209
II DER SCHÖNE SEBASTIAN
1. Schön leiden - Der Sebastian vom Markusaltar aus
Santo Spirito
Auf einer seiner frühesten Altartafeln, dem «thronenden heiligen
Markus mit vier Heiligen» für die Klosterkirche Santo Spirito in
Isola, malte Tizian einen jugendlichen, bis aufs Lendentuch nack-
ten Sebastian (Abb. 51). Damit begann seine lebenslange Aus-
einandersetzung mit einem Motiv, dessen Körperlichkeit ein zen-
trales Thema der italienischen und besonders der venezianischen
Malerei des 15. bis 17. Jahrhunderts war. Ab der Mitte des Quattro-
cento wurde der Heilige nicht mehr als ein älterer, bärtiger Mann
dargesteUt, wie es seiner historischen Position als Anführer der kai-
serlichen Prätorianergarde entsprach, sondern als ein schöner Jüng-
ling. Die Jugendlichkeit seines Körpers kam besonders in den immer
häufigeren Darstellungen seines Martyriums zur Geltung, bei denen
er nackt den Pfeilen seiner ehemaligen Untergebenen ausgesetzt
war.491
Zu dieser qualvollen Hinrichtung hatte ihn Kaiser Diokletian
verurteilt, als er erfuhr, daß sein eigener Kohortenführer ihn durch
seine Zugehörigkeit zum christlichen Glauben hintergangen hatte.
Die Soldaten ließen Sebastian «wie einen Igel» mit Pfeilen gespickt
«für tot» auf dem Marsfeld zurück, doch gelangte er mit Gottes
Hilfe wieder zu Leben, kehrte zum Kaiser zurück, machte diesem
II DER SCHÖNE SEBASTIAN
1. Schön leiden - Der Sebastian vom Markusaltar aus
Santo Spirito
Auf einer seiner frühesten Altartafeln, dem «thronenden heiligen
Markus mit vier Heiligen» für die Klosterkirche Santo Spirito in
Isola, malte Tizian einen jugendlichen, bis aufs Lendentuch nack-
ten Sebastian (Abb. 51). Damit begann seine lebenslange Aus-
einandersetzung mit einem Motiv, dessen Körperlichkeit ein zen-
trales Thema der italienischen und besonders der venezianischen
Malerei des 15. bis 17. Jahrhunderts war. Ab der Mitte des Quattro-
cento wurde der Heilige nicht mehr als ein älterer, bärtiger Mann
dargesteUt, wie es seiner historischen Position als Anführer der kai-
serlichen Prätorianergarde entsprach, sondern als ein schöner Jüng-
ling. Die Jugendlichkeit seines Körpers kam besonders in den immer
häufigeren Darstellungen seines Martyriums zur Geltung, bei denen
er nackt den Pfeilen seiner ehemaligen Untergebenen ausgesetzt
war.491
Zu dieser qualvollen Hinrichtung hatte ihn Kaiser Diokletian
verurteilt, als er erfuhr, daß sein eigener Kohortenführer ihn durch
seine Zugehörigkeit zum christlichen Glauben hintergangen hatte.
Die Soldaten ließen Sebastian «wie einen Igel» mit Pfeilen gespickt
«für tot» auf dem Marsfeld zurück, doch gelangte er mit Gottes
Hilfe wieder zu Leben, kehrte zum Kaiser zurück, machte diesem