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Kriblatt: Has Atelier.
Zllustrirte Zeitschrift für das gesammte deutsche Kunstschaffen.
Zentral - Drgan deutscher Kunsts und Künstler Mereine.

preis vierteljährlich 2.80 Mark.
Postzeitungsliste Nr. N74.

Herausgegeben von
Georg MalkowMp.
Schriftleikung und Verwaltung Berlin W.57, Steinnrehstr. 26.

Alle 14 Tage erscheint eine Nummer.
Inserate: 40 Pfennige für die 4ge-
spaltene Nonpareille-Aeile.

Publikationsorgan des Deutschen Kunstvereins in Berlin, des Schlesischen knnstvereins in Breslau, des Kunstvereins für das Grohherzogthum Hessen in Darmstadt, des Anhaltischen Kunst-
vereins in Dessau, des Württembergs chen Kunstvereins in Stuttgart, des Schleswig-Holsteinischen Kunstvereins in Kiel, der Knnstvereine in München, Vldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera,
Altenburg, Liberfeld, Barmen, Bielefeld, Görlitz, Danzig, Königsberg, Stettin n. a.

Up. 8.

31 Ianrrar 1899.

III. Jahrgang.

Die neue Rheinbrücke zwischen Bonn und Beuel.

Von Hans Marshall.


Am 17. De-
zember vorigen
Jahres ist die
neueRheinbrücke
zwischen Bonn
und Beuel dem
Verkehr über-
geben worden.
Als eiserne Bo-
gendrücke über-
spannt sie den
Strom, der hier
400 Meter breit
ist, eine impo-
sante Konstruk-
tionsarbeit des
Ingenieurs Pro-
fessor Reinh.
kroh n in Ster-
krade, der an
R. Schneider,
Berlin, eine tüch-
tige Mitarbeit für

Doppelsäulenkapitell von der Rheinbrücke zwischen
Bonn und Beuel.

den Tief- und
Gteinbau gehabt
hat. Sie ist ein

Bauwerk, in dem neben der struktiven Bedeutung des Eisens für
die Gestaltung der modernen Architektur auch die künstlerische
Verklärung des struktiven Gedankens durch eine dekorative Verwen-
dung des festen Materials glücklich in Erscheinung tritt.
In drei, auch durch die Anwendung des Trägersystems
markirten Theilen legt sich die Brücke über den Strom. Die
beiden kleineren Cndstrecken führen vom Ufer zu den gewaltigen
Pfeilern, auf denen zwei stadtthorartige Steinbauten mit ihren
Thurmpaaren emporragen. Zwischen den Thürmen, die Dach und
Obergeschoß eines romanischen Hauses flankiren, wölbt sich über
der breiten für den Wagenverkehr bestimmten Bahn ein weiter
Bogen; zu seinen beiden Seiten durchbrechen kleinere Thore die
Thürme und bilden den Durchgang für Fußgänger. Die roma-
nischen Thorbauten bringen in den leichten, elastischen Bau den
Zug der Festigkeit und Sicherheit. Die Pfeiler erscheinen durch
sie kräftiger betont und erhöhen so den Eindruck der Widerstands-
fähigkeit gegen Eisgang und Hochfluth. Zugleich aber leiten die

Thore über zu dem mittleren Theil der Brücke, dessen hohes
Cmporsteigen mit den eben gehaltenen Seitentheilen vermittelt
werden mußte. Während die Breite dieser noch gestattete, den
Bogen ganz unter die Fahrbahn zu legen, mußte er bei der
größeren Mittelöffnung darüber gelegt werden. Um eine häß-
liche Durchschneidung des Bogens mit der Fahrbahn zu ver-
meiden, steigt der Obergurt direkt von ihr in weitem Bogen auf
und wölbt sich in seiner ganzen Breite von Pfeiler zu Pfeiler
über der Fahrbahn bis zu einer Scheitelhöhe von über 22 Meter.
Ebenso imposant als durch seine Höhe wirkt der Mittelbau durch
die größere Lichtweite der Stromöffnung. Da ihre Stützweite
zwischen den Auflager - Gelenkmitten 187,2 Meter beträgt,
besitzt die Mittelöffnung die größte Spannung aller bisher aus-
geführten Bogendrücken, von denen beispielsweise die Duero-
Brücke bei Oporto eine Oeffnung von 172 Meter und die neue
Düsseldorfer Rheinbrücke zwei Oeffnungen von je 181 Meter auf-
weist. Die Länge der ganzen Brücke beträgt von einem Rampen-
fuß bis zum andern gemessen 853 Meter, ihre Breite fast 14 Meter.
„Sicher und kühn" ist das Werk erstanden, wie es in der bei
der Grundsteinlegung am 15. Oktober 1896 niedergelegten Urkunde
war gewünscht worden. Aber auch den Forderungen der Schön-
heit ist in reichem Maße mit ihm Rechnung getragen. In das
reizvolle Landschaftsbild fügt sich der neue Brückenbau mit seinem
mächtig und in reiner Linie emporragenden Bogen ohne Störung
ein und auch der historischen Romantik des Rheinftroms schmiegt
er sich in seiner architektonischen Gestaltung pietätvoll an, eine
glückliche, gleichwerthige Vereinigung modernen Lebens in der
freien verwerthung zeitgemäßen, festen Materials und erinnerungs-
reicher Vergangenheit in der künstlerischen Lösung der schwierigen
Aufgabe, die dem Architekten Bruno Möhring durchaus ge-
lungen ist. Er braucht also die scharfe Kritik nicht zu fürchten,
die nach der im Verlage von Emil Strauß in Bonn erschienenen
Festschrift zu erwarten steht. Die Furchtlosigkeit des Architekten
gegenüber der öffentlichen Meinung, welche die Festschrift nament-
lich bei seinen Bestrebungen zu einer künstlerischen Ausstattung
der Eisenkonstruktion besonders anerkennt, wird in einer Zeit, die
sich überall loszumachen sucht von der Tradition, ihre gebührende
Anerkennung auch in weiteren Kreisen finden. Möhring bot
sich für solche Schmuckformen keine Ueberlieferung, an die er sich
hätte anschließen können, da vordem für solche Dimensionen und
eine derartige Massenverwendung das Eisen noch keinen Gebrauch
zu dekorativen Schmuckformen gefunden hat. Aber auch in der
Ausschmückung des Steinbaues hat der Architekt eine starke Eigen-
 
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