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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 16.1919/​1920

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Doering, Oskar: Der Tiroler Maler Emanuel Raffeiner
DOI Heft:
Herbert, M.: Lionardo und Rembrandt
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https://doi.org/10.11588/diglit.55380#0166

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148

DER TIROLER MALER EMANUEL RAFFEINER

mischen Jubel. Wohl jauchzt das Jesuskind
einmal auf und wirft sich an den Hals der
Mutter. Aber sonst ist auch die Freude still,
dafür um so tiefer, innerlicher. Geistiger
Inhalt, Empfindung, Form vereinigen sich,
um die Werke dieses Künstlers zu Andachts-
bildern besten Ranges zu machen. Bilder,
in denen das Nazarenertum zwar nicht zu
verkennen ist, sich aber nicht in Unselb-
ständigkeit, noch weniger in den Mängeln
des nazarenischen Epigonentums fühlbar
macht. Sondern es ist der wohlklingende
Grundton, der das Ganze weihevoll durch-
schwebt. Es hat sich zur Freiheit durchge-

rungen, ohne sein Bestes zu verlieren. Es
ist Wahrheit, verkündet von einem echt deut-
schen Gemüte. Raffeiners Kunst redet nicht
italienisch, sondern ein gutes edles Deutsch,
wie es unsere großen Meister — Führich oder
Steinle — vor ihm gesprochen haben. Des-
halb bewegt sich sein Denken und Empfinden
auch, ähnlich dem ihrigen, in den Bahnen
der Romantik. Märchenvisionen schweben
ihm vor, und die Sehnsucht erfüllt ihn, als
ihr Verkünder die deutsche Phantasie aus
ihrem Schlummer zu erwecken, das verarmte
deutsche Herz wieder zu bereichern.
Doering

EMANUEL RAFFEINER, DIE KINDER DES KÜNSTLERS VOR DER MADONNA
Zeichnung von 1915. Im Besitz von Dr. Franz Grüner. — Text S. 144.


LIONARDO UND REMBRANDT

Und Lionardo sprach zuerst vom Licht. —
Er band der Strahlenbündel Helligkeit
Ein in sein Suchernetz. Er mischte Schatten tief
Mit warmer Sonne sanftem Widerstreit
Und Gold getränkt in Wärme stand sein Werk.
Er holte von dem Himmel sich den Glanz:
Ein Promethide. Erdendüsternis
Fing er im mag’schen Spiegel seiner Kunst,
Bis er der Schönheit Seele an sich riß. —
Und Lionardo sprach zuerst vom Licht.
Doch Rembrandt war des Lichtes größter Sohn.
Der Daseinstrunk’ne tauchte in das Meer

Des Chaos tief, wo es der Schöpferschein
Des Herrn durchbrach mit seinem Feuerspeer.
Des Werdetages Funken traf sein Herz
Und stach ihm jeder Erdenblindheit Star.
Des Lichtes Seele ward ihm offenbar.
Das selige Geheimnis ihrer Kraft.
Rembrandt hat erfurchtsvoll und still erlauscht
Wie Licht der Farbe Wesen so erhöht,
Daß Licht geworden, sie das Leben sprüht.
Und ihres Daseins Skala jubelnd mißt,
Bis schimmernd sie im Geiste Gottes glüht.
Denn Rembrandt war des Lichtes größter Sohn.
M. Herbert
 
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