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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0122

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Künstler vertrauten sich bald seiner Leitung an. Nachdem ihm
schon längere Zeit ein Theil eines akademischen Ateliers über-
lassen worden war, wurde ihm im September 1868 die Stelle
eines Professors und Vorstandes eines Ateliers für Bildhauerei
an der dresdener Akademie übertragen und er gleichzeitig zum
Mitgliede des akademischen Rathes ernannt.

In Rom hatte der Künstler einen „Verwundeten Apoll"
modellirt, die Mehrzahl der späteren Arbeiten, auf welche wir
nun zu sprechen kommen, wurde für bestimmte Zwecke geschaffen.
Den auf der linken Seite des Vestibüle im Museum in Dres-
den befindlichen Theil des umlaufenden Frieses, welcher in Gyps
ausgeführt ist und die „deutsche und niederländische Malerei" be-
handelt, schließen sich zwei Gruppen im Georgpalais in Dres-
den an, die „Vokal- und Instrumentalmusik" darstellend, und
ebenfalls in Gyps ausgeführt. Die „Büste Jahn's" auf dem
Grabe des alten deutschen Turnvaters in Freibnrg a. U. in
Bronze, ist ebenfalls aus Schilling's Atelier hervorgegangen;
außerdem fertigte er die Bronzestatne des Oberbürgermeisters
Demiani in Görlitz und die Gruppen an der großen Terrassen-
treppe in Dresden, welche „die Tageszeiten" darstellend, in Sand-
stein ausgeführt sind und von den verschiedensten Seiten die
rühmlichste Anerkennung erfuhren.

Nach dieser Arbeit folgt die Ausführung der Figur „Speyer"
in Bronze nach Rietschel's Skizze am großartigen Luther-Denk-
male in Worms, dann die drei Marmorbüsten in der Aula der
Universität Leipzig und der bildnerische Theil dreier Grabmonu-
mente auf Dresdens Friedhöfen.

Die bei festlichen Gelegenheiten in Dresden ausgestellt ge-
wesenen Draperiefiguren: „Schiller" 1859, „Saxonia" 1866
und „Beethoven" 1871 sind ebenfalls künstlerische Schöpfungen
Schilling's.

Auch au der Konkurrenz zum National-Denkmal auf
dem Niederwald betheiligte sich der Künstler. Es waren von
ihm zwei Modelle, in Gyps, ausgestellt, wovon das eine der
ersten Konkurrenz angehörte. Bei seinem ersten Entwürfe hatte
sich der Künstler Kolossalgestalten von beträchtlicher Größe ge-
gedacht: „Germania, sich selbst krönend", „Krieg und Friede".
Das gewählte Motto: „Im Kriege groß", sollte die Erklärung
dieser Gestalten bilden. Unter der Haupt-Inschrift ain Unter-
ball ist eiil ebenfalls in kolossalen Dimensionen gedachtes Relief
angebracht: „Der Rhein übergiebt der Mosel das Wachthorn",
und die Reliefs am Postauleilte der Germania sollten auf der
Vorderseite die Erhebung der deutschen Fürsten und des deut-
schen Volkes, auf der Seite des Krieges die Feldherren, auf der
Seite des Friedens den Friedensschluß darstellen, während sich
die Rückseite auf den besiegten Feind bezieht; Viktorien, welche
die Kriegsmomente andeuten, trennen die verschiedenen Dar-
stellungerl. Der Grlmdgedanke des zweiten Entwurfes ist fast
derselbe, nur hat Schilling, da ein architektonischer Aufbau ge-
wünscht wurde, die vereinigten Wappen der deutschen Staaten,

welche bei dem ersten Entwurf in der mit Inschriften versehenen
Einfriedigung der oberen Platean's angebracht sind, in eine ge-
wölbte Halle verlegt, über deren Kuppel sich der Thurm erhebt,
welcher die Germania trägt und von Viktorien in Hautrelies
umgeben wird. Germania ist hier mit der Krone vorschreitend
gedacht. Eine offene Halle, an deren Pfeilern die Statuen von
Moltke und Bismark stehen, enthält den Reiterzug der Feld-
herren, vor ihr die Reiterstatue des Kaisers. Unter dem „Krieg"
ist das Relief der „Der Abschied", unter dein „Frieden" „Das
Wiedersehen" und am Treppenbau das bei dem ersten Entwurf
erwähnte Relief „Rhein und Mosel" dargestellt.

Zu den neuesten Schöpfungen des schnell bekannt gewor-
denen Meisters gehört das „Rietschel-Denkmal" für Dresden,
und es ist gewiß eine Gunst des Schicksals zu nennen, daß dem
Schüler, welcher fünf Jahre lang unter Leitung dieses Lehrers
arbeitete und seine künstlerische Ausbildung hauptsächlich ihm ver-
dankt, es vergönnt war, auf diese Weise seiner Dankbarkeit den
gehörigen Ausdruck zu verleihen.

Außer diesem hat in der letzten Zeit das „Maximilians-
denkmal" für Triest viel von sich reden gemacht, und mit Recht.
Der bildnerische Schmuck des Postamentes, bestehend in vier
Eckhalbfiguren und dem Fries, ist von großer Schönheit. Die
vier Halbfiguren, welche die vier Weltgegcnden bezeichnen, sind
durch entsprechende Attribute charakterisirt. Zwei männliche Ge-
stalten bezeichnen Süden und Norden, zwei weibliche Osten und
Westen. Sie sind geflügelt und von der Mitte des Kopfes ab
in Blattwerk übergehend und verbinden sich durch dasselbe auf
das Geschmackvollste mit dem Unterbau. Der Fries nmgiebt
den Mitteltheil des Postaments und besteht aus einem Haut-
relief, welcher in allegorischer Weise die österreichische Flotte
darstellt. Der Kriegsflotte voran schwebt ein Genius mit dem
entrollten österreichischen Banner, die Handelsflotte wird vom
Genius des Handels, der den Merkurstab in der Hand hält,
angeführt. Die Schiffe selbst sind in Gestalt von Scerossen
dargestellt, deren Füße in Flossen auslaufen. So hat. der
Künstler das Postament mit liebevollein Eingehen auf alle
Seiten des Stoffes zu einer Darstellung benutzt, welche dem
phantastischen Gemiithszug des Kaisers ebenso Rechnung trägt
wie dem Zauber des Adriatischen Meeres. Die Hauptfigur,
der unglückliche Kaiser, ist in Admirals-Uniform dargestellt, die
Linke auf der Brust ruhend, die offene Rechte wohlwollend aus-
gestreckt. Das schöne Denkmal ist in Erzguß ausgeführt und
auf der Piazza Giuseppina in Triest aufgestellt zur großen Zierde
der Stadt.

Das „Schiller-Denkmal" für Wien und die „Panther-
quadriga" für das königliche Hoftheater in Dresden bilden den
Schluß der inannigfaltigen und reichen Werke des Meisters, der
gegenwärtig an einer „Statue des Phidias" arbeitet, welche, in
Marmor ausgeführt, die Loggia des leipziger Museums zu
zieren bestimmt ist.
 
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