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rutsche Kunst.

Keiblait: Has Wetter.

Zllustrirte Zeitschrift für das gesammte deutsche Kunstschaffen

Zentral-Organ deutscher Kunst- und Künstler-Vereine

Ur. 15

25. Irmr 18SS

III. Jahrgang

preis vierteljährlich 2.80 Mark.
Postzeitungsliste Ur. U74.

Alle 14 Tage erscheint eine Nummer.
Inserate: 4ö Pfennige für die 4 ge-
spaltene Nonpareille-Ieile.


Herausgegsben von
Georg MallwwMg.
Schrifkeikuug und Verwaltung Berlin W.57, Steinmehstr. 26.

Die Berliner Seccesfion.
Don Georg Malkswsky.

-MZUsnter dem Sammelbegriff Sccejsion vereinigt sich in den
HMU einzelnen kunstcentren eine Reihe von künstler-
odM Vergesellschaftungen, deren Bildung auf die verschiedensten
Ursachen zurückzuführen ist. In München traten die
persönlichen, in Dresden und Karlsruhe die künstlerischen Fragen
in den Vordergrund, in Berlin spielte die Ausstellungsfrage die
Hauptrolle.
Die eigentliche Entstehungsgeschichte der Berliner Secession
ist in den Tageszeitungen mit den üblichen Irrthümern und
Berichtigungen genügend ventilirt worden, gewisse Interna ge-
hören nicht vor das Forum der Öffentlichkeit. Zu erörtern bleibt,
was die Secession für das Kunstleben der Rcichshauptstadt zur
Zeit bedeutet und in Zukunft im Falle ihres Fortbestehens be-
deuten kann.
Auch der konservativste Ausstellungsparkschwärmer wird sich
der Beobachtung nicht haben entziehen können, daß die alljährliche
Bilderschau in Moabit Manches zu wünschen übrig läßt. Cs ist
ein müßiges Unternehmen, zu untersuchen, wer die Schuld daran
trägt, daß man dort von Jahr zu Jahr mehr gangbare Maare,
als erlesene Kunst zu sehen bekam. Im Allgemeinen durfte es
sich um einen Organisationsfehler handeln. Daß der Künstler-
schaft die Erträgnisse aus ihren Ausstellungen in irgend welcher
Form zu gute kommen, ist recht und billig. Dagegen mußte sich
die Verbindung von Akademie und Berliner Kunstverein als
Leitern der Ausstellung als ein Mißehe erweisen. Herr von
Werner als Vorsitzender des Vereins thut nicht mehr als seine
Pflicht, wenn er seinen Mitgliedern möglichst viele Plätze in der
Ausstellung sichert. Für ihn handelt es sich um einen Bilder-
markt, der Gelegenheit zum Absatz bietet. In der Akademie
dürfte der Tendenz dieser illustren Körperschaft entsprechend die
Absicht vorherrschen, alljährlich oder in längeren Zwischenräumen
eine Cliteschau deutschen Kunstschaffens zu veranstalten. Das
Ergebnis; dieser verschiedenen Zielen zustrebenden Mühewaltung
sind „Separatausstellungen älterer anerkannter Meister" einerseits
und Heranschaffung „frischer mehr oder weniger gangbarer Markt-
waare" andererseits. Für Erhaltung und stimmungsvolle
Dekoration der Räume sind Fonds nicht vorhanden, ja es
bedarf besonderer Finanzoperationen um trotz der nach jeder
Ausstellung zwischen Akademie und Verein getheilten Ueberschüsse
die für die nöthigsten Reparaturen zu verwendenden Gelder herbei-
zuschaffen.

Man muß München und Dresden zum Vergleich heran-
ziehen, um sich darüber klar zu werden, wie sehr Berlin im
Ausstellungswettbewerb hinter seinen beiden Konkurrentinnen
zurückgeblieben ist. Dementsprechend hat auch das Interesse des
Publikums abgenommen, dessen (Quantum sich leicht feststellen
ließe, wenn man einmal den Muth hätte, es ohne Bierpark,
Halbwelt und Militairmusik zu versuchen. Der Mangel an Muth
sichert der alljährlichen Bilderschau im „Landesausstellungs-
Gebäude" das Fortbestehen, und das ist gut so um der materiellen
Interessen der Künstlerschaft willen.
Die Trennung innerhalb des Berliner Künstlervereins hat
sich seit einem Jahrzehnt vorbereitet in stetem Zusammenhänge
mit der Ausstellungsfrage. Der Streit entbrannte von Neuem,
sobald es sich um Iur^ und Hängekommisston handelte. Personen-
kompromisse konnten die grundsätzlichen Meinungsunterschiede
nicht aus der Welt schassen, und als man im vergangenen Jahre
einmal eine Machtprobe veranstaltete und die Minorität bis auf
einen verschwindenden Anstandsrest aus den oben genannten
Körperschaften hinausmajorisirte, fand man endlich den Muth zu
einer reinlichen Scheidung. Die Antwort auf die Forderung
gesonderter Räume, einer eigenen Iur^ und Hänge-Kommisston
für eine inzwischen gebildete Gruppe jüngerer Oppositionskräfte
wurde mit der Wahl Anton von Werner's zum Vereinsvorsttzenden
beantwortet, und die erwähnte Eingabe, wie zu erwarten, in
Form einer höhnenden Zustimmung — abgelehnt. Da sich die
Mitglieder verpflichtet hatten, im Falle einer Verweigerung ihres
Gesuches, der Großen Iahresausstellung fern zu bleiben und
womöglich ein eigenes Unternehmen zu wagen, war die Ausstellungs-
frage eine brennende geworden.
Um einen Kampf um die sogenannte „neue Kunst" konnte
es sich nicht mehr handeln, das war in München und Dresden
entschieden, ehe Berlin zu Worte kommen konnte. In der Reichs-
hauptstadt hatte man sich die Vertreter der modernen Ismen
zunächst mit kühlem Skeptizismus angesehen, sich an sie gewöhnt
und sie sogar als belebendes Element anerkannt. Daß man im
Auslande anders malte, als in der Hochschule für die bildenden
Künste gelehrt werde, hatte man auch in Erfahrung gebracht.
Neues und Erschreckliches konnte somit ein verehrliches Publikum
von der Berliner Sezession nicht erwarten.
Auch die Organisation der jungen opponirenden Körperschaft
vollzog sich verhältnismäßig leicht. Die Gruppen der Lils, des
 
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