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Deutsche Kunst.

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Zimmern des Wittelalters, eine weiße Fläche. Oben sind, in
einen Fortes verflochten, die Namen der bisherigen Vorsitzenden
des Vereins verewigt. Rechts neben dem Kneipsaal liegt, durch
zwei Stockwerke hindurch mit einer Wendeltreppe in sich ver-
bunden, die Bibliothek, links der langgestreckte Billardsaal.
Dieses edle Spiel wird im Verein sehr gepflegt und eine ganze
Reihe der mit dem grünen Tuch bedeckten, „banden" - um-
schlossenen Marmortische ist stets auf lange Zeit vorher belegt.
Um hier das lästige Aufstellen von Tischen zu vermeiden, hat
Hoffacker eine Boiserie erfunden mit Sitzen und Klapptischen.
Gleich dem Kneipsaal hat der Billardsaal eine reich ornamentirte
Holzdecke. Er ist um etwa V/2 m über das Niveau des Kneip-
saales erhoben, weil unter ihm die Kegelbahnen angelegt sind.
Line Anzahl kleiner Klubzimmer, die Kostümkammer und
die Verwal-
tungs- und
wirthschafts-
ränme, sind
theils über den
Ausstellungs-
sälen, theils in
einem seitlichen
Flügel einge-
baut, der wie-
derum durch
eine unmittel-
bare Einfahrt
von der Straße
her zu erreichen
ist. Trefflich ist
es gelungen,
alle Räume mit
Licht zu durch-
fluthen, und die
Heizung, die
natürlich eine
zentrale ist, ist
nicht wie sonst
meist in Aus-
stellungen und
Museen in der
Mitte des Rau-
mes im Fuß-
boden ange-
bracht, sondern
die Wärme
wird aus der
wand strömen,
in der die Heizkörper lagern. So ist auch der technische Theil
des Baues meisterhaft gelöst.
Cs ist ein Werk in die Hände des rechten Meisters gelegt
worden; möchte doch auch bei der weiteren Ausschmückung Meister

Hoffacker das entscheidende Wort behalten, auf daß nicht Stil-
widriges eindringe in die geschaffene Harmonie.
Lin würdiges „Künstlerheim" ist erstanden, möge es ein
ebenso würdiges „Heim der Kunst" werden. Und bringt es
nur das eine mit sich, daß die Kämpfe, die in der Kunst das
Leben bedeuten und die Fortentwicklung sich alle in diesem Hause
abspielen und nicht draußen. Hat doch schon die Cröffnungs-
ausstellung zu heftigen Kämpfen Veranlassung gegeben, die dem
bei der Linweihungsfeierlichkeit geleisteten Versprechen der Einig-
keit wenig entsprochen. Natürlich galt es auch hier wieder der
Jury, die in besonderem Gerechtigkeitsgefühl „Alte" und „Junge"
mit gleichem Maße messen wollte und zahlreiche Angehörige beider
Parteien von der Schwelle zurückgewiesen hatte. Die hatte es
natürlich keinem recht gemacht und mußte es am eigenen Leibe
erfahren wie
unangenehm
es ist, sich zwi-
schen zwei
Stühle zu
setzen. Schade,
daß Jury und
Hänge - Kom-
mission noth-
wendige Nebel
sind. Vielleicht
kommt einmal
dieZeit, wosich
niemand mehr-
bereit finden
läßt, eine Wahl
anzunehmen.
Die schönen
Ausstellungs-
räume des
neuen Künstler-
heims werden
erst dann einer
besserenBilder-
auswahl als
würdiger Rah-
men dienen,
wenn die
Künstler sich in
ihrem eigenen
Interesse an
Selbstzucht ge-
wöhnt haben.
Line Vereins-
ausstellung bietet deshalb besondere Schwierigkeiten, weil das
Figurieren auf der Liste gewisse Rechte gewährt. Man wird sich
durch andere Mittel wie früher vor dem Mißbrauch dieser Rechte
schützen müssen. Earl Langhammer.

L. Hoffacker, Das Berliner Rünstlerhaus, Vorhalle im Treppenaufgang.


Nordische Runstwebereien.

L'/l m Lichthofe des königlichen Kunstgewerbe-Museums sind
Kunstwebereien ausgestellt, welche die Nordische Kunstweberei
Ges. m. b. H. in Berlin ausgeführt hat. Die Technik derselben ist
eine rein mittelalterliche, die sich in Schweden und Norwegen noch in bäuer-
lichem Betriebe erhalten hat und dort in neuerer Zeit durch patriotische Ver-
einigungen frisch belebt ist. Der Grund der durchaus in Handarbeit her-
gestellten Stücke ist gewebt, die Muster werden mit der Hand eingeknüpft.
Namentlich die Gobelinwebereien machen Anspruch darauf, als Kunstwebereien
angesehen zu werden. Da die Zeichnung des Musters nicht durch Schußfäden,
die wagerecht durch die kette laufen, hervorgerufen werden kann, ist jedes
mechanische Verfahren ausgeschlossen, vielmehr muß jeder Faden einer be-
stimmten Farbe mit der Hand so durch den Theil der kette, den er eiir-
zunehmen hat, geführt werden, daß er eine bestimmte Fläche mit dem seiner

Beschaffenheit zugewiesenen Theile des «Ornamentes bedeckt. Stellenweise
werden dabei die Fäden auf der Rückseite geknüpft, wie mühsam die Her-
stellung solcher Webereien ist, dafür spricht ein aus zwei blauen Tönen,
Schwarz, weiß, Grün und Braun zu einer vornehmen, harmonischen, pfau-
schwanzartigen Wirkung zusammengestelltes Stück Gobelintapete im Formate
von 138/165 cm, an dem zwei Arbeiterinnen 45 Tage gewebt haben,
während in der Gobelinart dieser Tapete nur feinere Muster in weniger
monumentalem Stile ausgeführt werden, eignet sich eine zweite, röcHaüan
benannte, durch die Verwendung gröberen Materials besonders für größere,
dekorative Motive. Das mühsamste Verfahren verlangt das rauhe KrabbagirLr;
und am ehesten in Aufnahme kommen dürfte das ciakagäng, eine Weberei,
die schon im Jahre 50 nach Christi Geburt weit verbreitet gewesen ist und
auch heute noch im Orient besteht. Tine Tapete mit dem Motiv fliegender
 
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