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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 16.1919/​1920

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Fastlinger, Karl: Das Grabmal des Bischofs Maurico im Dom zu Burgos: Eine Schmelzarbeit aus Limoges
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Herbert, M.: Michelangelo der Besiegte
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Herbert, M.: Der Sieger Michelangelo
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Herbert, M.: Der Tod des Michelangelo
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Herbert, M.: Der Kremser Schmidt
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https://doi.org/10.11588/diglit.55380#0062

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48

DAS GRABMAL DES BISCHOFS

MAURICIO IM DOM ZU BURGOS

vier gleichfalls mit Kupfer umkleideten Säulen
getragen1). Über dem Kopf des Bischofs hatte
sich der Schmelzkünstler verewigt mit der In-
schrift : Stephanus de Boisse me fecit. Das Denk-
mal Odos von Sully war eines der frühesten,
vielleicht die erste Grabfigur in Relief, die
aus einer Limusiner Werkstätte hervorging.
Der Bischof von Burgos hat sicher das Monu-
ment des baufreudigen Oberhirten von Paris
zu Gesicht bekommen und den Wunsch nach
einem eben solchen Epitaph mitheimgenom-
men. Und so steht heute sein eigenes Denk-
mal als Unikum für ganz Spanien in der von
ihm gegründeten Kathedrale. Ob der vor-
genannte Stephan von Boisse oder ein an-
derer Limusiner Meister oder einer der kunst-
beflissenen Mönche von Grandmont der Fer-
tiger des Grabmals ist, wird wohl nie ent-
schieden werden. Sicher aber ist, daß dieser
mit seiner skulpturalen Kunst, der Zeit weit
vorauseilend, ungleich höher steht als mit der
manuellen Fertigkeit des Emaillierens, durch
die Limoges über alle Kulturländer Europas
hinaus berühmt geworden ist, und daß er es
verdient, als ein Vorläufer in der schärfsten
Charakterisierung des menschlichen Antlitzes
an der Liegefigur Mauricios und als erster
Vertreter einer Schule in jeder Kunstge-
schichte einen Ehrenplatz einzunehmen.
K. Fastlinger
MICHELANGELO DER BESIEGTE

Sohn zweier Zeiten schritt er durch die Welt
Doch ging zum Ganzen sein unrastig Streben:
Mit Riesenfäusten formte er sein Lehen,
Bis er es nur auf seinen Gott gestellt.
O großer Kämpfer! Ungeheures Bild
Siegreichen Wollens! Lehre uns zu steigen
Zu deinen Höhn, wo aus den letzten Neigen
Des Bechers Stillung ew’gen Durstes quillt.
M. Herbert
DER TOD DES MICHELANGELO
Er redete nicht mehr. — Geheimnis tief
Lag über seiner letzter. Stunden Qual, —
Es ward sein stolzes Antlitz matt und fahl
Von schwerer Müdigkeit, eh er entschlief.
Doch einmal wurde noch sein Auge klar,
Er hob mit starkem Willen sich empor
Zur Abschiedsrede! Leiht mir euer Ohr!
Sprach er leis flüsternd zu der Freunde Schar.
O wißt es! Auf der Brust sitzt mir die Reu,
Weil ich so schlecht befolgte ew’gen Rat,
Für meine Seele viel zu wenig tat.
Und untreu war der grenzenlosen Treu.
Ja, dieses schmerzt mich, daß mich der Befehl
Von hinnen ruft, da ich auf ew’ger Bahn
Die ersten Schritte strauchelnd nur getan.
Ja, dieses schmerzt mich in der tiefsten Seel!
Daß ich ein schwaches Stammeln nur begann
In meiner Kunst. Daß mir’s im Tode tagt,
Wie ich die Anfangsworte bloß gesagt. —
So voll von Demut starb der größte Mann.
M. Herbert

Als er sie fand, die gütig war und rein,
Verharschte seiner Seele offne Wunde,
Kein leeres Märchen war hinfort die Kunde
Von ew’ger Liebe ird’schem Widerschein.
Sie heilte ihn mit ihrer stillen Hand,
Sie nahm ihn mit auf der Entsagung Wege,
Und lehrte ihn die letzten, steilen Stege,
erschuf ihm neu sein Heim und Vaterland.
Da gab er der Bamherzigen zum Lohn
Seliger Gnade ihre milden Züge,
Daß sie des Mitleids heiße Bitte trüge
Vor den Verwerfet, ihren ew’gen Sohn2).
M. Herbert
DER SIEGER MICHELANGELO
Er stieg empor aus der Antike Schoß.
Ihm hielt die Heidenkunst den Sinn
umsponnen;
Trank er auch tief aus dem Erlöserbronnen,
Ein innrer Zwiespalt ließ sein Herz nicht los.

x) Rupin E., 1. c. 158 ff.
2) Die Mater Dei auf dem Jüngsten Gericht soll die
Züge der Vittoria Colonna tragen.

DER KREMSER SCHMIDT
er Kremser Schmidt! Ich stand im dunklen
[Schiff,
Wo Bettler harrten lahm, gebeugt und blind.
Wo alte Weiblein, Gottes Ingesind,
Das letzte Stammeln brachten ihrem Herrn.
Da ragte hoch ein Altarblatt empor:
Am Kreuzesstamm sah ich den einzig Einen
Und ihm zu Füßen Magdalenens Weinen.
Ich hört’ es in die Seele tief hinein.
Aus Düsternissen flammte ihr Gewand,
Türkisenblau. Es schimmerte ihr Haar,
Das goldgesträhnt und voller Lichter war.
Doch nebensächlich schien das Farbenfest.
Weil gar so bitter die Erlösernot,
Weil gar so wirklich dieser Büßerschmerz.
— Vorjahren war’s: doch nie verlor mein Herz
Das heilige Bild, die stille Meistertat.
O Unbekannter! Wüßt’ ein Herz um dich,
Zu deinen Bildern müßte es wallfahren,
Die Kräfte Gottes neu zu offenbaren,
All deiner wundervollen Schönheit froh.1)
- M. Herbert.
T) Vgl. »Die ehr. Kunst«, XV. Jg., S. 178.
 
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