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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 27.1926

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Nr. 3/4
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Burgenschau
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.35077#0080
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Die Burgen Italiens.
Im großen Hörsaale der Technischen Hochschule sprach am
Freitag, den 26. März, Prof. Bodo Ebhardt über die Bedeutung
der italienischen Burgen für die Kenntnis des mittelalterlichen
Profanbaues. Er wies einleitend darauf hin, welche große Be-
deutung die germanische Einwanderung in Italien gehabt habe
und wie namentlich in der Blütezeit der Burgenbaukunst, also in
der Zeit der Hohenstaufen die höchsten Leistungen gerade durch
diese deutschen Bauherrn veranlaßt wurden, wie das durch Formen-
Vergleich zwischen apülischen und süddeutschen Burgen ohne weiteres
heroortritt.
Die baukünstlerischen Aufgaben des Burgenbaues waren außer-
dem unvergleichlich vielseitiger als die Aufgaben z. B. ans
kirchlichem Gebiet. Jeder Bauplatz erforderte eine eigentümliche
Lösung, wenn die Burg zugleich den eisernen Notwendigkeiten des
Krieges und der durch den Bauplatz gegebenen Angriffsmöglichkeit
gerecht werden wollte. Daher ist eine regelmäßige Lösung des
Grundrisses eigentlich nur in der Ebene möglich. Selten bietet die
schroffe Höhe von Burg und Fels dafür eine Möglichkeit.
Naturgemäß mußten aber trotz der germanischen Einwirkungen
auch noch andere Einflüsse sich bei den italienischen Burgen geltend
machen, so im Norden in später Zeit französische Einzelformen,
namentlich in den Alpentälern, z. B. im Tal von Aosta, im Süden
der Einfluß der Sarazenen und Normannen, alles aber wurde
endgültig ansgestattet entsprechend den jeweils verfügbaren
Baustoffen und vor allem entsprechend den Anforderungen, die das
italienische Klima, je weiter südlich die Bauten aufgeführt wurden,
um so dringender stellte.
Neben den sarazenischen Einflüssen und den Bauerinnernngen,
die die Normannen mitbrachten, sehen wir dann in Süditalien noch
gewisse Erinnerungen an die Antike, die sich vielleicht dort allein
in der Hofausbildung ausspricht.
An Hand von zahlreichen Lichtbildern zeigte der Vortragende
vor allem die mächtige Wirkung, die die Burg durch ihre Gesamt-
lage in der Landschaft auch in Italien ausübt, im Süden freilich
nicht so malerisch reich bewegt wie die deutschen Burgen. Die
schroffen, aufsteigenden kubischen Formen erinnern mit ihren
orientalischen flachen Dächern dagegen überraschend an die aller-
jüngsten neudeutschen Baüleistnngen.
Der äußeren Gesamterscheinung stellte Bodo Ebhardt dann
einige Grundrißlösungen gegenüber, regelmäßige quadratische
Anlagen der Hohenstaufen im Süden, normannisch wirkende
Pallasbauten aus Sizilien und malerisch gegliederte, dem deutschen
Einfluß näherstehende Bauten in Norditalien.
Der Aufriß entspricht derselben Formenverteilung.
Die Einzelformen, also das Ornament und die Gliederung von
Türen und Fenstern bestätigen den anfangs angedeuteten Zu-
sammenhang der deutschen Formensprache der Zeit.
Türme und Tore zeigen neben der Erfüllung rein wehrbaülicher
Anforderungen auch künstlerisch mustergültige Leistungen.
Am reizvollsten aber und am eigenartigsten wirken wohl die
Burghöfe, die Redner von den ältesten Beispielen Apuliens, z. B.
Baris, Castel del Montes bis zu den nördlichen Hofanlagen in
Bracciano bei Rom, Lari in Toskana, Celano in den Abruzzen oder
endlich in den reizvollen spätmittelalterlichen Höfen des Tales von
Aosta, z. B. von Jssogne, zeigte.
Ganz besonders reizvoll sind vielfach die Treppen ausgebildet.
Wie reich und eigenartig auch in den Einzelformen solche Anlagen
im Mittelalter sein konnten, dafür bieten die Ausgrabungen und
Wiederherstellungen der Hohenstaufenburg Gioia del Colle in Apu-
lien ein Beispiel, das die weitestgehenden Rückschlüsse auf die
Prachtentfaltung in den Hohenstaufenbnrgen in Italien erlaubt.
Zum Schlüsse zeigte der Vortragende eine Reihe von Innen-
ausstattungen und Raumbildungen.
Von dem ungeheuren Reichtum an Bildern und Ausmessungen,
die in dem Werk des Verfassers über die Burgen Italiens, dessen
5. Band soeben bei Ernst Wasmuth erschienen ist, vervielfältigt
sind, bietet die bereits erwähnte Ausstellung im Architekturmuseum
in der Technischen Hochschule einen großartigen Eindruck.
Die Ausstellung wurde vor dem Vortrag von den Mitgliedern
des Berliner Architekten- und Jngenieurvereins eingehend be-
sichtigt.
Gegenüber den Neigungen, die Formengebung und die Raum-
bildung der deutscheil Baukunst von ausländischen Vorbildern ab-

zuleiten, vertrat Redner in seinem Schlußwort den Standpunkt,
daß mit viel größerem Recht in der gesäurten mitteleuropäischen
Baukunst des Mittelalters der germanisch-deutsche Einfluß als
schöpferisch und richtunggebend angesehen werden muß. Wie nach
Gobinean, Honsten Steward Chamberlain und den neueren
Rasseforschern der Aufbau aller mittelalterlichen Staaten von Spa-
nien bis nach Rußland und von Norwegen bis nach Sizilien aus-
schließlich den germanischen Einwanderern und Oberschichten zn-
geschrieben werden muß, so steht es auch mit der Entwicklung der
Baukunst.
Ost- und Westgoten, Langobarden, Merowinger und Franken
und wie die deutschen Stämme alle heißen, brachten ans ihrer nor-
dischen Heimat einen ungeheuren Reichtum an Formen mit, der
maßgebend und befruchtend für die Baukunst des Mittelalters wurde.
In echt deutscher Überschätzung des Auslandes sind diese Zu-
sammenhänge immer noch nicht genug herausgearbeitet, obwohl
Forscher wie Prof. Haupt, Hasack u. a. schon oft genug darauf
hingewiesen haben.
Daß gerade in italienischen Burgen diese Entwicklung sich Nach-
weisen läßt, ergaben die Ausführungen und Bilder des Vortragenden.

Bücherschau.
Herrm. u. O. Luckenbach, Geschichte der deutschen Kunst.
Verlag R. Oldenbourg, München-Berlin. Preis in Ganzleinen
18,50 M.
Ausführliche Besprechung Vorbehalten!
Woltereck, Harzburgen, T. 1 u. 2. Preis je 3 M. Hahnsche Buch
Handlung, Hannover.
F. Küffner - Ebrach, Führer durch die Plassenbnrg. Heraus-
gegeben vom Verein zur Förderung des Fremdenverkehrs in
Kulmbach und Umgebung.
Kulmbach in Bayern und Umgebung. Herausgegeben vom
Verkehrs- und Verschönernngsverein Kulmbach und Umgebung
mit 19 Aufnahmen von Prof. Di-. Fritz Limmer, Darmstadt,
und 4 Aufnahmen von Phot. Wilhelm Meier, Kulmbach. 43 Sei-
ten mit sehr guten Abbildungen. Ein sehr brauchbarer und schöner
Führer!
vi-.-IoA. Georg Binder, Hofrat, Die Niederösterreichischen
Burgen und Schlösser. Erster Teil: An und südlich der Donau.
Mit 30 Abbildungen nach eigenen Lichtbildaufnahmen des Ver-
fassers. Amtlich gefördert von der niederösterreichischen Landes-
regierung. Sonderband II der Österreichischen Bücherei. A. Hart-
leben's Verlag Wien und Leipzig. Leider entspricht die Wieder-
gabe der schönen Bildvorlagen nicht den wertvollen Ausführungen
des Verfassers.
Bernhard Rathgen, Tie Pnlverwasfen in Indien. Die
europäische Herkunft derselben. Mit 5 Textabbildungen und 6 Ta-
feln. München 1926. Kommissionsverlag: Barbara-Verlag Glück-
straße 3. Sonderabdruck aus der Ostasiatischen Zeitschrift N. F.
II. Band. 1925. 44 Seiten. Preis 2,50 M.
Ders.,Das Auskommen der Pulverwasse. 72Seiten. Preis2M.
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Stücken und Streichen den gründlich abführt, diesem das Herz auf
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haltend, daß man dabei recht augenscheinlich erfährt: Mehr hat
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vr. O.
Reimmichl, Ter Nant. Eine lustige Stndentengeschichte.
Halbleinenband. (144 Seiten.) Preis 2,60 M. Verlagsanstalt
Tyrolia A. G., Jnnsbruck-Wien-München.
Der Nant ist wieder einer von den lustigen Knappen in: Gold-
bergwerk Reimmichlschen Humors. Der Jugend wie den: Alter
wird dieses Buch ein lachender Sorgenbrecher sein. Iw. O.

Verantwortlicher Schriftleiter: Geh. Hofbaurat Prof. Bodo Ebhardl, Berlin-Grunewald. — Verlag: Burgverlag. G. m. b. H., Berlin-Grunewald
Druck: Spamersche Buchdruckerei, Leipzig.
 
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