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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 15.1994

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Kern, Ulrich: Die Zweifel des Anwalts - mehr Fragen als Antworten
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https://doi.org/10.11588/diglit.31839#0069

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Ulrich Kern

Die Zweifei des Anwalts -
Mehr Fragen als Antworten

1. Einleitung

Dem Design-Manager geht es um die Gestal-
tung. Allerdings nicht auf der Ebene der unmit-
telbaren Formgebung, der Ebene der Dimen-
sionen, Proportionen, Radien und Oberflächen.
Sondern auf der Ebene der Konzeption, des
Managements - also der Voraussetzungen für
Gestaltung, der Organisation von Design-Pro-
zessen, ihres Einfügens in größere Kontexte.
Der Design-Manager macht in einem Unterneh-
men und für andere Unternehmen Design, ist
in der Design-Praxis und nicht beispielsweise
in der Wissenschaftstheorie tätig und versucht
dennoch, über den Tellerrand des Tages-
geschäfts hinaus zu schauen.

DerTitel des Vortrags „Die Zweifel des Anwalts

- Mehr Fragen als Antworten“ basiert auf der
Behauptung, daß der Designer der Anwalt des
Verbrauchers sei. Ob dies in seiner Ausschließ-
lichkeit so richtig ist, sei dahin gestellt.

Die folgenden Ausführungen beruhen auf der
Prämisse, daß das Leistungsspektrum des De-
sign-Managers sich in drei Aufgabenfelder glie-
dern läßt:

- Unternehmensdiagnose

- Unternehmensgestaltung

- Unternehmenssteuerung.

Eine fundierte Diagnose ist die Voraussetzung
für Positionierung des Unternehmens und Kurs-
korrekturen. Im Bereich der Unternehmens-
gestaltung arbeitet der externe Design-Mana-
ger Maßnahmenprogramme aus und begleitet
seine Kunden bei allen für die Realisierung wich-
tigen Schritten. Zu seinen Leistungen bei der
Steuerung von Unternehmen gehört der Aufbau
eines effizienten Design-Controllings. Design ist
also Leistungsteil eines Unternehmens. Und
dieses wiederum Beteiligter am Wirtschaftspro-
zeß. (Abb. 1)

Um in die Problematik des Themas einzufüh-
ren, hier ein Szenario. Lassen Sie sich in den
Weltraum entführen.

Stellen Sie sich vor, Sie umkreisen in einer
Raumstation die Erde. Ein Fernsehsender hat
Sie hochgeschossen - vielleicht der private
amerikanische Nachrichtenkanal CBN. Die An-
tennen, die Sensoren, die Meßinstrumente der
Raumstation tasten die Erde ab. Alles, was pas-
siert, wird registriert und von den Bordcomputern
analysiert. Ihre Redaktion plant ein Feature über
das Thema „Internationaler Wettbewerb“. Sie
fragen Ihren Computer, was er unter den Stich-
worten Unternehmen, Produkte, Tendenzen,
Wettbewerb usw. gespeichert hat.

Vielleicht spuckt er zunächst einen Schwall von
ungeordneten Informationen aus.

2. Beispielhafte Wettbewerbsfacetten

Stichwort Wettbewerb: Der 7er von BMW kon-
kurriert mit der S-Klasse von Mercedes-Benz.
Die beiden Unternehmen stehen insgesamt im
Wettbewerb zueinander. Das Auto steht im
Wettbewerb zu anderen Konsumgütern, bei-
spielsweise einem Luxusurlaub. Es gibt auch
eine Art von Wettbewerb zwischen der „Freude
am Fahren“ und dem Umweltbewußtsein, das
dazu rät, auf das Auto zu verzichten.

Auch Produktbereiche konkurrieren: PC’s ha-
ben die Schreibmaschinen überflüssig gemacht.
Desktop Publishing drängt die Typostudios vom
Markt.

Politische Systeme konkurrieren: Der Ostblock
ist zerfallen. Die Konfrontation hat sich aufge-
löst. Der Bedarf an Raketen und Panzern ist
gesunken.

Unternehmen stehen in vielen Ebenen im Wett-
bewerb: Der wichtigste Mann der Abteilung Pro-
duktentwicklung verläßt das Unternehmen und
geht zur Konkurrenz.

Wettbewerb auch innerhalb der Unternehmen:
Zwei Abteilungen arbeiten nicht miteinander,
sondern gegeneinander.

Wettbewerb in den unterschiedlichsten Formen,
auf allen Ebenen. Mit dem Blick aus der Raum-
station - also aus extremer Distanz - beginnen
Sie und Ihre Redaktion auf der Erde, die Infor-
mationen zu analysieren und zu verdichten.
Zeigt sich ein Trend? Was bestimmt den Wett-
bewerb in Zukunft? Was wird den Ausschlag
geben?

Nun, sicher wird auch morgen noch der Wett-
bewerb in vielen Marktbereichen direkt über das
Produkt, seine Leistung, seine Qualität, seinen
Preis ausgetragen. Es läßt sich aber schon jetzt

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