ANMERKUNGEN TEIL DREI
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cultures, hg.v. Peter Hörne u. Reina Lewis,
London u. New York 1996, S. 86-105. Zum
Verhältnis zwischen der homoerotischen künst-
lerischen Sebastiansrezeption im 19. u. 20.
Jahrhundert und der These vom «Schutz-
heiligen der Sodomiten» vgl. auch meinen
Aufsatz Ein Heiliger der Sodomiten? Dos eroti-
sche Bild des Heiligen Sebastian im Cinque-
cento, in den Publikationen zur Tagung
«Repräsentation von Männlichkeit in der Kunst
und in den visuellen Medien», hg.v. Mechthild
Fend und Marianne Koos, Wien 2002 (im
Druck).
527 Typisch für die Auseinandersetzung mit der
erotischen Anmutung der Sebastiansdarstel-
lungen sind Katalogwerke, denen es mehr um
die erotischen Valenzen des Sebastiansbildes
geht als um kunsthistorische Fragestellungen,
wie Saint Sebastien dans l'histoire de l'art
depuis le 15ieme siede, Paris 1979, eingeleitet
von Francois Le Targat oder Saint Sebastien,
1983. Leider sind verschiedene Tagungs-
beiträge zum hl. Sebastian, die im Rahmen der
Gay-Studies entstanden sind, nicht publiziert
worden, oder die Veröffentlichung erfolgte an
so entlegenem Ort, daß sie nicht in die kunst-
historische Diskussion eingegangen sind.
James M. Saslow legt in verschiedenen
Publikationen eine Verbindung zwischen
Homosexualität und dem Pestheiligen nahe,
vgl. u. a. Homosexuality in the Renaissance:
Behavior, Identity, and Artistic Expression, in:
Hidden from History: Reclaiming the Gay &
Lesbian Past, hg.v. Martin Duberman u.a.,
New York 1990, S. 90-105. Vgl. auch Janet
Cox-Rearick, A «St. Sebastian» by Bronzino,
in: The Burlington Magazine 129 (1987),
S. 155-162. Sie vermutet im Fall von Bronzinos
«Sebastian» einen homosexuellen Kontext. Mit
Skepsis begegnet Darriulat, 1998, S. 173ff der
modernen Homosexualitätsthese, Ressouni-
Demigneux, 2000, S.72f unterstützt sie.
528 Andreas Sternweiler, Die Lust der Götter.
Homosexualität in der italienischen Kunst von
Donatello zu Caravaggio, Diss. FU-Berlin
1992, Berlin 1993, S. 115-118.Vgl. Louis
Reau, 1955-59, Bd. 3, 3, Iconographie des
Saints, S. 1192: «apres avoir ete extremement
populaire, saint Sebastien, victime du progres
de l'hygiene et de la concurrence de patrons
plus qualifies, est aujourd'hui demode. II ne
lui reste plus que le patronage compromettant
et inavouable des sodomites ou homosexuels,
seduits par sa nudite d'ephebe apollinien,
glorifiee par Le Sodoma.» Überdies leidet
Sternweilers Arbeit unter einem simplizisti-
schen Repressionsmodell, bei dem die «lust-
feindliche Kirche» die «freie Sexualität»
unterdrückt, das wenn schon nicht von der
Foucaultschen Analyse der Durchdringung von
Sexualität und Macht, dann doch von einem
«Schutzheiligen der Homosexuellen» ins
Wanken gebracht werden sollte. Vgl. Foucault,
1983.
529 Vgl. zur Sodomie in Venedig Giovanni
Scarabello, Devianza sessuale ed interventi di
giustizia a Venezia nella prima metä del
XVI secolo, in: Tiziano e Venezia, 1976/80,
S. 75-84; Pavan, 1980, S. 266-288, Labalme,
1984; Ruggiero, 1985, S. 109-145; Gabriele
Martini, II «Vitio nefando» nella Venezia del
Seicento. Aspetti sociali e repressione di
giustizia, Rom 1988 u. Canosa, 1991. Vgl.
außerdem am ausführlichsten zur Sodomie in
einer italienischen Stadt der Frühen Neuzeit:
Michael Rocke, Forbidden Friendships.
Homosexuality and Male Culture in Renais-
sance Florence, New York u. Oxford 1996
530 Vgl. zur Definition der Sodomie Rocke, 1996,
S. 91 ff und Ruggiero, 1985, S. 116f. Als sodo-
mitische Akte galten neben dem Analverkehr
die Fellatio oder ein Samenerguß zwischen
den Schenkeln des Partners.
531 Vgl. Rocke, 1996, S. 1 Off. Ruggiero, 1985,
S. 9ff betont, daß die Sodomie Teil der illegi-
timen Sexualkultur war, die neben der durch
die Ehe legitimierten Sexualität existierte.
Letztere stand durch Heiratsbeschränkungen
und ein im allgemeinen hohes Heiratsalter nur
wenigen offen. Saslow, 1990, S. 90-105 sieht
nur zarte Ansätz für die Ausbildung einer
homosexuellen Identität. Vgl. zur Position der
Knaben zwischen den Geschlechtern Rocke,
1996, S. 113f; Ruggiero, 1985, S. 159ff; vgl. zu
ihrer sozialen und politischen Situation Stanley
Chojnacki, Political Adulthood in Fifteenth-
Century Venice, in: American Historical
Review 91 (1986), S. 791-810 u. Ders.,
Subaltern Patriarchs: Patrician Bachelors in
Renaissance Venice, in: Medieval
Masculinities: Regarding Men in the Middle
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cultures, hg.v. Peter Hörne u. Reina Lewis,
London u. New York 1996, S. 86-105. Zum
Verhältnis zwischen der homoerotischen künst-
lerischen Sebastiansrezeption im 19. u. 20.
Jahrhundert und der These vom «Schutz-
heiligen der Sodomiten» vgl. auch meinen
Aufsatz Ein Heiliger der Sodomiten? Dos eroti-
sche Bild des Heiligen Sebastian im Cinque-
cento, in den Publikationen zur Tagung
«Repräsentation von Männlichkeit in der Kunst
und in den visuellen Medien», hg.v. Mechthild
Fend und Marianne Koos, Wien 2002 (im
Druck).
527 Typisch für die Auseinandersetzung mit der
erotischen Anmutung der Sebastiansdarstel-
lungen sind Katalogwerke, denen es mehr um
die erotischen Valenzen des Sebastiansbildes
geht als um kunsthistorische Fragestellungen,
wie Saint Sebastien dans l'histoire de l'art
depuis le 15ieme siede, Paris 1979, eingeleitet
von Francois Le Targat oder Saint Sebastien,
1983. Leider sind verschiedene Tagungs-
beiträge zum hl. Sebastian, die im Rahmen der
Gay-Studies entstanden sind, nicht publiziert
worden, oder die Veröffentlichung erfolgte an
so entlegenem Ort, daß sie nicht in die kunst-
historische Diskussion eingegangen sind.
James M. Saslow legt in verschiedenen
Publikationen eine Verbindung zwischen
Homosexualität und dem Pestheiligen nahe,
vgl. u. a. Homosexuality in the Renaissance:
Behavior, Identity, and Artistic Expression, in:
Hidden from History: Reclaiming the Gay &
Lesbian Past, hg.v. Martin Duberman u.a.,
New York 1990, S. 90-105. Vgl. auch Janet
Cox-Rearick, A «St. Sebastian» by Bronzino,
in: The Burlington Magazine 129 (1987),
S. 155-162. Sie vermutet im Fall von Bronzinos
«Sebastian» einen homosexuellen Kontext. Mit
Skepsis begegnet Darriulat, 1998, S. 173ff der
modernen Homosexualitätsthese, Ressouni-
Demigneux, 2000, S.72f unterstützt sie.
528 Andreas Sternweiler, Die Lust der Götter.
Homosexualität in der italienischen Kunst von
Donatello zu Caravaggio, Diss. FU-Berlin
1992, Berlin 1993, S. 115-118.Vgl. Louis
Reau, 1955-59, Bd. 3, 3, Iconographie des
Saints, S. 1192: «apres avoir ete extremement
populaire, saint Sebastien, victime du progres
de l'hygiene et de la concurrence de patrons
plus qualifies, est aujourd'hui demode. II ne
lui reste plus que le patronage compromettant
et inavouable des sodomites ou homosexuels,
seduits par sa nudite d'ephebe apollinien,
glorifiee par Le Sodoma.» Überdies leidet
Sternweilers Arbeit unter einem simplizisti-
schen Repressionsmodell, bei dem die «lust-
feindliche Kirche» die «freie Sexualität»
unterdrückt, das wenn schon nicht von der
Foucaultschen Analyse der Durchdringung von
Sexualität und Macht, dann doch von einem
«Schutzheiligen der Homosexuellen» ins
Wanken gebracht werden sollte. Vgl. Foucault,
1983.
529 Vgl. zur Sodomie in Venedig Giovanni
Scarabello, Devianza sessuale ed interventi di
giustizia a Venezia nella prima metä del
XVI secolo, in: Tiziano e Venezia, 1976/80,
S. 75-84; Pavan, 1980, S. 266-288, Labalme,
1984; Ruggiero, 1985, S. 109-145; Gabriele
Martini, II «Vitio nefando» nella Venezia del
Seicento. Aspetti sociali e repressione di
giustizia, Rom 1988 u. Canosa, 1991. Vgl.
außerdem am ausführlichsten zur Sodomie in
einer italienischen Stadt der Frühen Neuzeit:
Michael Rocke, Forbidden Friendships.
Homosexuality and Male Culture in Renais-
sance Florence, New York u. Oxford 1996
530 Vgl. zur Definition der Sodomie Rocke, 1996,
S. 91 ff und Ruggiero, 1985, S. 116f. Als sodo-
mitische Akte galten neben dem Analverkehr
die Fellatio oder ein Samenerguß zwischen
den Schenkeln des Partners.
531 Vgl. Rocke, 1996, S. 1 Off. Ruggiero, 1985,
S. 9ff betont, daß die Sodomie Teil der illegi-
timen Sexualkultur war, die neben der durch
die Ehe legitimierten Sexualität existierte.
Letztere stand durch Heiratsbeschränkungen
und ein im allgemeinen hohes Heiratsalter nur
wenigen offen. Saslow, 1990, S. 90-105 sieht
nur zarte Ansätz für die Ausbildung einer
homosexuellen Identität. Vgl. zur Position der
Knaben zwischen den Geschlechtern Rocke,
1996, S. 113f; Ruggiero, 1985, S. 159ff; vgl. zu
ihrer sozialen und politischen Situation Stanley
Chojnacki, Political Adulthood in Fifteenth-
Century Venice, in: American Historical
Review 91 (1986), S. 791-810 u. Ders.,
Subaltern Patriarchs: Patrician Bachelors in
Renaissance Venice, in: Medieval
Masculinities: Regarding Men in the Middle