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zogen; sie legen Zeugnis ab
von der Liebe zum alten
Stammsitz und voll der
K u n st a n s f a s s u n g über die
Gotik, die man in jenen
Jahren hatte. Wenn die
heutige Zeit mit Recht an -
nimmt, in ihrer historisch en
Auffassung über die damalige
Zeit h in aus g e w a ch se N zu
sein, svdarf diesnichtden
Grund bilden, die, wenn
auch n i ch t h ist o r is ch e ch t e n,
so doch im künstlerischen Sinne
der Wer Jahre entstandeneil
Räume geringer einzuschätzen
als andere Kunstwerke. Auch
der Weg des Historismus,
den wir an dieser Stelle in
beachtlicher Weise über-
schauen können, muß erkenn-
bar bleiben, bildet er doch
eine wichtige Vorstufe zum
heutigen Stande unserer
Wissenschaft und linseres
K u n st empfinde n s.
Der jetzige gräfliche Be-
sitzer, zugleich Dichter, gab in
formvollendeter Rede einen
Überblick über die Geschicke
seines Geschlechtes und seines
Besitzes, bewirtete dann im
Verein mit der Frau Gräfin die Teilnehmer an reich gedeckter Kaffeetafel und zeigte die Räume seiner schönen
Burg. Voll Dankbarkeit, für die der Vorsitzende, Herr Geheimrat Ebhardt, wiederum treffende Worte fand, schieden
die Teilnehmer von Burg Berlepsch.
Abb. 45. Refektorium des Klosters St. Wilhelmi, erbaut erste Hälfte des 14. Jahrhunderts, jetzt
Speisesaal der deutschen Kolonialschule „Wilhelmshof" in Witzenhausen (Werra).
Hannoversch - Münden.
Am Abend des zweiten Tages erreichte die Gesellschaft Hannoversch-Münden.
Hier, wo die Werra die Fulda geküßt,
Haben beide ihren Namen gebüßt.
In Hannoversch-Münden begann die eigentliche Weserfahrt. Nach dem Eintreffen reichte die Zeit noch zu einem
kurzen Gang durch die Stadt mit ihren alten, hochinteressanten Baulichkeiten. Auch hier wurde die Gesellschaft aufs
Liebenswürdigste von Kundigen, Herrn Geh.-Rat vr. Buchholz, Sanitätsrat vn. Muhle r t, Stadtbaurat vn. Pleuser,
Studienassessor Graefe, Fabrikant Blume, Konrektor Sittig und Buchhändler Thiene mann, geführt.
Der Abend vereinigte die Gesellschaft mit ihren bisherigen Gastgebern, die sich der Fahrt angeschlossen hatten,
und den Herren aus Hannoversch-Münden zu einem gemeinsamen Abendessen im hochgelegenen Hotel Andreesberg.
Herr Bürgermeister vn. Haar mann rief den Burgenfahrern ein herzliches Willkommen zu, und Herr Studien-
assessor Hans Graefe gab in knappen, sachlichen und ganz vortrefflichen Ausführungen einen Überblick über die
Geschichte der Stadt Hannoversch-Münden.
Am nächsten Morgen wurde die Fahrt auf einem Weserdampfer fortgesetzt. Hatten wir bisher aus den kurzen
geschichtlichen Schilderungen der Schicksale einzelner Burgell bereits die Andeutung entnehmen können, welche
Rolle die Zerrissenheit des deutschen Landes in seinem politischen Leben gespielt hat, so scheint es jetzt an: Platze,
ill großen Zügen auf die Gründe einzugehen, welche zu diesem ewigen Auf und Ab, zu diesem Kampf zwischen klein
und groß fortgesetzt geführt haben. Gerade das Weser-Bergland zeichnet sich vor anderen Gegenden unseres Vater-
landes durch Besonderheiten aus, aus denen diese allgemeine Eigenschaft abzulesen ist.
Von einem Anssichtsturm bei Hameln kann man in einen: Rundblick sieben verschiedene deutsche Landesteile
erfassen. Die Fahrt auf der Weser selbst läßt uns als tiefste Ursache hierfür die geologische Beschaffenheit des Landes
erkenneil, die wir nicht nur auf ihre hohen malerischen Reize, sondern mit dem tieferschnuenden Auge des Geologen
und Erdkundigen betrachten wollen. Wir geben daher einen kurzen Auszug der Ausführungen, die Herr Stndienrat
Fricke in Hameln wegen der Gedrängtheit der Zeit nicht mehr zum Vortrag bringen konnte:
Überblick über den geologischen Aufbau des Oberwesergebietes.
Zu der Zeit, wo sich die großen Steinkohlenlager Deutschlands bildeten, türmten sich in Mitteleuropa die Ketten eines alpenähnlichen
Hochgebirges auf. Doch kaum entstanden, wurde es schon wieder den: Untergänge geweiht. Die geheimnisvollen Kräfte des Erdinnern
zertrümmerten es, zerlegten es in Schollen, und diese sanken entweder in die Tiefe oder wurden von den zerstörenden Mächten der Ver-
witterung angegriffen und abgetragen.
zogen; sie legen Zeugnis ab
von der Liebe zum alten
Stammsitz und voll der
K u n st a n s f a s s u n g über die
Gotik, die man in jenen
Jahren hatte. Wenn die
heutige Zeit mit Recht an -
nimmt, in ihrer historisch en
Auffassung über die damalige
Zeit h in aus g e w a ch se N zu
sein, svdarf diesnichtden
Grund bilden, die, wenn
auch n i ch t h ist o r is ch e ch t e n,
so doch im künstlerischen Sinne
der Wer Jahre entstandeneil
Räume geringer einzuschätzen
als andere Kunstwerke. Auch
der Weg des Historismus,
den wir an dieser Stelle in
beachtlicher Weise über-
schauen können, muß erkenn-
bar bleiben, bildet er doch
eine wichtige Vorstufe zum
heutigen Stande unserer
Wissenschaft und linseres
K u n st empfinde n s.
Der jetzige gräfliche Be-
sitzer, zugleich Dichter, gab in
formvollendeter Rede einen
Überblick über die Geschicke
seines Geschlechtes und seines
Besitzes, bewirtete dann im
Verein mit der Frau Gräfin die Teilnehmer an reich gedeckter Kaffeetafel und zeigte die Räume seiner schönen
Burg. Voll Dankbarkeit, für die der Vorsitzende, Herr Geheimrat Ebhardt, wiederum treffende Worte fand, schieden
die Teilnehmer von Burg Berlepsch.
Abb. 45. Refektorium des Klosters St. Wilhelmi, erbaut erste Hälfte des 14. Jahrhunderts, jetzt
Speisesaal der deutschen Kolonialschule „Wilhelmshof" in Witzenhausen (Werra).
Hannoversch - Münden.
Am Abend des zweiten Tages erreichte die Gesellschaft Hannoversch-Münden.
Hier, wo die Werra die Fulda geküßt,
Haben beide ihren Namen gebüßt.
In Hannoversch-Münden begann die eigentliche Weserfahrt. Nach dem Eintreffen reichte die Zeit noch zu einem
kurzen Gang durch die Stadt mit ihren alten, hochinteressanten Baulichkeiten. Auch hier wurde die Gesellschaft aufs
Liebenswürdigste von Kundigen, Herrn Geh.-Rat vr. Buchholz, Sanitätsrat vn. Muhle r t, Stadtbaurat vn. Pleuser,
Studienassessor Graefe, Fabrikant Blume, Konrektor Sittig und Buchhändler Thiene mann, geführt.
Der Abend vereinigte die Gesellschaft mit ihren bisherigen Gastgebern, die sich der Fahrt angeschlossen hatten,
und den Herren aus Hannoversch-Münden zu einem gemeinsamen Abendessen im hochgelegenen Hotel Andreesberg.
Herr Bürgermeister vn. Haar mann rief den Burgenfahrern ein herzliches Willkommen zu, und Herr Studien-
assessor Hans Graefe gab in knappen, sachlichen und ganz vortrefflichen Ausführungen einen Überblick über die
Geschichte der Stadt Hannoversch-Münden.
Am nächsten Morgen wurde die Fahrt auf einem Weserdampfer fortgesetzt. Hatten wir bisher aus den kurzen
geschichtlichen Schilderungen der Schicksale einzelner Burgell bereits die Andeutung entnehmen können, welche
Rolle die Zerrissenheit des deutschen Landes in seinem politischen Leben gespielt hat, so scheint es jetzt an: Platze,
ill großen Zügen auf die Gründe einzugehen, welche zu diesem ewigen Auf und Ab, zu diesem Kampf zwischen klein
und groß fortgesetzt geführt haben. Gerade das Weser-Bergland zeichnet sich vor anderen Gegenden unseres Vater-
landes durch Besonderheiten aus, aus denen diese allgemeine Eigenschaft abzulesen ist.
Von einem Anssichtsturm bei Hameln kann man in einen: Rundblick sieben verschiedene deutsche Landesteile
erfassen. Die Fahrt auf der Weser selbst läßt uns als tiefste Ursache hierfür die geologische Beschaffenheit des Landes
erkenneil, die wir nicht nur auf ihre hohen malerischen Reize, sondern mit dem tieferschnuenden Auge des Geologen
und Erdkundigen betrachten wollen. Wir geben daher einen kurzen Auszug der Ausführungen, die Herr Stndienrat
Fricke in Hameln wegen der Gedrängtheit der Zeit nicht mehr zum Vortrag bringen konnte:
Überblick über den geologischen Aufbau des Oberwesergebietes.
Zu der Zeit, wo sich die großen Steinkohlenlager Deutschlands bildeten, türmten sich in Mitteleuropa die Ketten eines alpenähnlichen
Hochgebirges auf. Doch kaum entstanden, wurde es schon wieder den: Untergänge geweiht. Die geheimnisvollen Kräfte des Erdinnern
zertrümmerten es, zerlegten es in Schollen, und diese sanken entweder in die Tiefe oder wurden von den zerstörenden Mächten der Ver-
witterung angegriffen und abgetragen.