Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 16.1919/​1920

DOI Artikel:
Blum, Anna: Landshut und Trausnitz
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.55380#0147

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
LANDSHUT UND TRAUSNITZ

131


GEORG SCHREINER (REGENSBURG) KRIEGERDENKMAL
Jn St. Emmeram zu Regensburg. — Text S. 34 des Beiblattes

zu Füßen, ein rascher Fluß,
der ostwärts strömte und viel-
leicht — sie wußte das nicht
so genau — Heimatgaue be-
spülte. Hier ein vom steilen
Abhang nur karg bemessenes
Gärtchen mit Rosmarin und
Epheu, ein enger strenger
Hof und als einzige Abwechs-
lung die Messen in der klei-
nen Kapelle oder der Besuch
und die geistlichen Ermahnun-
gen des Kaplans. Dort Tanz
und Spiel — Tourniere im
weiten Raume des Hofs —
breite Bogengänge, Ritter und
Gäste . . .
Die Wittelsbacher haben die
Trausnitz, haben Landshut
gegründet. Beide Entstehun-
gen fallen in den Beginn des
13. Jahrhunderts. Das ältest
erhaltene Stück Innenraum ist
die schöne romanische Schloß-
kapelle mit den Halbfiguren
der Apostel an der Empore.
Aus den Jahren um 1400 stammt
der Bau der no Meter tiefen,
in Bruchstein gehauenen Zi-
sterne, deren Eimer an starken
Ketten das Wasser vom Grund
der Isar schöpften. Großzügig
ist der ganze Schloßbau auf
dem Hügelvorsprung angelegt.
Im einen Teil ist jetzt das Archiv von Nie-
derbayern untergebracht — der andere Flügel
birgt im ersten Stockwerk jene reich bemal-
ten farbenfrohen Säle, in denen die Herzöge
wohnten und Hof hielten. Prächtige Kachel-
öfen legen von derTöpferkunst des Mittelalters
Zeugnis ab. Ein Gemach enthält die Galerie
der fürstlichen — Hofnarren in Ölgemälden.
Eine Wendeltreppe, die sogenannte »Narren-
treppe«, überrascht durch die—leider wie auch
die Saalbilder — z. T. übertünchten, ausgezeich-
neten Fresken, schalkhafte und ernste lebens-
große Gestalten, die Szenen aus Dantes Gött-
licher Komödie vorstellen sollen.
Das obere Stockwerk ist »wohnbar« gemacht
worden unter König Ludwig II., mit Holz an
Wänden und Decken vertäfelt und mit ent-
sprechenden Möbeln ausgestattet und Vorhän-
gen, deren prachtvoller Brokat und Seidenstoff
von seiner Prunkliebe zeugt.
Aber gern schweift von hier der Blick
durch die Fenster, die das weite Land mit
den buntverstreuten Ortschaften, alten Kirch-
lein, Schlössern und Herrensitzen beherrschen

und dem mächtigen Martinsturm in den Glok-
kenstuhl und auf die Kranzgesimse seiner Helm-
spitze schauen.
Das weite Land — das reiche Land! Acker
an Acker, Wald an Wald, Obst und Wiesen!
In den Zeiten der Absperrung vom Ausland
muß solch eine Zugehörigkeit doppelt geschätzt
werden. Landshut ist die Zentrale für dies frucht-
bare Gebiet. Und über Landshut liegt nicht
die tote Stille andrer, von der Erinnerung an
einstige Bedeutung zehrender Orte gebreitet.
Nicht wie Burghausen, das der einstige Salz-
handel flüssewärts aufblühen ließ und das die
Gnade der Herzöge begabte, ist seine Rivalin
in der fürstlichen Gunst in sich selbst zurück-
gesunken. Burghausen hat unter derpolitischen
Abtrennung des ihm vorgelagerten Innviertels
gelitten; es ist an die Grenze gepreßt worden.
Das hat seinen Aufschwung gehemmt. Lands-
hut ist Mittelpunkt geblieben, wenn auch in
anderer Beziehung als früher. Es hat den Wohn-
sitz der Herrscher, es hat auch die ihm auf
kurze Dauer verliehene Universität an Mün-
chen abgegeben. Aber doch quillt und quirlt

18*
 
Annotationen