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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 16.1919/​1920

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Doering, Oskar: Tagung für Denkmalpflege[2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.55380#0110

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TAGUNG FÜR DENKMALPFLEGE


WALTER CORDE (DÜSSELDORF)

PROJEKT FÜR AUSMALUNG DER ABDINGHOF-KIRCHE IN PADERBORN
Langschiff sw and. — Text S. Sj

TAGUNG
FÜR DENKMALPFLEGE
(Schluß)
m zweiten Verhandlungstage, der den Er-
örterungen über die Trennung von Kirche
und Staat galt, sprach als erster der Provinzial-
konservator Baurat Schmid-Marienburg. Er
beschränkte sich auf die preußischen Verhält-
nisse. Unter den Umwälzungen der letzten
Zeit hat die Trennung von Kirche und Staat,
Kirche und Schule die meiste Erregung her-
vorgerufen. Zwar ist die Trennung erst an-
gekündigt, und wenn sie auch gewiß kommt,
so ist doch jetzt vielleicht noch Zeit, etwas
zu retten. Die katholische und protestantische
Kirche waren bisher Gesellschaften öffentlichen
Rechtes; ihre Kulthäuser heißen Kirchen, ihre
Geistlichen sind Beamte. Vielgestaltig ist das
Patronatsverhältnis; bei der Hälfte aller Kirchen
war bisher der Staat Patron, der als solcher
auch Baulasten zu tragen hatte, oft sehr er-
hebliche Prozentsätze. Dazu kamen freiwillige
Gaben, Geschenke aus Gnadenfonds und dem
Dispositionsfonds des Kultusministers. Was
die Kirchen und die Gegenstände ihrer Aus-
stattung unter dem Gesichtspunkte des Denk-
malwertes betrifft, so hing ihre Veränderung
und Veräußerung von der staatlichen Ge-
nehmigung ab. Die Trennung bedeutet die
Aufhebung aller bisher bestehenden Gesetze
und Verordnungen, eine Stellung des Staates
zu den zwei Hauptkirchen, wie er sie gegen-
über den Juden, Mennoniten und anderen
einnimmt. Wie nun bei diesen infolge der
mangelnden Staatspflege mit der Zeit schon
sehr vieles kunst- und kulturgeschichtlich

Wichtige abhanden gekommen ist, so würde
es auch bei den Hauptkirchen geschehen.
Bisher lag für ihre beweglichen Denkmäler
keine Veranlassung zum Verkaufe vor, die
Scheu vor dem Staate hinderte auch, daß
viel Schlimmes in dieser Beziehung geschah.
Die finanzielle Beihilfe des Staates verhütete
Veränderungen und Verfall. — Wie wird es
aber, wenn die Trennung kommt? Religiös
gleichgültige Gemeinden werden alles ver-
nachlässigen, es werden bei ihnen Zustände
wiederkehren wie vor 100 Jahren, als man
sich z. B. nicht scheute, den schönen romani-
schen Dom von Goslar dem Abbruche preis-
zugeben. Religiös lebendige Gemeinden wer-
den danach trachten, auch gerade wegen der
Zurückstellung ihrer Kirche, das kirchliche
Leben aufrechtzuerhalten. Aber sie werden als
alleinige Zahler zu größter Sparsamkeit ge-
zwungen sein, nur das Notdürftigste, Unent-
behrlichste ausführen können und auf alles
andere, wie Heizung, neue Bemalungen, An-
schaffung von Kunstgegenständen, Herstellung
alter Kostbarkeiten usf. verzichten müssen.
Damit wird Zusammenhängen, daß die beweg-
lichen Denkmäler nun in Wahrheit »beweglich«
werden, d. h. dem Verkaufe anheimfallen, um
das dringend nötige Geld dadurch zu beschaffen.
Die Auffassung, die sich eingebürgert hatte, daß
z. B. der Verkauf eines alten schönen Altares
etwas Unehrenhaftes sei, wird unter solchen
Umständen verlorengehen, gerade die wert-
vollsten Denkmäler werden in den Handel
gelangen und ins Ausland abwandern. Alles,
weil der Staat versagt und die unmittelbaren
gottesdienstlichen Zwecke vorgehen. Ein wei-
terer Übelstand bei der Trennung ist, daß
 
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