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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0345

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sehr seltenen Knpferwerke nachzusehlagen, wenigstens ein ganzes
Gemälde der Art vor die Augen zu bringen und daran zu zeigen,
was eigentlich unter dem mildernden Kunst-Euphemismus in der
Behandlung dieses fürchtbaren Gegenstandes zu verstellen sei, ist
diesen Kupfertafeln eine dritte *) mit den Umrissen eines al-
ten Yasengemaldes- beigefügt worden, das auch, abgesehen von
dein Zweck, zu welchem es hier aufgestellt wird, dadurch merk-
würdig ist, dafs es unstreitig zu den einfachsten und schönsten
Compositionen gehört, die uns aus dem Alterthume übrig geblie-
ben sind **). Ich beziehe midi in Absicht auf die Erklärung des 144,
Gemäldes auf das, was icli oben darüber erinnert habe, dem ich
jetzt nur noch die Bemerkung beifüge, dafs der Ritter von Ita-
linski in seinen scharfsinnigen Erläuterungen die Vorstellung .
aus .einem Fragment des Pherecydes ,**) zu erläutern sucht, nach
Welcher Orestes während seiner Verbannung in Arcadien sich in
das Heiligthum der Diana gell'üchtet und als Hilfesuchender auf
dem Altar der Göttin gesessen habe, dort aber von den Furien,
die ihn zu tödten gesucht, schrecklich beunruhigt worden sei. Am
sichersten dürfte man wohl dann gehen, wenn man die ganze
Vorstellung nicht eben auf eine völlig bestimmte Scene in den
Leiden des Orestes bezöge, sondern nur überhaupt den auf der
'Bühne von Furien gequälten Orestes (scenis agitatum 145,
Oresten, Virg. 4, 471.) darin erblickte, eine Situation, die in der
Bilderbibel des mythischen Alterthums dem Künstler, wie dem Mo-
*" ralisten einen ungemein reichen und darum sehr willkommenen
Stoff darbot. So wie hier die Erinnyien gebildet sind, hat sie die
besänftigende, dem unwandelbaren Gesetze der Schönheit stets
huldigende Kunst der Griechen mit geringen Veränderungen stets
gebildet, behende Jägerinnen, in Cothurnen, mit der aufgeschürz-
ten Tunica, nicht durch die Häfslichkeit der Form, sondern durch

*) Hier Tafel VI.

**) Die Vase, worauf das Gemälde selbst sich befand, ist mit al-
len übrigen der unschätzbaren Sammlung des Kitters Hamilton
auf dein Schilfe untergegangen, das diese Kunstschätze aus dem
bedrohten Neapel nach England bringen sollte. Welches Ver-
dienst hat sich der würdige Tischbein dadurch erworben, dafs
er uns Wenigstens den Scliattenrifs dieser nun auf immer verlore-
nen Kunstwerke in der vier Bände starken Collection of Engra-
vings of ancient Vases zu erhalten suchte! Das hier mitgetheilte
Kupfer befindet sich in jener Sammlung, deren Anschaffung durch
Tischbeins Anwesenheit in Deutschland jetzt so sehr erleichtert
wird, Tom. III. 32.

***) In den griechischen Scholien zu Euripides Orestes V. 1645.

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