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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0433

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Berenice an den Konig Aiitiochns von Syrien verkeirathete, wur-
den Kiimeelposleu zwischen Aegypten und Syrien angelegt, um der
ägyptischen Prinzessin, die sich nicht zufrieden gehen wollte, wenn
sie fortan das köstliche Nilwasser entbehren sollte, diesen Götter-
trank frisch und in erster Güte zuzuführen. Hierauf gründete sich
auch die Antwort des römischen Feldherru nud Gegenkaisers, Pe-
scennius Niger, als die an den Gränzpläfzen Aegvplens gnrnisoni-
renden Soldaten Wein von ihm verlangten: Wie, ihr habt Nil-
wasser und könnt Wein fordern'? Der griechische Piedekünsller und
Sophist Arislides erzählt uns daher in seiner Lobrede auf Aegypten,
dafs man dort Flaschen mit Nilwasser anzufüllen und, nachdem man
sie sorgfältig aufgehoben hatte, nach mehreren Jahren wie alten Wein
zu trinken pflege. Damit stimmen nun auch die Nachrichten neue-
rer Reisebeschreiber auf's Genaueste überein. „Die\Türken," sagt
einer der aufmerksamsten, der viele Jahre als französischer Con-
sul 111 Cairo lebte *), „finden das Nilwasser so wohlschmeckend,
dafs sie Salz lecken, um desto mehr davou trinken zu können^
Mau hat ein gemeines Sprichwort unter ihnen, dafs Mahomed,
-wenn er je das Nilwasser gekostet hätte, Gott gewifs um die
Gnade angefleht haben würde, nie zu sterben, um nur stets davon
trinken zu können. Auch hört man oft sagen, dafs Jeder, der ein-
mal davon getrunken hätte, gewifs auch zum zweiten Male davon
trinke. Als ich daher nach einer zehnjährigen Abwesenheit wie-
der nach Aegypten kam, wiederholten mir alle meine dortigen Be-
kannten diese Bemerkung. Die Aegyptcr, die mit den Caravaneu
reisen, um ihr Gelübde in Mecca zu bezahlen, seufzen nach nichts
so sehr als nach dem Nilwasser. Wir werden bald Nilwasser
trinken! Diefs drückt die süfseste Hoffnung ihrer Wiederkehr in's
Vaterland aus. Und in der That hat dieses Wasser eine ganz ei-
gene Lieblichkeit. Wer es das erste Mal trinkt, sollte darauf
schwören, dafs es mit etwas angemacht sei. Was der Champag-
ner unter den Weinen ist, das ist das Nilwasser unter den Wassern.
Manchem ist es daher gar zu süfs. Auf jeden Fall aber ist es
änfserordentlieh gesund, und man kann ohne Unbequemlichkeit so-
viel davon geniefsen , als man bei keinem andern Wasser wagen
dürfte. Ich habe Personen gekannt, die täglich drei Eimer davon
tranken, ohne im Geringsten dadurch belästigt zn werden. Im
Sommer, wo die Haut beständig offen ist, verdunstet es in kurzer
Zeit durch die Schweifslöcher, ohne eine Mattigkeit oder Ermüduii"'
zu hinterlassen. Im Wiuter geht es eben so schnell durch die
natürlichen Wege ab und verursacht auch da keine Unbequemlich-
keit."

Bei allen diesen verdienten Lohsprüchen verschweigen doch

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*) Yaillet, Description de 1'Egyptc', T. f. p 19. f.
 
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