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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0106

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ihm vor wenigen Jahren von Seiten des dresdener Stadtrathes
der Auftrag wurde, sich gutachtlich iiber Verbesserung des Zeichnen-
Unterrichts zu äußern. — Schurig's letzte Lebensjahre waren viel-
fach durch körperliche Leiden, Schwäche und Nervenabspannung

getrübt. Eine Reise in südlichere Gegenden brachte ihm keine
Heilung und ein zu früher Tod rief ihn im 56. Jahre seines
Lebens aus seiner einem idealen Kunststreben gewidmeten Wirk-
samkeit ab. Friede seiner Asche! n.



Iorrespondenzen.

^iifseldorf, Ende März. (Permanente Aus-
stellung von Schulte.) Die Aufmerksamkeit
des kunstliebenden Publikums wurde in diesen
Tagen lebhaft von einigen auf der permanenten
Ausstellung von Schulte befindlichen Bildern
in Anspruch genommen. Zu diesen gehört ins-
besondere ein „weibliches Portrait" von Carl
Sohn, ganz licht und glatt gemalt, einzelne
Theile überaus fein durchgeführt, so der liebliche Mund, jedoch im
Ganzen zu wenig modellirt. Die Formen erscheinen allzu dünn, fast
unkörperlich. — Das „Waldbild" von C. Hoff ist von natürlicherer,
kräftigerer Wirkung, in Bezug auf Farbenstimniung ein Meisterwerk,
nicht minder, was den bedeutenden landschaftlichen Theil des Bildes
betrifft. Die junge Dame aber, welche auf einsamem Spaziergang,
wobei sie nur ihr treuer Hund begleitet, das zwischen den Bäumen
verschwindende Reh beobachtet, erinnert gar zu sehr an ein zierliches
Modejournal. Der Ausdruck des Köpfchens ist naives Erstaunen,
sehr passend, da so elegante Dämchen gewiß selten in den Wald zu
den Rehen kommen; nur schade, daß uns dies Gesicht weiter gar
nichts sagt; kein Blitz des Gedankens, keine Spur von Gefühl;
und diese Abwesenheit geistigen Lebens, nicht die tadellose, allerliebste
Toilette geben der Gestalt den vorher erwähnten Charakter.

O. Achenbach wird nicht müde, uns das reizende Neapel vor
Augen zu führen, aber ohne darum in Monotonie zu verfallen. Die
Situation ist jedesmal eine verschiedene, so auch wechselt Stimmung
und Beleuchtung. Das gegenwärtige Bild, eine Illumination mit
Feuerwerk auf dem Quai von Sta. Lucia vorstellend, kann man ein
Virtuosenstück nennen, denn hier ist fast Unmögliches gewagt und
zum großen Theil auch bewältigt. Nur das Meer in seiner schillern-
den Bläue erscheint unnatürlich, eher wie Atlas, als wie Wasser.
Auch wäre einige künstlerischere Gruppirung in dem Gewühl am Ufer
wünschenswerth. — Zwei Frühlingsbilder von Professor Böttcher
sprechen in ihrem landschaftlichen Theil mehr an als in ihrem figür-
lichen; insbesondere erscheint der Großvater mit dem Enkelchen auf
dem Arm etwas steif. — Ebel erfreut wie immer in seinen Wald-
landschaften durch die liebevolle Auffassung unserer deutschen Natur
und die feine Durchführung. Nur möchten wir ihm mehr Abwechs-
lung in der Wahl der Gegenstände und mehr Schmelz und Duft
der Farbe wünschen.

X Florenz, Mitte März. (Ausgrabungen.) Es hat sich
in Rom eine genuesische Gesellschaft gebildet, welche, autorisirt von
der Regierung, bedeutende Ausgrabungen unternimmt. Auf dem Es-
quilin, der Straße Porta S. Lorenzo entlang, wo ein neuer Stadt-
theil im Entstehen ist, fand man in den letzten Tagen eine ungeheure
Menge Menschenknochen, welche zwischen hohen Mauern aufgehäuft

sind. Die Armen bedienten sich dieser Gruben zur Leichenbestattung,
welches man jedoch später aufgab und die Oeffnungen fest verschloß,
um das Ausströmen der Miasmen zu verhindern. Mäcen, dem
man diese Plätze überließ, führte zur Zeit des Augustus dort
prächtige Gartenanlagen aus. Es kamen ferner an's Licht ein
kleiner Altar, große Gebäude, welche zu Magazinen bestimmt
scheinen, und Hallen, unter denen Fleisch, Fische und Gemüse ver-
kauft wurde, also der Macello der Alten, der unseren Märkten und
Markthallen entspricht. Ucber weitere Ausgrabungen, sofern sie für
die Kunstgeschichte von Interesse, werde ich Ihnen seinerzeit aus-
führlicher berichten.

0 Rom, Ende März. (Ausgrabungen.) Die Ausgrabun-
gen werden hier auf dem dispouibleu Terrain mit großer Lebhaftig-
keit betrieben, da Rom in seiner jetzt doppelten Bedeutung als
Hauptstadt von Italien sowohl, als auch als Sitz des Hauptes der
katholischen Christenheit der Bauten so dringend bedarf. Es ist
deshalb nichts Seltenes, daß Gegenstände von geschichtlicher oder
archäologischer Bedeutung, oder von objektivem Werth entdeckt wer-
den. In der früheren Straße Altieri, wo gerade jetzt ausgegraben
wird, fand man einen antiken geschnittenen Onyx, 43 Mm. hoch
und 58 Mm. breit, mit allegorischen Figuren. Es sind zwei ver-
schleierte Brustbilder, wovon das eine ohne Kopf, das andere aber
unverletzt ist, letzteres stellt eine Frauengestalt dar, deren Kopf mit
einem weißen Schleier bedeckt ist, darüber eine Lorbeerkrone, durch-
flochten mit Mohnblüthen, von vollendeter Arbeit.

Auf der linken Seite der Straße Merulane kam ferner an's
Licht ein großer Saal, begrenzt von einem überwölbten Raum, in
dem sich 5 Nischen befinden. Die Wände sich getüncht, und auf
zinnoberrothem Grunde mit Figuren bemalt, welche Greife, Mas-
ken rc. vorstellen. Zwischen den Nischen sind Ansichten von Gärten
mit exotischen Pflanzen, auf deren Blumen sich Vögel wiegen. Die
Malereien sind von großer Naturwahrheit und unbeschreiblicher
Grazie. Der Archäologische Verein hat den Antrag gestellt, daß
dieser Saal unangerührt und eine Zierde des Platzes bleibe, wel-
chen man dort anzulegen im Begriff ist.

Derselbe Verein hat unternommen, in einer dem Hrn. Saveria
De Merode gehörenden Besitzung eine alte Basilika auszugraben,
die im zweiten Stock des berühmten unterirdischen Kirchhofes liegt
und welche den Namen Domitilla trug nach einer Verwandten
gleichen Namens des Kaisers Domizian. Man hat schon ver-
schiedene Inschriften gefunden, welche sich auf die Märtyrer Nerve
und Achileo beziehen, von denen man weiß, daß sie in der Kirche
Domitilla beigesetzt wurden, neben der berühmten heiligen Petronilla,
von den Alten Tochter des Apostel Petrus genannt.
 
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