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Orts- und Flurnamen, in der Be-
zeichnung mancher Geräte des täg-
lichen Lebens und in überaus zahl-
reichen Funden. Bereits vor dem
Jahre 300 wurde in den rätischen
Landen das Christentum verkündet,
der erste Glaubensbote war der hl.
Luzius, der Überlieferung nach ein
britannischer König, der nach seiner
Taufe Krone und Szepter nieder-
legte, sich als Missionär nach dem
Festlande begab, von Augsburg auf
der Römerstraße den rätischen Alpen
zuzog, in Chur, von wo aus er seine
Missionsreisen unternahm und wo
er auch begraben liegt, des Märtyrer-
todes starb. Die Stürme der Völker-
wanderung und der Zusammenbruch
des weströmischen Reiches schufen
auch in Rätien einen Umsturz der
bestehenden Verhältnisse. Die von
Norden kommenden Alemannen
konnten sich zwar in Churrätien nicht
fest niederlassen, bedrängten aber die
Einwohner hart, bis ihnen Theodorich
der Große dauernde Wohnsitze in
Uastia ssenacka anwies, von wo aus
sie sich auch über Churrätien ver-
breiteten und das romanische Ele-
ment verdrängten. Vom grünen Ir-
land herüber kamen die Heiligen
Gallus, Fridolin, Pirmin und Sigis-
bert, die heidnischen Alemannen zum
Christentum zu bekehren. 491 Jahre
war Churrätien unter den Römern,
17 Jahre unter Odoaker und 43 Jahre
unter den Ostgoten gewesen, als es
nach Theodorichs d. Gr. Tode und
dem Untergange der Ostgoten im
Abb. 6. Lampi I. B., Feldmarschall Fürst Johann I. von Liechtenstein. Jahre 536 an die fränkischen Könige
kam. Die Landesverwesung wurde
einem Präses übertragen, welches Amt eine Zeitlang die Bischöfe von Chur ausübten, Karl d. Gr. stellte einen welt-
lichen Grafen an die Spitze des Landes. Er nahm auch eine Zweiteilung von Churrätien vor und zwar in die Graf-
schaft Chur und in Churwalchengau oder Unterrätien, zu welch letzterm Liechtenstein gehörte. Als 911 die Karolinger
mit Ludwig dem Kind ausstarben, welche 143 Jahre über Churrätien geherrscht hatten und das deutsche Reich sich in
Herzogtümer auflöste, vereinigten die Grafen von Rätien im Kampfe gegen König Heinrich I. Rätien und Schwaben
zum Herzogtum Alemannien, dessen letzter Herzog der unglückliche Konradin der Hohenstaufe war, und verwalteten
Unterrätien als eine besondere Grafschaft. Aus der Gesamtlandschaft von Unterrätien heraus entwickelten sich die zwei
selbständigen Herrschaften Vaduz und Schellenberg, das heutige Fürstentum. Von 1200—1416 wurde es von dem
berühmten Grafengeschlechte der Montfort und Werdenberg und von den Herren von Schellenberg regiert. Die große
Verschuldung zwang den letzten Grasen von Werdenberg-Vaduz, Hartmann IV., Bischof von Chur, zum Verkaufe
der beiden Herrschaften an die aus dem Kanton Bern stammenden Freiherren von Brandts, ein hochangesehenes
und mächtiges Geschlecht, dessen Sprosse Ortlieb von Brandts durch 33 Jahre das Bistum Chur mit großen: Ruhme
regierte. Mit dem Erlöschen des Brandissichen Geschlechtes — der letzte dieses edlen Hauses war Johann von Brandts,
Dompropst in Chur — kam das Land 1507 durch Erbschaft an die Grafen von Sulz, welche es in fürsorglicher Weise
regierten, die Kriege sernznhalten und der drohenden Glanbensspaltnng mit ihren unheilvollen Folgen zu begegnen
wußten. Diese Grafen von Sülz waren eines der ältesten Geschlechter des Schwabenlandes. Um so drückender wurde
die Regierungszeit der Grafen von Hohenems, welche 1613 die beiden Herrschaften käuflich erwarben. Jahrzehntelange
militärische Einquartierungen, Truppendurchzüge, die Einfälle der Schweden, Brandschatzungen und Kontributionen
Orts- und Flurnamen, in der Be-
zeichnung mancher Geräte des täg-
lichen Lebens und in überaus zahl-
reichen Funden. Bereits vor dem
Jahre 300 wurde in den rätischen
Landen das Christentum verkündet,
der erste Glaubensbote war der hl.
Luzius, der Überlieferung nach ein
britannischer König, der nach seiner
Taufe Krone und Szepter nieder-
legte, sich als Missionär nach dem
Festlande begab, von Augsburg auf
der Römerstraße den rätischen Alpen
zuzog, in Chur, von wo aus er seine
Missionsreisen unternahm und wo
er auch begraben liegt, des Märtyrer-
todes starb. Die Stürme der Völker-
wanderung und der Zusammenbruch
des weströmischen Reiches schufen
auch in Rätien einen Umsturz der
bestehenden Verhältnisse. Die von
Norden kommenden Alemannen
konnten sich zwar in Churrätien nicht
fest niederlassen, bedrängten aber die
Einwohner hart, bis ihnen Theodorich
der Große dauernde Wohnsitze in
Uastia ssenacka anwies, von wo aus
sie sich auch über Churrätien ver-
breiteten und das romanische Ele-
ment verdrängten. Vom grünen Ir-
land herüber kamen die Heiligen
Gallus, Fridolin, Pirmin und Sigis-
bert, die heidnischen Alemannen zum
Christentum zu bekehren. 491 Jahre
war Churrätien unter den Römern,
17 Jahre unter Odoaker und 43 Jahre
unter den Ostgoten gewesen, als es
nach Theodorichs d. Gr. Tode und
dem Untergange der Ostgoten im
Abb. 6. Lampi I. B., Feldmarschall Fürst Johann I. von Liechtenstein. Jahre 536 an die fränkischen Könige
kam. Die Landesverwesung wurde
einem Präses übertragen, welches Amt eine Zeitlang die Bischöfe von Chur ausübten, Karl d. Gr. stellte einen welt-
lichen Grafen an die Spitze des Landes. Er nahm auch eine Zweiteilung von Churrätien vor und zwar in die Graf-
schaft Chur und in Churwalchengau oder Unterrätien, zu welch letzterm Liechtenstein gehörte. Als 911 die Karolinger
mit Ludwig dem Kind ausstarben, welche 143 Jahre über Churrätien geherrscht hatten und das deutsche Reich sich in
Herzogtümer auflöste, vereinigten die Grafen von Rätien im Kampfe gegen König Heinrich I. Rätien und Schwaben
zum Herzogtum Alemannien, dessen letzter Herzog der unglückliche Konradin der Hohenstaufe war, und verwalteten
Unterrätien als eine besondere Grafschaft. Aus der Gesamtlandschaft von Unterrätien heraus entwickelten sich die zwei
selbständigen Herrschaften Vaduz und Schellenberg, das heutige Fürstentum. Von 1200—1416 wurde es von dem
berühmten Grafengeschlechte der Montfort und Werdenberg und von den Herren von Schellenberg regiert. Die große
Verschuldung zwang den letzten Grasen von Werdenberg-Vaduz, Hartmann IV., Bischof von Chur, zum Verkaufe
der beiden Herrschaften an die aus dem Kanton Bern stammenden Freiherren von Brandts, ein hochangesehenes
und mächtiges Geschlecht, dessen Sprosse Ortlieb von Brandts durch 33 Jahre das Bistum Chur mit großen: Ruhme
regierte. Mit dem Erlöschen des Brandissichen Geschlechtes — der letzte dieses edlen Hauses war Johann von Brandts,
Dompropst in Chur — kam das Land 1507 durch Erbschaft an die Grafen von Sulz, welche es in fürsorglicher Weise
regierten, die Kriege sernznhalten und der drohenden Glanbensspaltnng mit ihren unheilvollen Folgen zu begegnen
wußten. Diese Grafen von Sülz waren eines der ältesten Geschlechter des Schwabenlandes. Um so drückender wurde
die Regierungszeit der Grafen von Hohenems, welche 1613 die beiden Herrschaften käuflich erwarben. Jahrzehntelange
militärische Einquartierungen, Truppendurchzüge, die Einfälle der Schweden, Brandschatzungen und Kontributionen