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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 16.1919/​1920

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Doering, Oskar: Joseph Maria Beckert
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Handel-Mazzetti, Hermann von: Die Hungertücher und ihre historische Entwicklung[1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.55380#0212

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190

DIE HUNGERTÜCHER UND IHRE HISTORISCHE ENTWICKLUNG


JOSEF MARIA BECKERT

Skizze, 1919. — Text unten

STILLE MENSCHEN

mers sticht das Blau des Frauengewandes wir-
kungsvoll ab, ohne daß doch die Ruhe und
Geschlossenheit der Farbenstimmung darunter
litte. Die seelische Empfindung aber wird da-
durch besser gehoben, als es durch irgend eine
andere Farbe geschehen konnte. Ganz ähn-
lich ist die Sache bei einer schon erwähnten
»Heimkehr des hl. Joseph«. Hier tritt zu Grau
und Blau noch das gedämpfte Grün des im
Hintergründe stehenden großen Himmelbettes.
Derselbe Mann erscheint auf dem zweiten
Bilde, wie er Abschied nehmend vor einem
blaugekleideten Mädchen kniet. Durch das
Dunkel des Zimmers erglänzt das Gold eines
Flügelaltars. Warme Töne findet Beckert in
seinem »Weihnachtslied« (Abb. S. 187). Ein
altniederländischer Innenraum; ein Mann sitzt,
vom Rücken gesehen, vor einer Orgel, die
junge Wöchnerin lauscht dem Liede, das er
spielt. Die Unterschrift nennt es: »Uns ist ein
Kindlein heut gebor’n usw.«. — Freundlich,
ernst, schlicht, volkstümlich ist die Skizze »Stille
Menschen «(Abb. oben). Tiefe Stimmung waltet
auch in diesem Werke des Maler-Dichters, des-
sen Kunst, wie es nur wenigen gegeben ist,
der Geist echten deutschen Empfindens erfüllt.
Wie sich seine Farbenauffassung und Kom-

positionsweise neuerdings ändert und abklärt,
gehört sie zu den Kennzeichen der zuneh-
menden Vertiefung des in seinen Werken sich
kundgebenden Denkens und Fühlens. Doering
DIE HUNGERTÜCHER UND IHRE
HISTORISCHE ENTWICKLUNG
Von HERMANN HANDEL-MAZZETTI
Etwa eine Stunde innabwärts der alten Berg-
werkstadt Schwaz liegt an steiler Berges-
lehne, von prächtigem Buchenwalde umgeben,
das Schloß Tratzberg. Nicht auf die herrlichen
Räume, in welchen sich die gotische und Re-
naissancekunst harmonisch die Hand reichen,
und seine reichen Sammlungen will ich auf-
merksam machen, sondern bei einem wenig
beachteten Stücke verweilen. An der Rück-
wand der Schloßkapelle hängt in schlechter
Beleuchtung eine bemalte Leinwand von 4 m
Länge, durch einfache orangegelbe Leisten in
zwölf zu zwei Reihen übereinander angeord-
nete quadratische Felder geteilt. Auf denselben
führt der Maler in fünf figurenarmen Bildern
Leidensszenen unseres Herrn und zum
 
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