951, Nr. 1330; Auktionskat.
Ketterer 19, 1954, Nr. 283; Hinz 1966, Nr. 313; Sumowski 1970,
S. 140, Abb. 283.
60 Die Frau mit dem Spinnennetz zwischen
kahlen Bäumen (Melancholie;, Die Spinne)
Holzschnitt. 17 x11,9 cm. Nach Zeichnung von Caspar David
Friedrich von seinem Bruder Christian in Holz geschnitten.
Exemplare: Dresden, Kupferstichkabinett, mit handschriftlichem
Vermerk: »1817«; Basel. Kupferstichkabinett; Berlin, Kupfer-
stichkabinett, beschriftet: »Nachzeichnung des berühmten Land-
schaftsmalers Friedrich, von dessen Bruder, einem Tischler in
Greifswald, geschnitten«; ehern. Bremen, Kunsthalle; Hamburg,
Kunsthalle; ehern. Stettin, Slg. R. Hintze; München, Staatl. Gra-
phische Sammlung; Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum;
Wien, Albertina = Hollstein & Puppel 1925 und Puppel 1938;
Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, rückseitig alte Blei-
stiftnotiz: »nach dem Dresdener Fridrich von seinem Bruder
geschnitten«; siehe auch Auktionskataloge und Lagerlisten.

Holzstock in der Hamburger Kunsthalle.
Zeichnungen: Distel links = 26. 6. 1799, Berlin Skb.H 652, H 139,
Sumowski 1970 Abb. 151. Die Frau, die ihren Arm auf die
Schnittfläche eines abgesägten Astes stützt, ist mit Veränderun-
gen aus der Zeichnung Kat. 51 übernommen. Man wird als Vor-
lage für den Holzschnitt eine verschollene Handzeichnung Fried-
richs annehmen müssen, die vermutlich nicht viel später als Kat.
51 entstanden ist.
Es kann vermutet werden, daß Friedrich bei seinem Aufenthalt
in Greifswald 1801/02 die Herstellung der Holzschnitte Kat.60-
62 mit seinem Bruder Christian besprochen hat. Die Ausführung
wird sich bis 1803 hingezogen haben, da die drei allegorischen
Blätter erst im März 1804 auf der Dresdener Ausstellung gezeigt
wurden. Sumowski hat nachgewiesen, daß die früher angenom-
mene Datierung der Holzschnitte in das Jahr 1817 irrtümlich ist.
Das Datum auf dem Dresdener Exemplar bezieht sich möglicher-
weise auf eine Schenkung.
Da der Holzschnitt im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert vor
allem als Buchschmuck Verwendung fand und das Querformat
Kat. 62 zudem die gleiche Breite wie die beiden hochformatigen
Schnitte hat, liegt die Vermutung nahe, daß die Holzschnitte als
Illustrationen zu einem nicht erschienenen Buch vorgesehen wa-
ren (siehe S. 21).
Das Spinnennetz zwischen den abgestorbenen Bäumen vor dem
Himmel ist vermutlich ein Gleichnis für die Kunst, die - leicht
zerstörbar - sich zwischen den Todessymbolen darbietet und ihre
Schönheit vor dem Hintergrund des Transzendenten offenbart.
Die Blumen versinnbildlichen die Kurzlebigkeit des Menschen.
Die Distel ist ein Schwermutssymbol. Durch die Lichtführung
ist deutlich gemacht, daß die Sonne, zu der die Frau hinschaut,
tief steht und damit auf die Nähe des Todes hinweist. Gegenüber
der Zeichnung Kat. 51 ist der Auferstehungsgedanke zurückge-
drängt und nur in der Vorstellung an einen erneuten Aufgang
der Sonne enthalten.
Die geläufige Bezeichnung des Blattes »Melancholie« trifft den
Gehalt nur zum Teil. Die weibliche Gestalt ist keine allegorische
Figur. Sie ist hier vielmehr stellvertretend für den Menschen
überhaupt dargestellt. Sie auch S. 17.
Lit.: Lichtwark 1905, S. 19-27 (erstmals abgeb.); Kurth 1914,
S. 229-232 (1801-10); Schmidt 1916, S. 467; Glaser 1923, S. 194,

257
 
Annotationen