Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0058

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
50

schaft und auch sonst viel von Kollegialität spricht. Ich wünschte,
daß diese Zeilen in seinen Augen ein vis-ä-via fänden.. . Bei einem
Kunstliebhaber und Ringstraßenbaron, der es noch nicht nöthig ge-
habt hatte, die Table d'hüte des „Hotel Imperial" mit der Volks-
küche umzutauschen, wurde ein Künstler angemeldet, den er um so
lieber empfing, als er 8 Gemälde von desselben Hand gemalt in
seiner Gallerte besaß. Das Gespräch wurde um gleichgültige Dinge
geführt, endlich sagte der Künstler: „Führen Sie mich in Ihre
Gallerie!" Gerne und triumphirender Miene schritt der Baron
dahin dem Maler vor. Dort angelangt, erklärte er demselben Na-
men, Maler und Preis jedes Gemäldes. „Hier sind die Ihrigen."
Der Künstler lachte satyrisch. .. Was haben die Bilder gekostet?
„12,000 Gulden; zwei kaufte ich von der Gallerie Gsell, zwei —"
Und dennoch, fiel der Künstler ein, haben Sie keinen Pinselzug von
mir. „Herr, was sagen Sie, was scherzen Sie?" — Ich rede im
Ernst. — „Habe ich die Gemälde nicht theils im Künstlerhause,
theils bei den ersten Kunsthändlern unter Ihren Namen gekauft?
Und steht derselbe nicht auch auf dem Bilde?" — Die Erregung
versagte dem Baron die Stimme. Der Gast aber sprach in trösten-
dem Tone: Beruhen Sie sich! Wenn Sie durchaus meine Malerei
haben wollen, male ich Ihnen alle die 8 Gemälde mit eigener Hand,
um die geringe Nachzahlung von 2000 Gulden. Wollen Sie? —
Der Kunstfreund verließ die Gallerie mit einem höflichen Adieu. . .
Es würde mich wundern, sollten diese vom Baron weiter verbreitete
Geschichte die Spatzen am Dache des Künstlerhauses nicht zwitschern.

* Breslau, Anfang Februar. (Klemmt's „Babylon".) In
einem Kunstbericht der „Schlesischen Presse" wird auch des im
Lichtenberg'schen Salon ausgestellten Bildes von Joh. Klemmt,
und zwar in sehr ausführlicher Weise, erwähnt. Dasselbe soll,
wie wir bereits mittheilten, die Vision des Johannes über die
babylonische — Dame darstellen. Der Referent sagt, daß das
Thema von Malern des Mittelalters öfter behandelt sei, z. B.
„wie die Babylon auf dem siebenköpfigen Drachen reitet" u. s. f.
Wir bemerken dazu, daß solches auch im 19. Jahrhundert vorge-
kommen, z. B. von I. Hübner in Dresden u. A. Herr Klemmt
aber scheint andere Absichten — ä la Mackart — dabei gehabt zu
haben. Denn der Referent bemerkt ausdrücklich: „Klemmt war
es augenscheinlich mehr darum zu thun, das Thema zu einem
hübschen Bilde zu finden, als in demselben die Vision des Jo-
hannes darzustellen. Als Mackart's erste Gemälde in die Oeffent-
lichkeit geschickt wurden und einen so außerordentlichen, wenn auch
getheilten Beifall fanden, konnte man schon sicher sein, daß jenes
Künstlers Beispiel auf jüngere Meister Einfluß ausüben, daß
Mancher in Mackart's Weise sich versuchen würde. Mit dem
Werke eines solchen Nachfolgers von Mackart haben wir es hier
zu thun. Steht es dem Vorbilde auch in der Farbe vielleicht noch

nach, so ist doch seine Zeichnung richtiger, sein Kolorit wahrer,
seine Frauenköpfe ohne jene lüsterne Verlebtheit, die Mackart's erste
Werke charakterisirte. Der Künstler zeigt uns in der Mitte seines
Gemäldes ein üppiges naktes Weib, sitzend ans einem Lager, das
sie mit einem bärtigen Manne theilt. Ihr Fuß ruht auf der Krone
eines am Boden hingestreckten Königs, das Gesicht ist rein sinnlich,
ohne jeden Ausdruck von Geist, angemessen, den Stand jener Baby-
lonierin zu charakterisiren. Zu ihrer Rechten sitzt ini Vordergründe
ein anderes unbekleidetes Weib, das dem Beschauer den Rücken zu-
wendet und dem ein Mann im bunten Kleide prächtige Früchte
reicht; weiter rechts eine Harfenspielerin. Im Hintergründe sieht
man ein wenig Landschaft, dann einen schweren purpurnen Teppich,
und wo dieser etwas verschoben ist und eine Durchsicht gestattet,
ein Liebespaar, glücklicherweise nur zuin Theil sichtbar. Zur Linken
der Hauptfigur lehnt eine reizende Blondine, hinter ihr kauert eine
Aegypterin, die einen Becher Wein darbietet, im Vordergründe kommen
der Kops und die Flügel des grünschillernden Drachen zuni Vorscheine,
auf den: die ganze Hauptgruppe sitzt. Im Hintergründe sehen wir
wieder jenen Prachtteppich, und in der Linken am Rahmen eine
brennende Stadt und einen Mann und ein Weib, nnt Entsetzen
dem Brande zuschauend. Das ist aber auch das Einzige, was auf
den Untergang Babels hindeutet; einstweilen geht es der Sünderin
noch sehr gut: die herrlichsten Früchte und Blumen sind in ver-
schwenderischer Fülle um sie verstreut, die prächtigsten Gefäße aus
Gold und Silber stehen bereit und liegen herum, der Drachenkopf
ist so diskret, sich nicht in den Vordergrund zu drängen — der
ganzen Gesellschaft fehlt zu ihrem Behagen nicht das Mindeste;
daß es da hinten in der Stadt brennt, wird dieses Convivium
kaum anfechten. Hätte doch der Maler den Titel nur fortgelassen,
den Drachenkopf, den am Boden liegenden König übermalt, dann
wäre das Bild viel schöner, viel wahrer. Aber er fürchtet sich,
eine so üppige Gesellschaft dem Publikum vorzuführen, er scheut
sich, eine lüsterne Orgie sans phrase zu malen, und da bietet ihm
die Apokalypse den schönsten Vorwand."

Wir haben diesen Aeußerungen nichts hinzuzufügen, es ist die
alte und von solchen eminenten, aber konfusen Talenten wie Mackart
leider in bedenklicher Weise beförderte Willkür, das ideelle Motiv
als etwas Nebensächliches zu behandeln, den poetischen Vorwurf
zu einem bloßen Vorwand für die Entfaltung einer persönlichen
Bravour in der Behandlung der technischen Darstellungsmittel zu
degradiren. Jeder, der eine Spur von Pietät vor der künstlerischen
Idee, einen Respekt vor dem poetischen Stoff eines Kunstwerks be-
sitzt, muß sich mit Schmerz, ja mit Degout von solchem Virtuosen-
thum abwenden. Wie es Salonmusik giebt, so giebt es auch Salon-
malerei — aber ein Beethoven der Malerei würde solchen glänzenden
Firlefanz, hinter dem Nichts steckt, was die poetische Empfindung
befriedigen könnte, tief verachten.

Kunst-Ahronik.

Berlin. Bei der Berathung des Etats für die Akademie
der Künste in der vorletzten Sonnabendsitzung des Abge-
ordnetenhauses hat der Vertreter des Kultusministeriums
die Mittheilung bestätigt, daß unabhängig von dem
Reorganisationsplane zwei Ateliers gegründet werden
sollten, für deren eines mit einem der ersten deutschen
Künstler unterhandelt worden, und erklärt, daß die betreffenden
Verhandlungen als abgeschlossen zu betrachten seien. Wie man jetzt
erfährt, bezogen sich diese Andeutungen auf Ludwig Knaus, welcher

^M

die ihm von dem Kultusminister gemachten Anträge angenommen
hat und dauernd seinen Aufenthalt in Berlin nehmen wird.

*** — Nach einer Privatmittheilung aus Cypern, ist die merk-
würdige kolossale Bildsäule des Herkules, assyrisch-phönizischen Cha-
rakters, auf ein Dampfschiff geladen und nach Konstantinopel abge-
gangen. Hinsichtlich des Ortes, wo man sie aufgefunden hat, erfährt
man, daß dies zwar nahe der StadtMmathus, aber auf freiem Felde,
das beackert und besäet wird, stattfand. Die Bildsäule befand sich
2 Fuß unter der Erde. Merkwürdig ist, daß sie durchlöchert ist
 
Annotationen