Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bohde, Daniela; Vecellio, Tiziano [Ill.]
Haut, Fleisch und Farbe: Körperlichkeit und Materialität in den Gemälden Tizians — Emsdetten, 2002

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.23216#0129
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1 27

III TIZIANS «VENUS VON URBINO» UND DIE

VERGÖTTLICHUNG DES EROTISCHEN KÖRPERS

1. «Pin-up» oder «Hochzeitsbild» - Zur Bedeutung eines
erotischen Gemäldes

Die «Venus von Urbino» (Abb. 24) von 1538, für die Tizian mit dem
Modell des «Mädchens im Pelz» zusammenarbeitete, war in der
ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gemeinsam mit der Mediceischen
Venus in der Tribuna der Uffizien plaziert worden und wurde als das
berühmteste Gemälde der großen Sammlung ein Muß für jeden Flo-
renzbesucher auf Italienreise. Im Zentrum der Aufmerksamkeit
stand schon früh seine Erotik. Sie wurde in der Regierungszeit von
Cosimo III. durch einen bemalten Vorhang betont, auf dem ein
«Amor sacro» den «Amor profano» daran hindern will, die Venus zu
enthüllen.303 Die Alternative heißt heute nicht «Amor sacro» oder
«Amor profano», sondern «mythologisches Hochzeitsbild» oder
«Kurtisanenportrait». Die von den Frauenbildnissen bekannte Dis-
kussion um den Status der dargestellten Frau begegnet hier wieder
und erweitert sich zur Frage nach dem Status von Tizians Gemälde:
Ist es «nur» erotisch oder ist es eine «ehrbare» Allegorie? Die Debatte
um die Erotik des Gemäldes ist dadurch mit der grundlegenden Frage
nach der Bedeutungsstiftung von Kunst verknüpft.304

Diese sich immer weiter differenzierende Diskussion hat sich
vornehmlich bei den Tizian-Tagungen 1976 und 1990 zwischen Charles
 
Annotationen