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Deutsche Kunst.

ruhen, ohne sie eigentlich zu tragen. Die Konsole schliesst nicht
fest nach unten hin ab, sie verläuft gewissermaßen in einem
blumenartig gestalteten Untergliede. Das (Ornament überspinnt
die Lauform, aber sie läßt ihr festes Gerüst durchschimmern.
Besonders harmonisch wirkt der Gnrtbogenanfgang im Lin-
gangsflur. Line im Geiste des romanischen Stils gebildete Lnle
mit ausgebreiteten Flügeln trägt schwebend eine Reliefplatte, über
die sich seitlich Cpheuranken mit Blättern und Blüthendolden
ausdehnen, während in der Mitte eine Distelblume emporspriesst.
Das Grundmotiv einer Deckenfüllung im großen Ausstellungs-
saale bildet ein wilder Rosenbusch mit gerade aufstrebendem, ein

füllt. Diese selbst gehen unmerklich in Schwanenhälse über,
während die Flügeibildung sich volutenartig gestaltet. Aus der
Fläche heraus entwickeln sich die Ranken eines Rosenbusches,
die dornengeschmückt sich über dem Haupte der Maske in
einander fügen. Wie die Locken in Rosenranken sich wandeln
und sich abflachend die Umrahmung des Resonanzbodens der
Leyer bilden, wie die gebogenen Schwanenhälse die Linienführung
der Seitentheile des Instrumentes wiederholen, wie die Rosen
trotz aller Symmetrie verschieden hangen und aufschießen, das
Alles ist mit einer Meisterschaft behandelt, die den Raumzwang
nur als Anregung zur Formenbildung zu benutzen weiß.


L. Hoffacker, Das Berliner Rünstlerhaus, Festsaal mit Linpore.

meöusenartiges Haupt auf der Spitze und das Künstlerwappen
in der Mitte tragenden Stamm. Die symmetrisch geordneten
Wurzeln verschlingen sich mit der bandartigen Umrahmung, die
das Rankengewirr in der Fläche zurückhält.
Ueberaus frei gestaltet sind die Bandstreifen und Leisten an
den Deckenansätzen und Gewölbegurten. vorbildlich für die
Linienführung bleibt auch hier das leicht geschlungene Band und
die elegante und doch kräftige Biegung der Weinrebe. Wo die
Traube selbst zur Darstellung kommt, liegt oder hängt sie ihrem
natürlichen Gewicht entsprechend, und (Ouerstreifen dienen überall
der festeren Fügung des Gewindes, selten festonartig sich heraus-
windend, meist sich in der Flüche haltend.
All diese Clemente der Hofsacker'schen Formensprache lasten
sich am deutlichsten in dem Schlußstück über der Logenöfsnung
der Bühne im Festsaal nachweisen. Das Mittelstück bildet eine
fünfsaitige Leyer mit einer weiblichen Maske, deren Haar in
symmetrischen Locken den Raum zwischen den Seitentheilen aus-

Die Grundlage der Hofsacker'schen Zierkunst bildet die
fleißige Ratnrbeobachtung, aber die (Organismen gewinnen unter
seiner Hand erneute Bedeutung. Sie gehen unbekümmert um
physiologische Bedingungen in einander über, sie gehorchen einem
neuen Gesetz, dem der gleichartigen Linienführung. Die Locke
wird zum Bande, das Band zur Ranke, die Blume zur Rosette.
Die Linienführung selbst aber wird von einer schon in der Er-
findung gegebenen Technik beeinflußt. Ueberall erscheint die
Fläche wie mit dem Schnitzmesser bearbeitet, geschabt und geritzt.
Die aufliegenden Zierformen sind weniger geformt oder auf-
gepreßt als ausgespart und herausgeholt. Das Material, in
dem sie gedeckt sind, verräth sich überall als das gekerbte, ge-
schnittene oder geschabte Holz. Das ist kein Mangel, sondern ein
Vorzug, denn es läßt den erfindenden Künstler dem ausführenden
Arbeiter vorarbeiten, der seinem Material nichts zumuthet, was
er ihm und seinem Werkzeug nicht abgewinnen kann. So entsteht
eckte „Kunst im Handwerk'L Georg Malkowsky.
 
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