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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0026

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18

erstgenannten. Wenn dieselben auch, weil ihr Gegenstand in den
Hintergrund trat, jetzt begreiflicher Weise weniger Aufmerksam-
keit erregen können, so wird Waagen's Name in der Kunst-
geschichte jedenfalls nicht unbetont bleiben können, wenn auch
beispielsweise in einem bedeutenden Fall in einer Art Mittel-
barkeit. Er unternahm es bekanntlich, Kaulbach's „Zerstörung
von Jerusalem" in einem Stich von großem Umfange zu ver-
öffentlichen. Meister Merz vollendete das Werk im Jahre
1852 in trefflichster Weise, und der Erfolg war bedeutend,
ungeachtet ein nicht viel später erschienener kleiner Stich eines
Anderen Konkurrenz machte. Indessen jener Erfolg war unge-
achtet aller voraussichtlichen Anerkennung beim nöthigen Auf-
wande außerordentlicher Mittel keineswegs auch „materiell"
sicher. Sonnt tritt die Annahme eines etwa überwiegend spe-
kulativen Grundes der Herausgabe völlig bei Seite, und es
ist rein die eine Absicht Waagen's in's Auge zu fassen, dem
berühmten großartigen Kunstwerke der Malerei auch durch
möglichste Größenverhältnisse in der Wiedergabe desselben auf
alle Gefahr hin gerecht zu werden.

In dieser und in vieler anderen ehrenden Thätigkeit ver-
lebte Waagen seine Tage, geliebt von denen, welche sich seine

Freunde nennen konnten, herzlich geehrt von denen, welche sein
gediegenes, ruhiges Walten uud die Sicherheit seines Urtheiles
zu beobachten Gelegenheit hatten. So unser ganzer Verein.
Alle waren ihm geneigt und Freunde, wenn auch dies Wort
nicht siel, und Alle bedauern wir unseren Verlust tief.

Waagen war bekanntlich der Gemahl der berühmten
Sängerin Nanette Schechner. Nur zu früh löste der Tod
die Bande des glücklichen Bündnisses, und die Sorge für die
Erziehung einiger Töchter und Söhne war unserem Freunde
allein anheim gestellt. Er löste seine Aufgabe in würdigster
Weise. Wie Jene in ihren ehrenden Berufen, haben sich auch
Diese hohe Achtung errungen — der Eine auf militärischer
Laufbahn, der Zweite als Meister der Landschaftsmalerei, der
Dritte als Naturforscher.

Der Blick ans den schönen Erfolg seiner Vatersorgen ver-
klärte den späten Lebensabend Waagen's, und es mochte ihm
dieser sein Lohn wohl noch um Vieles beglückender erscheinen,
als alle bewährte Thätigkeit in Kunst, Politik und Anderem.
Und wohl mit Recht. Denn in der Welt und ihren Parteien liegt
schließlich nicht das Glück, •— sondern in der Familie und im
Segen ihrer nie ersterbenden Dankbarkeit. Friede seiner Asche!

(Aus der „Wartburg".)

Korrespondenzen.

litte Januar. (Wiener Kuustverhältnisse.)
kunst in Oesterreich und speciell in dem kaiserl.
, lebt. Wohlverstanden: sie hat kein Schein-
. sie muß nicht durch vereinzelte Auszncknngen
)asein bcmerklich machen, sie erhebt sich ebenso
ms dem naturgemäßen Drange des Volkes, wie
ihr auch andererseits die Stütze und Förderung der höchsten Re-
gionen nimmer fehlt. Wer die Kunsthalle der Weltausstellung be-
suchte, darin den Kaiser oft und oft stundenlang sah, wie auch be-
bemerkte, daß er seine souverainen Gäste stets persönlich in der
Kunsthalle umherführte und auf Einzelnheiten aufmerksam machte,
der mußte sich sagen und zur Erkenntniß gelangen, hier ist der
Kunstsinn des Kaisers und des kaiserlichen Hofes von Einfluß und
gewiß von belebendem Erfolge für Kunst und Künstler! In den
für Ankäufe so schlimmen Tagen des Weltausstellungssommers hat
Seine Majestät für 50,000 Gulden Kunstwerke an sich gebracht.
Und unter den Bildern ist Canon's „Loge Johannis", ein Bild
von so eminent tendenziösem Gepräge, daß dessen Erwerbung eine
Thal genannt werden darf! Der Gedanke der friedlichen liebevollen
Einheit aller Konfessionen, welche sich auf Bibel und Evangelien
stützen, hat förmlich eine höchste Sanction erhalten, man darf fortan
für Oesterreich nicht die Phrase gebrauchen, daß die Kunst dort als
eine einseitige, beengte gewünscht werde! Mit dem Zuwenden oben-
genannter Summe für Kunstzwecke ist die kaiserliche Theilnahme
nicht erschöpft) im Gegentheil, eine kürzlich gemachte Zusammen-
stellung weiset nebstdem noch eine Summe von 100,000 Gulden
nach, welche in dem Jahre 1873 für künstlerische Acquisitionen ver-
wendet wurde. Und wohl zu beachten: diese Summen haben mit
dem Säckel des Staates nichts, lediglich mit des Kaisers Kammer-
Kasse zu schaffen. Wir glauben kaum, daß Aehnliches im Augen-
blicke ein anderer Staat, ein anderer Monarch nachzuweisen hat.

Es dürste kein Trugschluß sein und ist mit der Zeit des be-
züglichen Wirkens genau übereinstimmend, wenn wir die Thätigkeit
und den künstlerischen Sinn des kaiserlichen Oberstkämmerers Grafen

v. Crenneville von großem, durchschlagendem Erfolge in diesen
Angelegenheiten bezeichnen. Ringsum entfaltet sich neues Leben,
neues Blühen, neues Hoffen. In allen Kunstgebieten ist lebhafte,
bedeutungsvolle Thätigkeit. Die monumentale Kunst und die Archi-
tektur haben hohe Aufgaben zu erfüllen. Ein Semper, Hase-
naue r, Hansen sind vereint, um neue Hofmuseen und wohl auch
eine neue Kaiserburg zu schaffen, ein neues Hofschauspielhaus ersteht,
die Stammmutter des Habsburg-Lothringer Hauses, Maria Theresia,
erhält ein an Großartigkeit bisher unerreichtes Monument, wahr-
scheinlich durch Kundtmann und Zumbusch, bei allen Monu-
menten geht die Betheiligung des Kaisers und des Hofes voran.
Die Medailleurknnst und die hier ganz verschwunden gewesene Knpfer-
und Stahlstccherkunst sind neu belebt und nur kaiserliche Aufträge
waren es, welche Kräfte wie Jacoby und Unger zuerst hier be-
schäftigten. Solche unleugbare Thatsachen weisen auf einen Motor,
und die Ateliers aller genannten Künstler kennen sehr wohl die Er-
scheinung des Grafen Crenneville, man zählt sie zu den gewohnten.
Das große Bild des Direktors Engerth, „die Krönung des Kaiser-
Königpaares in Ungarn", ist nicht ohne seinen Einfluß geblieben, und
daß eine so künstlerische Kapacität wie Engerth als Direktor des
Belvederes berufen, ja dieses neu geordnet und zeitgemäß umge-
staltet wurde, darf auf die mächtig einflußreiche Thätigkeit des kaiser-
lichen Oberstkämmerers zurückgeführt werden. Alle jüngeren Kräfte
von höherem Werth haben seit Jahren Aufträge erhalten, oder ihre
Bilder vom Kaiser acceptirt gesehen. Die Auszeichnung, ja selbst
Standeserhöhung einer Reihe von Künstlern, welche sonst sehr wenig
darauf zu hoffen hatten, sind Thatsachen, welche in die jüngste Zeit
fallen, und während manche Chefs die ihnen Bei- oder Untergeord-
neten im Momente der Entscheidung zum Schluffe der Weltausstellung
vernachlässigten, haben gerade die Künstler, deren Kommissionsdirektor
Graf Crenneville, der kaiserl. Oberstkämmerer, war, sich der nobelsten
Berücksichtigung bei den kaiserl. Auszeichnnngen zu erfreuen gehabt.

Die kaiserl. Kunstsammlungen aller Art vermehren neuerdings die
Kunstschätze, im Belvedere ist auf kaiserl. Kosten eine Restaurirschule
 
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