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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 27.1926

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Nr. 3/4
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Ebhardt, Bodo: Die Sababurg und der Reinhardswald
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https://doi.org/10.11588/diglit.35077#0065
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Recht im Herzen des ganzen Geländes auf einer aussichtsreichen Höhe haben die Landgrafen von Heffen vor
Jahrhunderten em Jagdschloß errichtet. Dieses Jagdschloß ist die Sababurg. An sie lehnt sich ein großer ummauerter
Wildpark an, in dem'eigentlich schon das vollendet scheint, was von vielen Seiten heute als das würdigste Reichs-
ehrenmal gewünscht wird: nämlich ein heiliger Gedächtnishain.
In der Tat kann eine weihevollere Stätte als Gedächtnisort und Wallfahrtsziel nicht gefunden werden für alle
solche, die mit vollem Herzen, mit tiefer Trauer und mit leidenschaftlichem Schmerz um die deutsche Schmach sich ver-
sammeln wollen, an einem Ort, der dem Alltagsleben, dem lauten Frohsinn und dem Lärm des Verkehrs und des
betriebsamen Tages entrückt ist.
Hier steigert sich das Gefühl der Weihe von Schritt zu Schritt, hier nimmt eine große Stille die von politischem
und Parteikampf hin und her gerissenen Menschen auf, hier mahnen die uralten Eichen, die Sinnbilder echtesten
Deutschtums, an die Kraft, die unzerstörbar in unserm Volke wohnt, solange es wie die von tausend Stürmen zerrissenen
Baumriesen ewig neue Frühlingskräfte aus seinem eigenen deutschen Heimatboden, aus der Tiefe des eigenen
deutschen Geistes und ans der deutschen Seele, kurz aus der deutschen Eigenart saugt.
Großes und Kleines eint sich in diesem unvergleichlichen Walde zur Belebung und Vollendung der Schönheit.
Rotwild äst geruhig gar nicht fern der großen eichenbegleiteten Straße, unzählige Vögel und neben dem Hochwild
Rehwild und Niederwild aller Art beleben das weite Gebiet. Einzelne Lichtungen bieten weite Ausblicke, tiefeingeschnit-
tene Täler führen zur Weser hinab und der fast völlige Mangel der landverwüstenden Industrie hat wohltätig diesen
schönen Reinhardswald vor Entstellungen und Zerstörungen bewahrt. Hierher paßt ganz zudem besonders das Gestüt
Beberbeck, das unweit der Sababurg den Wald mit den frei in der Natur aufwachsenden edlen Tieren anmutig und
sinnvoll bevölkert.
Freilich gilt es nun auch, eine solche heilige Gottesstätte, eine solche Urstätte schönster Natur in ihrer Un-
berührtheit möglichst zu bewahren. Soll hierher ein Reichsehrenmal kommen, so werden weitgehende Vorsichts-
maßregeln dafür zu treffen sein, daß aus andächtigen Menschenmengen und Pilgerzügen nicht ein fader Zustrom von
Neugierigen oder die Rücksichtslosigkeit roher Haufen wird. Schon jetzt wird die heute so viel geförderte Wanderlust,
namentlich das Jugendwandern, in seinen Auswüchsen vielfach zur Landplage und an Stelle des Segens, der aus einen:
stillen Untertauchen in den Frieden der Natur gerade für die Jugend erwachsen könnte, tritt vielfach eine Verwilderung
der Jugend selbst und eine Verletzung des Gefühls der übrigen.
Solche Schwierigkeit hier zu überwinden, den unausbleiblichen Massenverkehr würdig zu gestalten, jeden lär-
menden Wirtshausbetrieb im allerweitesten Umkreis fernzuhalten, wird notwendig, aber auch möglich sein.
Andererseits lassen sich aus den ehrwürdigen Mauern der alten Sababurg auch würdige Räume gestalten, die
zur Aufnahme großer Menschenmengen dienlich sind. Der große Pallasbau, der heute noch den Kern der alten Burg-
anlage bildet, Abb. 28—30 und der von Ringmauern umgebene äußere Burgplatz geben einen schönen Grundton für
die Ausbildung von Bauten ab, die sich der einzig schönen Örtlichkeit würdig anschließen. Hier bescheiden Neues zu
gestalten, wird eine künstlerisch hochbefriedigende Aufgabe sein.
Und zu diesem Mittelpunkte unter Benutzung der alten herrlichen Straßen strahlenförmig die Besucher
eines Ehrenmales oder eines heiligen Haines ihrem Ziele zuzuführen, wird eine künstlerische Aufgabe großen Maß-
stabes sein, die die zarte Hand eines nicht
in Großstadtkunst und Sensation unter-
gegangenen Meisters erfordert, der es ver-
steht, seine künstlerischen Gedanken auf
das innigste mit der Schönheit der Na-
tur zu verweben.
Da muß die Steigerung des Ein-
drucks bewußt und planvoll am Ufer der
Weser oder an der nächsten Eisenbahn-
strecke beginnen, da müssen scheinbar un-
bedeutende Vorwerke wie Wärterhäuser,
Waldtore und Einzäunungen schon alle
im gleichen Geiste entworfen und aus-
geführt werden. Da muß alles All-
tägliche entfernt oder so umgestaltet
werden, daß der weite Bezirk, der heute
noch in fast völliger Unberührtheit im
Reinhardswald erhalten ist, als Vor-
hof zu dem heiligen Hain ausgestaltet
erscheint. Das Kernstück selber ermög-
licht bei aller Schlichtheit doch eine
vielgestaltige stille Größe. In seiner
Ausgestaltung muß vor allen Dingen
der Gedanke der Majestät des unge- Abb. 26. Me Eiche im Reinhardswald.
 
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