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In der zweiten Hälfte
seines Lebens wurde Ul-
rich ganz von den Poli-
tischen und kriegerischen
Geschäften als Anführer
des steirischen Adels in
Anspruch genommen, er
verlor in den Kämpfen
zwischen Bela von Un-
garn und Ottokar von
Böhmen zwei von seinen
drei Schlössern, saß län-
gere Zeit gefangen und
fand in einer Kapelle zu
Seckau in Steiermark,
die heute in Trümmern
liegt, seine letzte Ruhe-
stätte. Sein noch er-
haltener Grabstein war
der erste in ganz Deutsch-
land mit einer deutschen
Inschrift. Ihren Höhe-
punkt erreichte die ftei- Abb. 2. Schloß Vaduz, Fliegeraufnahme,
rische Linie unter dem
Sohne Ulrichs, Otto II., der sich in den Zügen Ottokars von Böhmen gegen die heidnischen Preußen und in den Kämpfen
zwischen Ottokar und Rudolf von Habsbnrg hervortat und als Landeshauptmann der Steiermark das Land in jenen
zerfahrenen Zeiten mit kluger und energischer Hand regierte. In der bekannten, aus der ersten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts stammenden „Steirischen Reimchronik", der berühmtesten Quelle deutscher Geschichte älterer Zeit, verfaßt
von Ottokar von Horneck, einem Dienstmannen Ottos von Liechtenstein, ist seinein klugen, gerechten und tapferen
Wirken ein bleibendes Denkmal gesetzt. So heißt es u. a. dort von ihm:
Köln OiUA 61° uko soüuskk,
Da/ dligin cblsZIsicbsi' ruslt
Von z?in nis kurobom,
NiobU anders inan vsrnorn
Von z?in >vann alles gM,
Lr MAL also Asinut,
Dar sr sied dsL sein pstruob,
Von Men Main vnkuA
In dem Uannd kurobom,
Von dem sr psss^runA nam,
WIs IrgA und vrlsil pSMsist.
Darum sr Isst Mard ^sprsist
Von IdsroroA Vwrscbtsn,
Darexu von wittern und von Uneebtsn,
Dis in dsrn Dannd sind Kssessöen,
Den dsn er sied nie bei vsrAsssLSn
NN dbainer slaeüt vsr. —
Ich kann mir nicht versagen, an dieser Stelle jene Worte anzuführen, welche Grillparzer in seinem Trauerspiel „König
Ottokars Glück und Ende" diesen Ottokar von Horneck zu Rudolf von Habsburg sagen läßt:
Ottokar von Horneck, Dienstmann
Des edlen Ritters Ott von Liechtenstein,
Den König Ottokar samt andern Landherrn
Ohn' Recht und Urteil hält in enger Haft.
O, nehmt Euch sein, nehmt Euch des Landes an!
Es ist ein guter Herr, es ist ein gutes Land,
Wohl wert, daß sich ein Fürst sein unterwinde!
Wo habt Ihr dessen gleichen schon gesehen?
Schaut rings umher, wohin der Blick sich wendet,
Lacht's wie dem Bräutigam die Braut entgegen.
Mit Hellem Wiesengrün und Saatengold,
Von Lein und Safran gelb und blau gestickt,
Bon Blumen süß durchwürzt und edlem Kraut,
Schweift es in breitgestreckten Tälern hin -—
Ein voller Blumenstrauß, so weit es reicht,
Vom Silberband der Donau rings umwunden
Hebt sich's empor zu Hügeln voller Wein,
Wo auf und auf die goldne Traube hängt
Und schwellend reift in Gottes Sonuenglanze;
Der dunkle Wald voll Jagdlust krönt das Ganze.
Und Gottes lauer Hauch schwebt drüber hin
Und wärmt und reift und macht die Pulse schlagen,
Wie nie ein Puls auf kälten Steppen schlägt.
Drum ist der Österreicher froh und frank,
Trägt seinen Fehl, trägt offen seine Freuden,
Beneidet nicht, läßt lieber sich beneiden!
Und was er tut, ist frohen Muts getan.
's ist möglich, daß in Sachsen und beim Rhein
Es Leute gibt, die mehr in Büchern lasen;
Allein, was not tut und was Gott gefällt,
Der klare Blick, der offne, richt'ge Sinn,
Da tritt der Österreicher hin vor jeden,
Denkt sich sein Teil und läßt die andern reden!
O gutes Land! O Vaterland! Inmitten
Dem Kinde Italien und dem Manne Deutschland
Liegst du, der wangenrote Jüngling, da;
Erhalte Gott dir deinen Jugendsinn
Und mache gut, was andere verdarben! —
Bon da ab geht das Haus Liechtenstein-Murau langsam nieder, um zu Anfang des 17. Jahrhunderts glanzlos zu erlöschen.
Das erste urkundlich nachweisbare Glied der Linie Liechtenstein-Nikolsburg, des heutigen fürstlichen
Hauses, ist Hugo von Liechtenstein, welcher in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts lebte und als Stammvater
In der zweiten Hälfte
seines Lebens wurde Ul-
rich ganz von den Poli-
tischen und kriegerischen
Geschäften als Anführer
des steirischen Adels in
Anspruch genommen, er
verlor in den Kämpfen
zwischen Bela von Un-
garn und Ottokar von
Böhmen zwei von seinen
drei Schlössern, saß län-
gere Zeit gefangen und
fand in einer Kapelle zu
Seckau in Steiermark,
die heute in Trümmern
liegt, seine letzte Ruhe-
stätte. Sein noch er-
haltener Grabstein war
der erste in ganz Deutsch-
land mit einer deutschen
Inschrift. Ihren Höhe-
punkt erreichte die ftei- Abb. 2. Schloß Vaduz, Fliegeraufnahme,
rische Linie unter dem
Sohne Ulrichs, Otto II., der sich in den Zügen Ottokars von Böhmen gegen die heidnischen Preußen und in den Kämpfen
zwischen Ottokar und Rudolf von Habsbnrg hervortat und als Landeshauptmann der Steiermark das Land in jenen
zerfahrenen Zeiten mit kluger und energischer Hand regierte. In der bekannten, aus der ersten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts stammenden „Steirischen Reimchronik", der berühmtesten Quelle deutscher Geschichte älterer Zeit, verfaßt
von Ottokar von Horneck, einem Dienstmannen Ottos von Liechtenstein, ist seinein klugen, gerechten und tapferen
Wirken ein bleibendes Denkmal gesetzt. So heißt es u. a. dort von ihm:
Köln OiUA 61° uko soüuskk,
Da/ dligin cblsZIsicbsi' ruslt
Von z?in nis kurobom,
NiobU anders inan vsrnorn
Von z?in >vann alles gM,
Lr MAL also Asinut,
Dar sr sied dsL sein pstruob,
Von Men Main vnkuA
In dem Uannd kurobom,
Von dem sr psss^runA nam,
WIs IrgA und vrlsil pSMsist.
Darum sr Isst Mard ^sprsist
Von IdsroroA Vwrscbtsn,
Darexu von wittern und von Uneebtsn,
Dis in dsrn Dannd sind Kssessöen,
Den dsn er sied nie bei vsrAsssLSn
NN dbainer slaeüt vsr. —
Ich kann mir nicht versagen, an dieser Stelle jene Worte anzuführen, welche Grillparzer in seinem Trauerspiel „König
Ottokars Glück und Ende" diesen Ottokar von Horneck zu Rudolf von Habsburg sagen läßt:
Ottokar von Horneck, Dienstmann
Des edlen Ritters Ott von Liechtenstein,
Den König Ottokar samt andern Landherrn
Ohn' Recht und Urteil hält in enger Haft.
O, nehmt Euch sein, nehmt Euch des Landes an!
Es ist ein guter Herr, es ist ein gutes Land,
Wohl wert, daß sich ein Fürst sein unterwinde!
Wo habt Ihr dessen gleichen schon gesehen?
Schaut rings umher, wohin der Blick sich wendet,
Lacht's wie dem Bräutigam die Braut entgegen.
Mit Hellem Wiesengrün und Saatengold,
Von Lein und Safran gelb und blau gestickt,
Bon Blumen süß durchwürzt und edlem Kraut,
Schweift es in breitgestreckten Tälern hin -—
Ein voller Blumenstrauß, so weit es reicht,
Vom Silberband der Donau rings umwunden
Hebt sich's empor zu Hügeln voller Wein,
Wo auf und auf die goldne Traube hängt
Und schwellend reift in Gottes Sonuenglanze;
Der dunkle Wald voll Jagdlust krönt das Ganze.
Und Gottes lauer Hauch schwebt drüber hin
Und wärmt und reift und macht die Pulse schlagen,
Wie nie ein Puls auf kälten Steppen schlägt.
Drum ist der Österreicher froh und frank,
Trägt seinen Fehl, trägt offen seine Freuden,
Beneidet nicht, läßt lieber sich beneiden!
Und was er tut, ist frohen Muts getan.
's ist möglich, daß in Sachsen und beim Rhein
Es Leute gibt, die mehr in Büchern lasen;
Allein, was not tut und was Gott gefällt,
Der klare Blick, der offne, richt'ge Sinn,
Da tritt der Österreicher hin vor jeden,
Denkt sich sein Teil und läßt die andern reden!
O gutes Land! O Vaterland! Inmitten
Dem Kinde Italien und dem Manne Deutschland
Liegst du, der wangenrote Jüngling, da;
Erhalte Gott dir deinen Jugendsinn
Und mache gut, was andere verdarben! —
Bon da ab geht das Haus Liechtenstein-Murau langsam nieder, um zu Anfang des 17. Jahrhunderts glanzlos zu erlöschen.
Das erste urkundlich nachweisbare Glied der Linie Liechtenstein-Nikolsburg, des heutigen fürstlichen
Hauses, ist Hugo von Liechtenstein, welcher in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts lebte und als Stammvater