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Tage unseres Vol-
kes, in denen die
Burgen in ihrer
Wehrhaftigkeit das
Reich gegen die
Feinde schütztenund
gleichzeitig Heim-
stätten hoher Kul-
tur, edler Sitte und
reicher Kunst, vor
allem vollendeter
Dichtkunst gewesen
sind. Außer des
Dichters Novalis
gedenken wir aber
hier noch eines
anderen Harden-
berg, des großen
Staatsmannes,
der in den Tagen
des Niederganges
Preußens im Jahre
1810 an die Spitze
der Staatsgeschäfte
Abb. 42. Adelebsen bei Göttingen. Schloß, Alter Bergfried, Försterei und Dorf. berufen wurde, den
zusammengebroche-
nen Staat wieder befestigte, die großen Reformen Steins durchführte, die Freiheitskriege vorbereitete, nach dem
glorreichen Ausgang derselben den Wiederaufbau Preußens in die Wege leitete und dann die Grundlage schuf, auf
welcher Kaiser Wilhelm der Große mit seinem Fürsten-Reichskanzler das Deutsche Reich schaffen konnte. Möchte es
unserem Volke auch künftig nicht an so für das Vaterland begeisterten Männern wie Novalis und nicht an so geschickten,
einsichtigen und weitblickenden Staatsmännern wie dem Fürsten Hardenberg fehlen."
Mit diesem Wunsch verabschiedete sich die Gesellschaft von ihren freundlichen Gastgebern*).
Ein Bedauern freilich blieb zurück, daß die Zeugin ruhmreicher Vergangenheit sichtbar dem Denkmalstode ver-
fallen ist, wenn nicht bald die schützende Hand des Pflegers sich über sie breitet.
Adelebsen.
In Adelebsen, das die Burgenfahrer darauf besichtigten, lernten sie einen alten Adelssitz kennen, der nicht nur
in Händen der Familie geblieben ist, sondern in ununterbrochener Folge von der Erbauung bis heute und außerdem
in unmittelbarer Geschlechtsfolge bewohnt wird, einer der ganz seltenen Fälle, in denen eine Überlieferung rein
durchgehalten werden konnte.
Aus den Erläuterungen, die auch hier Herr Geheimrat Schröder über die Geschichte der Burg und des Geschlechtes gab, erfuhren die
Burgenfahrer, daß der Ursprung bis auf Heinrich den Finkler zurückgeführt wird. Eine Urkunde im Kloster Bursfelde a. d. Weser vermeldet,
daß Kaiser Heinrich dem Edelfräulein Adelheid aus dem Gefolge seiner Gattin so viel Land zu freiem Eigentum schenkte, wie sie in
drei Stunden auf ihrem Zelter umreiten würde. Wenn auch die Grenzen der Herrschaft Adelebsen auf eine sehr großzügige Auslegung
dieser Erlaubnis zur Besitznahme und damit auf das Legendenhafte dieser Erzählung schließen lassen, so ist doch ersichtlich, daß hier der Kaiser
einen kleinen Verwaltungsbezirk einem seiner Getreuen anvertraute. Inmitten ihres Besitzes erbauten Adelheid und ihr Gemahl, der Ritter
Dithmar, die feste Burg Adeleifshusen, auch Adelevessen, Adeliebsen und schließlich Adelebsen genannt**).
Die Familie war abtfrei, erschien, solange ein Unterschied von den milite8 gemacht wird, stets als clomini oder nobiles, war schon
im 13. Jahrhundert mit den Hardenberg (Rostorp) durch mehrfache Heiraten verwandt. Im Archiv zu Adelebsen befindet sich eine Urkunde
aus dem Jahre 1289; hier sind als Zeugen aufgeführt: ,,Ulodilss viri clomini UsrtbolclöZ et Ostkmarus cks 7W6I6V6886N, V6tlmräu8 clö Uo-
8torp milit68 guorum 8issilla prs86ntibu8 8unt appsnmim . . ." Aus der Zueinanderstellung der beiden Geschlechternamen in der Urkunde
geht die Standesgleichheit der Adelebsen mit dem Dynastengeschlecht der Rostorp hervor. Reinhard von Adelebsen zog mit Herzog Heinrich
dem Löwen ins gelobte Land und stiftete nach seiner Rückkehr 1172 eine Kapelle, im Walde an der Schwülme gelegen, eine Stunde von
Adelebsen entfernt. Unter den mitgebrachten Reliquien befand sich ein goldener Ring, die Dornenkrone Christi darstellend. Dieser Ring
wurde von den Rittern über dem Eisenhandschuh im Turnier getragen. Der Großvater des jetzigen Majoratsherrn führte ihn als Rittmeister
des Königlichen Garde du Corps in der Schlacht bei Waterloo mit sich. 1449 gaben die Herren von Adelebsen zum erstenmal ihren Allodbesitz
dem Landgrafen von Hessen als Lehen, machten sich aber wenige Jahre darauf von dieser Lehensherrschaft wieder frei und begaben sich 1512
unter die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg. Ein eigentliches Ministerialverhältnis mit Hessen hat nicht bestanden. Die Familie hat
in der Geschichte des südhannoverschen Landes im 14. und 15. Jahrhundert eine große Rolle gespielt und den Ländern Hessen, Braunschweig
und Hannover zahlreiche höhere Beamte und Offiziere gestellt.
*) Eine gute Veröffentlichung über den Hardenberg finden wir im Berlage Alois Mecke, Duderstadt, aus der Feder von Heinrich Lücke.
Daselbst sind auch Grundrisse der Burg angegeben, die von Mitthoff stammen und das einzige bisher verfügbare Material dieser Art darstellen.
**) Der Ort erscheint schon 990 als Ethellevessum, wo ihn Kaiser Otto l ll. seiner Schwester Sophia, der Nonne in Gandersheim, schenkt.
Tage unseres Vol-
kes, in denen die
Burgen in ihrer
Wehrhaftigkeit das
Reich gegen die
Feinde schütztenund
gleichzeitig Heim-
stätten hoher Kul-
tur, edler Sitte und
reicher Kunst, vor
allem vollendeter
Dichtkunst gewesen
sind. Außer des
Dichters Novalis
gedenken wir aber
hier noch eines
anderen Harden-
berg, des großen
Staatsmannes,
der in den Tagen
des Niederganges
Preußens im Jahre
1810 an die Spitze
der Staatsgeschäfte
Abb. 42. Adelebsen bei Göttingen. Schloß, Alter Bergfried, Försterei und Dorf. berufen wurde, den
zusammengebroche-
nen Staat wieder befestigte, die großen Reformen Steins durchführte, die Freiheitskriege vorbereitete, nach dem
glorreichen Ausgang derselben den Wiederaufbau Preußens in die Wege leitete und dann die Grundlage schuf, auf
welcher Kaiser Wilhelm der Große mit seinem Fürsten-Reichskanzler das Deutsche Reich schaffen konnte. Möchte es
unserem Volke auch künftig nicht an so für das Vaterland begeisterten Männern wie Novalis und nicht an so geschickten,
einsichtigen und weitblickenden Staatsmännern wie dem Fürsten Hardenberg fehlen."
Mit diesem Wunsch verabschiedete sich die Gesellschaft von ihren freundlichen Gastgebern*).
Ein Bedauern freilich blieb zurück, daß die Zeugin ruhmreicher Vergangenheit sichtbar dem Denkmalstode ver-
fallen ist, wenn nicht bald die schützende Hand des Pflegers sich über sie breitet.
Adelebsen.
In Adelebsen, das die Burgenfahrer darauf besichtigten, lernten sie einen alten Adelssitz kennen, der nicht nur
in Händen der Familie geblieben ist, sondern in ununterbrochener Folge von der Erbauung bis heute und außerdem
in unmittelbarer Geschlechtsfolge bewohnt wird, einer der ganz seltenen Fälle, in denen eine Überlieferung rein
durchgehalten werden konnte.
Aus den Erläuterungen, die auch hier Herr Geheimrat Schröder über die Geschichte der Burg und des Geschlechtes gab, erfuhren die
Burgenfahrer, daß der Ursprung bis auf Heinrich den Finkler zurückgeführt wird. Eine Urkunde im Kloster Bursfelde a. d. Weser vermeldet,
daß Kaiser Heinrich dem Edelfräulein Adelheid aus dem Gefolge seiner Gattin so viel Land zu freiem Eigentum schenkte, wie sie in
drei Stunden auf ihrem Zelter umreiten würde. Wenn auch die Grenzen der Herrschaft Adelebsen auf eine sehr großzügige Auslegung
dieser Erlaubnis zur Besitznahme und damit auf das Legendenhafte dieser Erzählung schließen lassen, so ist doch ersichtlich, daß hier der Kaiser
einen kleinen Verwaltungsbezirk einem seiner Getreuen anvertraute. Inmitten ihres Besitzes erbauten Adelheid und ihr Gemahl, der Ritter
Dithmar, die feste Burg Adeleifshusen, auch Adelevessen, Adeliebsen und schließlich Adelebsen genannt**).
Die Familie war abtfrei, erschien, solange ein Unterschied von den milite8 gemacht wird, stets als clomini oder nobiles, war schon
im 13. Jahrhundert mit den Hardenberg (Rostorp) durch mehrfache Heiraten verwandt. Im Archiv zu Adelebsen befindet sich eine Urkunde
aus dem Jahre 1289; hier sind als Zeugen aufgeführt: ,,Ulodilss viri clomini UsrtbolclöZ et Ostkmarus cks 7W6I6V6886N, V6tlmräu8 clö Uo-
8torp milit68 guorum 8issilla prs86ntibu8 8unt appsnmim . . ." Aus der Zueinanderstellung der beiden Geschlechternamen in der Urkunde
geht die Standesgleichheit der Adelebsen mit dem Dynastengeschlecht der Rostorp hervor. Reinhard von Adelebsen zog mit Herzog Heinrich
dem Löwen ins gelobte Land und stiftete nach seiner Rückkehr 1172 eine Kapelle, im Walde an der Schwülme gelegen, eine Stunde von
Adelebsen entfernt. Unter den mitgebrachten Reliquien befand sich ein goldener Ring, die Dornenkrone Christi darstellend. Dieser Ring
wurde von den Rittern über dem Eisenhandschuh im Turnier getragen. Der Großvater des jetzigen Majoratsherrn führte ihn als Rittmeister
des Königlichen Garde du Corps in der Schlacht bei Waterloo mit sich. 1449 gaben die Herren von Adelebsen zum erstenmal ihren Allodbesitz
dem Landgrafen von Hessen als Lehen, machten sich aber wenige Jahre darauf von dieser Lehensherrschaft wieder frei und begaben sich 1512
unter die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg. Ein eigentliches Ministerialverhältnis mit Hessen hat nicht bestanden. Die Familie hat
in der Geschichte des südhannoverschen Landes im 14. und 15. Jahrhundert eine große Rolle gespielt und den Ländern Hessen, Braunschweig
und Hannover zahlreiche höhere Beamte und Offiziere gestellt.
*) Eine gute Veröffentlichung über den Hardenberg finden wir im Berlage Alois Mecke, Duderstadt, aus der Feder von Heinrich Lücke.
Daselbst sind auch Grundrisse der Burg angegeben, die von Mitthoff stammen und das einzige bisher verfügbare Material dieser Art darstellen.
**) Der Ort erscheint schon 990 als Ethellevessum, wo ihn Kaiser Otto l ll. seiner Schwester Sophia, der Nonne in Gandersheim, schenkt.