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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 29.1928

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Nr. 5/6
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30 Jahre Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.35079#0133
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109

zo Jahre Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen.
Euere Königliche HoheitZ!
Nieine Damen und Herren!
Heute am dreißigjährigen Stiftungstage unserer Vereinigung versammeln wir uns wie alljährlich, um im Kreise
unserer Mitglieder und Freunde einige Stunden der gemeinsamen Erinnerung zu verbringen.
Die Arbeiten unserer Vereinigung greifen auf mancherlei Felder des Könnens und Wissens über und unsere
Zeitschrift beschäftigt sich bald mit der Kulturgeschichte des Mittelalters, bald mit der Baukunst und den anderen
schönen Künsten, bald mit der Befestigungskunst von den ältesten Zeiten bis zur Neuzeit. Auch die Waffenkunde
müssen wir in das Gebiet unserer Betrachtung ziehen, da oft sie allein Antwort auf manche schwierige Fragen gibt,
die bei der Erforschung der Burgen und Burgruinen, ihrer Scharten und Zinnen auftauchen.
So vereinigt das anscheinend einseitige Gebiet der Burgenkunde bei tieferem Eindringen vielerlei Disziplinen.
Wir dürfen daher auch mit einem gewissen Recht unsere besondere Genugtuung ausdrücken über die Teilnahme
hervorragender Vertreter sehr verschiedener Berufe au unserer heutigen Feier.
Wir begrüßen als Führer auf dem großen Felde der technischen Wissenschaften den Vertreter der Tech-
nischen Hochschule, Seine Magnifizenz, Herrn Professor vr. Hamel, und als Vertreter der praktischen Kriegswissen-
schaften den Chef der Heeresleitung, Herrn General der Inf. Heye, ferner den Kommandanten von Groß-Berlin,
Herrn Generalmajor Grafen von der Goltz. Seine Magnifizenz der Rektor der Universität Geheimrat Prof. 1)r.
Hiß wurde leider im letzten Augenblick durch Erkrankung an der Teilnahme verhindert.
Wir begrüßen den Präsidenten der Akademie des Bauwesens Herrn Geheimen Hos-Baurat Geyer und den
Vorsitzenden des Architekten- und Ingenieur-Vereins, Herrn Vizepräsidenten Kühn, sowie eine Reihe weiterer
Künstler oder Ingenieure, wie Herrn Prof. Boost, Prorektor der Technischen Hochschule, und Herrn Geheimrat Prof,
vr. ü. o. Seesselberg. Endlich unter vielen anderen Herrn Geh. Vortragenden Legationsrat vr. Wendschuch vom
Auswärtigen Amt, der uns auf unserer Kärntner und Steiermärker Burgenfahrt als Deutscher Generalkonsul in
Klagenfurt tatkräftige Förderung hat zuteil werden lassen.
Meine Damen und Herren!
Die großen Winterfeste Berlins sind gewöhnlich solche Massenversammlungen, daß Ihnen der Kreis,
den Sie heute hier versammelt sehen, sehr bescheiden und unscheinbar Vorkommen wird. Es ist ja auch naheliegend,
daß in einer Zeit, in der alle Bestrebungen und alle Anstrengungen rein „sachlich" ausschließlich auf das Heute
eingestellt sind — ja, wo die Erinnerung an die Vergangenheit, und sei sie noch so stolz und groß, vielfach mit vollem
Bewußtsein und Willen abgelehnt wird —, die Reihen derjenigen enger werden, die sich unentwegt dankbar und
stolz der Größe deutscher Vergangenheit bewußt bleiben.
Es ist verständlich, wenn Jünger der Baukunst, die alle Erinnerungen und Lehren früherer Meister ablehnen,
ganz besonders die Reste einer kriegerischen Baukunst, für die ja in der neuen Welt des ewigen Friedens kein Platz
mehr sein darf, nicht mit jener Verehrung betrachten und mit jener Sorgfalt erforschen, die wir dieser Aufgabe
widmen.
Wer aber den Blick von dem theoretischen Verhalten der lauten Rufer im Streit unserer Tage hinwendet auf
die Vorgänge, die sich wirklich ereignen, der wird mit Erstaunen und mit Genugtuung feststellen, daß zu keiner Zeit
seit der romantischen Periode im Anfang des 19. Jahrhunderts eine so ganz allgemeine und begeisterte Beschäftigung
mit den Burgen und Burgruinen stattgefunden hat wie heute.
Wir, die Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen, dürfen uns einen wesentlichen Anteil an dieser Wand-
lung des tatsächlichen Verhaltens unseres Volkes zuschreiben. Unsere Arbeiten in den letzten 30 Jahren haben soviel
Widerhall gefunden, daß wir in der Tat hoffen durften, in den verschiedensten Kreisen unseres Volkes Anerkennung
und Nachfolge zu finden. Welches waren unsere Werbemittel?
Der erste Beschluß, den wir schon am Gründungstage faßten, betraf die Herausgabe der Zeitschrift „Der
Burgwart", und es sind seit 1899 bis heute eine ununterbrochene Reihe von Bünden entstanden, die nicht nur in
die Hände von Tausenden von Burgensreunden gekommen sind, sondern auch als Quellenschrift von Forschern: und
wissenschaftlichen Instituten und Bibliotheken geschätzt werden.
Die Zeitschrift war der Denkmalspflege geweiht, hat sich aber nicht, wie andere Zeitungen der Denkmals-
pflege, auf die denkmalspflegerische Seite beschränkt, sondern bat auch die geschichtliche Entwicklung und die tech-
nische, kriegerische, kulturhistorische und künstlerische Bedeutung der Burgen und ihrer einzelnen Teile in den Kreis
ihrer Betrachtung gezogen.
Unsere zweite Arbeit, die praktische Denkmalspflege, haben wir sodann an mancherlei einzelnen Burg-
ruinen und bewohnten Burgen und Schlössern durch Begutachtung, Beratung und in: Rahmen unserer bescheidenen
Mittel durch Wiederherstellung und Sicherung unterstützt.

H Ansprache des Vorsitzenden beim Jahresessen der Vereinigung am 12. Februar 1929 im Kaiserhof zu Berlin.
 
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