ANMERKUNGEN TEIL DREI
427
S. 60-65. Das erotische Gefallen bildet hier die
Matrix für den ästhetischen Genuß des Bildes,
das paradigmatische Gemälde ist das Portrait
der Geliebten. Vgl. dazu auch Pardo, 1993,
S. 65ff. Zur Angleichung der Begriffe für
schöne Kunst und schöne Frauen vgl. Sohm,
1995, S. 761 ff.
571 Dieser wohl ursprünglich platonische Gedanke
findet sich in den unterschiedlichsten
Liebestraktaten der Renaissance, so u.a. in
Castiglione, Cortegiano, 4. Buch, Kap.L
(Castiglione-Cordie, S.337ff); Tullia
d'Aragona-Zonta, Infinitä di amore, S.202;
Betussi-Zonta, II Raverta, S. 8ff; Rrenzuola-
Seroni, Dialogo delle bellezze delle donne,
S.545; Capella, Eccellenza e dignitä delle
donne, fol.20r, wenn auch hier mit
signifikanter Umwertung von der Betrachtung
der Schönheit zu ihrem sexuellen Genuß.
Vgl. zur Rezeption der neoplatonischen
Liebesphilosophie Flemming, 1996, S. 101 ff
mit weiterer Literatur.
572 Vgl. Aretinos Gedicht über die «favorita» von
Diego Urtado da Mendoza im Brief vom
15. August 1542: «Furtivamente Tiziano e
Amore, / Presi a gara i pennelli e le quadrella»
in Aretino-Camesasca, I, S. 226 (Nr. CLI11),
vgl. dazu Rogers, 1986.
573 Auch Bellini arbeitete mit Flächen leuchtender
Buntfarben, doch erzielte er etwa in der
wenige Jahre früheren Pala von San Zaccaria
einen schwebenderen Farbton, der optisch
stärker zurückweicht als der offensivere
Tizians (vgl. Humfrey, 1993 (Altarpiece),
S. 232f u. Abb. 80). Zu Tizians Maltechnik im
Markusaltar und insbesondere dem grün-roten
Teppich siehe Lorenzo Lazzarini, Note su
alcune opere comprese tra il 1510 e il 1542,
in: Ausst.kat Venedig/Washington 1990,
S. 378-387, hier S. 379 u. das Foto der Quer-
schnittsprobe, S.381, Nr. 1.
574 «Madonna mit sechs Heiligen», 420x290cm,
Vatikan, Pinacoteca, ehemals Holz, über-
tragen auf Leinwand, ursprünglich San Nicolö
della Lattuga, Venedig. Die beste Abbildung
findet sich in Humfrey, 1993 (Altarpiece),
S.309, Abb. 297.
575 Vgl. William Hood und Charles Hope, Titian's
Vatican Altarpiece and the Pictures
Underneath, in: The Art Bulletin 59 (1977),
S.534-552, hier S.543 und David Rosand,
Titian's Saint Sebastians, in: artibus et
historiae 30 (1994), S. 23-39. Zu seiner These
im folgenden.
576 Die Vollendung der großen Tafel wurde durch
den Auftrag für die «Assunta» unterbrochen.
Als Tizian die Arbeit wieder aufnahm, verän-
derte er die begonnene Komposition aufgrund
seiner neuen Erfahrungen radikal, wie man
bei einer Restaurierung in den 60er Jahren
erkennen konnte, die Reste der ersten Version
zum Vorschein brachte. Dort staffelte Tizian
die Heiligen um den Stufenthron der
Madonna, in der zweiten Version stehen sie
dagegen vor einer durchbrochenen Apsis-
wand, während die Madonna auf einer Wolke
herabschwebt. Vgl. zur Geschichte des Bildes
Peter Humfrey, The Prehistory of Titian's
Assunta, in: Titian 500, 1993, S. 223-243 und
Gastone Vio, La pala di Tiziano a S. Nicolö
della Lattuga (S. Nicoletto dei Frari), in:
Arte Veneta 34 (1980), S. 210-213, außerdem
Herbert von Einem, Tizians «Madonna mit
sechs Heiligen» im Vatikan, in:
Wallraf-Richartz-Johrbuch 33 (1971),
S. 99-114 und Wethey, 1969, S. 107f. Der von
Hope/Hood, 1977 vorgebrachten Datierung -
1518/1535 - sowie von Einems Thesen zur
Beteiligung Paris Bordones tritt Mauro Lucco
entgegen, Note sparse sulle pale Bellunesi di
Paris Bordon, in: Paris Bordon e il suo tempo,
atti del convegno internazionale di studi,
Treviso 28-30 ottobre 1985, Treviso 1987,
S. 163-169.Vgl. im Unterschied dazu die Posi-
tion von Hans H. Aurenhammer, Künstlerische
Neuerung und Repräsentation in Tizians «Pala
Pesaro», in: Wiener Jahrbuch für Kunstge-
schichte 40 (1987), S. 13-44, hier S. 26. Die
einstmals auch mit Veronese-Gemälden
ausgestattete Kirche ist heute zerstört. Tizians
Pala wurde bereits 1770 verkauft; in den
1820er Jahren wurde der obere Teil abge-
trennt.
577 Die Oberfläche ist von nahem betrachtet
fleckig und undurchdringlich, die Retuschen
sind dominant und der dicke Firnis streifig
Auch scheint sich die Farbschicht von neuem
zu bewegen, die Stuktur der früheren Holz-
planken zeichnet sich massiv ab und an den
Beinen Sebastians bilden sich Risse. Eine
abermalige Restaurierung erscheint unver-
meidlich. Für die Auskünfte und die Einsicht-
427
S. 60-65. Das erotische Gefallen bildet hier die
Matrix für den ästhetischen Genuß des Bildes,
das paradigmatische Gemälde ist das Portrait
der Geliebten. Vgl. dazu auch Pardo, 1993,
S. 65ff. Zur Angleichung der Begriffe für
schöne Kunst und schöne Frauen vgl. Sohm,
1995, S. 761 ff.
571 Dieser wohl ursprünglich platonische Gedanke
findet sich in den unterschiedlichsten
Liebestraktaten der Renaissance, so u.a. in
Castiglione, Cortegiano, 4. Buch, Kap.L
(Castiglione-Cordie, S.337ff); Tullia
d'Aragona-Zonta, Infinitä di amore, S.202;
Betussi-Zonta, II Raverta, S. 8ff; Rrenzuola-
Seroni, Dialogo delle bellezze delle donne,
S.545; Capella, Eccellenza e dignitä delle
donne, fol.20r, wenn auch hier mit
signifikanter Umwertung von der Betrachtung
der Schönheit zu ihrem sexuellen Genuß.
Vgl. zur Rezeption der neoplatonischen
Liebesphilosophie Flemming, 1996, S. 101 ff
mit weiterer Literatur.
572 Vgl. Aretinos Gedicht über die «favorita» von
Diego Urtado da Mendoza im Brief vom
15. August 1542: «Furtivamente Tiziano e
Amore, / Presi a gara i pennelli e le quadrella»
in Aretino-Camesasca, I, S. 226 (Nr. CLI11),
vgl. dazu Rogers, 1986.
573 Auch Bellini arbeitete mit Flächen leuchtender
Buntfarben, doch erzielte er etwa in der
wenige Jahre früheren Pala von San Zaccaria
einen schwebenderen Farbton, der optisch
stärker zurückweicht als der offensivere
Tizians (vgl. Humfrey, 1993 (Altarpiece),
S. 232f u. Abb. 80). Zu Tizians Maltechnik im
Markusaltar und insbesondere dem grün-roten
Teppich siehe Lorenzo Lazzarini, Note su
alcune opere comprese tra il 1510 e il 1542,
in: Ausst.kat Venedig/Washington 1990,
S. 378-387, hier S. 379 u. das Foto der Quer-
schnittsprobe, S.381, Nr. 1.
574 «Madonna mit sechs Heiligen», 420x290cm,
Vatikan, Pinacoteca, ehemals Holz, über-
tragen auf Leinwand, ursprünglich San Nicolö
della Lattuga, Venedig. Die beste Abbildung
findet sich in Humfrey, 1993 (Altarpiece),
S.309, Abb. 297.
575 Vgl. William Hood und Charles Hope, Titian's
Vatican Altarpiece and the Pictures
Underneath, in: The Art Bulletin 59 (1977),
S.534-552, hier S.543 und David Rosand,
Titian's Saint Sebastians, in: artibus et
historiae 30 (1994), S. 23-39. Zu seiner These
im folgenden.
576 Die Vollendung der großen Tafel wurde durch
den Auftrag für die «Assunta» unterbrochen.
Als Tizian die Arbeit wieder aufnahm, verän-
derte er die begonnene Komposition aufgrund
seiner neuen Erfahrungen radikal, wie man
bei einer Restaurierung in den 60er Jahren
erkennen konnte, die Reste der ersten Version
zum Vorschein brachte. Dort staffelte Tizian
die Heiligen um den Stufenthron der
Madonna, in der zweiten Version stehen sie
dagegen vor einer durchbrochenen Apsis-
wand, während die Madonna auf einer Wolke
herabschwebt. Vgl. zur Geschichte des Bildes
Peter Humfrey, The Prehistory of Titian's
Assunta, in: Titian 500, 1993, S. 223-243 und
Gastone Vio, La pala di Tiziano a S. Nicolö
della Lattuga (S. Nicoletto dei Frari), in:
Arte Veneta 34 (1980), S. 210-213, außerdem
Herbert von Einem, Tizians «Madonna mit
sechs Heiligen» im Vatikan, in:
Wallraf-Richartz-Johrbuch 33 (1971),
S. 99-114 und Wethey, 1969, S. 107f. Der von
Hope/Hood, 1977 vorgebrachten Datierung -
1518/1535 - sowie von Einems Thesen zur
Beteiligung Paris Bordones tritt Mauro Lucco
entgegen, Note sparse sulle pale Bellunesi di
Paris Bordon, in: Paris Bordon e il suo tempo,
atti del convegno internazionale di studi,
Treviso 28-30 ottobre 1985, Treviso 1987,
S. 163-169.Vgl. im Unterschied dazu die Posi-
tion von Hans H. Aurenhammer, Künstlerische
Neuerung und Repräsentation in Tizians «Pala
Pesaro», in: Wiener Jahrbuch für Kunstge-
schichte 40 (1987), S. 13-44, hier S. 26. Die
einstmals auch mit Veronese-Gemälden
ausgestattete Kirche ist heute zerstört. Tizians
Pala wurde bereits 1770 verkauft; in den
1820er Jahren wurde der obere Teil abge-
trennt.
577 Die Oberfläche ist von nahem betrachtet
fleckig und undurchdringlich, die Retuschen
sind dominant und der dicke Firnis streifig
Auch scheint sich die Farbschicht von neuem
zu bewegen, die Stuktur der früheren Holz-
planken zeichnet sich massiv ab und an den
Beinen Sebastians bilden sich Risse. Eine
abermalige Restaurierung erscheint unver-
meidlich. Für die Auskünfte und die Einsicht-