128 DER EROTISCHE KÖRPER
Hope und David Rosand entzündet und wird nun zunehmend von
Rona Goffen bestimmt. Hope zweifelt daran, daß die «Venus von
Urbino» überhaupt eine Venus sei, da in dem Brief des Käufers
Guidobaldo della Rovere nicht von einer «Venere» die Rede sei, son-
dern nur von «la donna nuda». Er meint, Tizian zeige «einfach eine
sterbliche Frau, die auf einem Bett liegt und uns mit einer verblüf-
fend direkten und eindeutigen sexuellen Einladung anblickt».305
Dagegen hat Rosand ins Feld geführt, daß die Gattungsbezeich-
nung als Akt, «donna nuda», nicht ausschließe, daß die dargestellte
Figur die Liebesgöttin sei: Hope verwechsle Deskription und Inter-
pretation, schließlich spreche schon Vasari von «una Venere giova-
netta».306 Der reduktionistische Charakter von Hopes Argumenta-
tion hat auch Kritik von feministischer Seite ausgelöst. Seine Auf-
fassung, daß ein erotischer Akt «einfach» nur das Bild einer nackten
Frau sei, wurde als methodisch naiv verworfen. Es komme statt des-
sen darauf an - so die Gegenposition -, die Konstruktion von Erotik
und Natürlichkeit zu untersuchen. Vor allem wurde kritisiert, daß
Hope zwar mit dem Gestus auftritt, die Erotik des Gemäldes anzuer-
kennen, doch letztendlich dessen Bedeutung darauf reduziert.307
Tatsächlich grenzt die so forsch vorgetragene These von der porno-
graphischen Natur der Gemälde und ihrer eindeutig sexuellen Einla-
dung die Erotik aus der ikonographisch anspruchsvollen Kunst aus.
Darauf reagiert auch David Rosand 1990. Er kennzeichnet
Hopes Rede von «mere pin-ups» bei den erotischen Frauenbildern als
«a rather perverse form of Venus-envy» und fährt fort, dies
«stellt einen absichtlichen Fall von Verantwortungslosigkeit der
Kritik dar, das Mißlingen, genau das hermeneutische Problem,
das es mit so salopper Selbstsicherheit zu lösen vorgibt, anzuge-
hen. So eine Reduktion der Bedeutung basiert darauf, das Bild
seiner Bedeutungsmöglichkeiten zu entleeren und seine kultu-
relle Resonanz zu leugnen. Einem Renaissancegemälde von
einer nackten Frau das mythologische Gewand abzusprechen,
bedeutet tatsächlich, sie auf den Strich zu schicken. Es heißt
Hope und David Rosand entzündet und wird nun zunehmend von
Rona Goffen bestimmt. Hope zweifelt daran, daß die «Venus von
Urbino» überhaupt eine Venus sei, da in dem Brief des Käufers
Guidobaldo della Rovere nicht von einer «Venere» die Rede sei, son-
dern nur von «la donna nuda». Er meint, Tizian zeige «einfach eine
sterbliche Frau, die auf einem Bett liegt und uns mit einer verblüf-
fend direkten und eindeutigen sexuellen Einladung anblickt».305
Dagegen hat Rosand ins Feld geführt, daß die Gattungsbezeich-
nung als Akt, «donna nuda», nicht ausschließe, daß die dargestellte
Figur die Liebesgöttin sei: Hope verwechsle Deskription und Inter-
pretation, schließlich spreche schon Vasari von «una Venere giova-
netta».306 Der reduktionistische Charakter von Hopes Argumenta-
tion hat auch Kritik von feministischer Seite ausgelöst. Seine Auf-
fassung, daß ein erotischer Akt «einfach» nur das Bild einer nackten
Frau sei, wurde als methodisch naiv verworfen. Es komme statt des-
sen darauf an - so die Gegenposition -, die Konstruktion von Erotik
und Natürlichkeit zu untersuchen. Vor allem wurde kritisiert, daß
Hope zwar mit dem Gestus auftritt, die Erotik des Gemäldes anzuer-
kennen, doch letztendlich dessen Bedeutung darauf reduziert.307
Tatsächlich grenzt die so forsch vorgetragene These von der porno-
graphischen Natur der Gemälde und ihrer eindeutig sexuellen Einla-
dung die Erotik aus der ikonographisch anspruchsvollen Kunst aus.
Darauf reagiert auch David Rosand 1990. Er kennzeichnet
Hopes Rede von «mere pin-ups» bei den erotischen Frauenbildern als
«a rather perverse form of Venus-envy» und fährt fort, dies
«stellt einen absichtlichen Fall von Verantwortungslosigkeit der
Kritik dar, das Mißlingen, genau das hermeneutische Problem,
das es mit so salopper Selbstsicherheit zu lösen vorgibt, anzuge-
hen. So eine Reduktion der Bedeutung basiert darauf, das Bild
seiner Bedeutungsmöglichkeiten zu entleeren und seine kultu-
relle Resonanz zu leugnen. Einem Renaissancegemälde von
einer nackten Frau das mythologische Gewand abzusprechen,
bedeutet tatsächlich, sie auf den Strich zu schicken. Es heißt