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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0154

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chervvrgegangene Phrase zurück; auch läßt sich mit einer solchen das
Dasein eines Genie nicht leugnen. Allerdings hat Mackart Fehler,
und wir wollen dieselben von unserem objektiven Standpunkt aus
doppelt anschreiben; sind wir doch des Plus der Vorzüge sicher.
Vor Allem aber möge man sich hüten, Mackart am Zielpunkte seiner
Entwicklung angekommen zu halten; er ist im Werden. Was ist
trotz allen Neuerungen der Hauptgedanke unserer Malerei? Die
Vergeistigung des Körpers, d. h. mit andern Worten, die Ent-
wicklung der einzelnen Individualität in den höchsten Potenzen.
Finden wir nun diesen Gedanken bei Mackart? Ja wohl; aber
nicht allein herrschend, sondern im Ringkampfe mit einem anderen,
der die Verkörperung des Geistes, d. h. mit anderen Worten, Ver-
allgemeinung der einzelnen Individualität anstrebt. Mit diesen zwei
Ideen hat Mackart zu kämpfen, und muß die letztere nicht allein
gegen die Zeit, sondern auch gegen seine Schulbegriffe selbst ver-
theidige».

Nächst Mackart zieht H. v. Angeli's, dieses ausgezeichneten
Portraitisten und Genremalers, Portraitstudie die Aufmerksamkeit auf
sich, ebenso Gustav Ga ul's mit feinster Charakteristik ausgeführte

Portraits der Hofschauspieler Lewinsky und Sonnenthal. Außerdem
waren in diesem Fache noch thätig: W. O. Noltsch, W. Vita,
George Mayer, E. Lafite, G. Decker, I. Gutmann, E.
Pesky, Fink. Das Portrait hat heute eine gefährliche Rivalin
in der Chemie — der Photographie; aber daß es dieser Rivalität
bewußt sei, zeigt seine ängstliche Sorgfalt, möglichst naturgetreu zu
sein — worin Vita das Meiste geleistet hat. Viel freier und leichter
läßt sich's bei den „Studienköpfen" sein, welche auch zahlreich er-
schienen sind. Auch hier zeichnet Gaul sich durch „Weibliche Studie"
und „Weiblicher Studienkopf ä In Watteau" aus; ferner CH. Griepen-
kerl, der so gefällig ist, uns die Vorder- und Hinteransicht einer jungen
Dame in zwei Gemälden zu zeigen. Dann finden wir noch erwähnens-
werth I. Fux in „Lautenschlägerin", ein Gemälde voll südlichen
Feuers, F. Schilcher in seinem „Studienkopf", ein wiener Wäscher-
mädchen darstellend, E. Pesky in „Alte Frau", George Mayer,
F. Schauß, L. Müller in „Lautenspielerin", A. Canon in
„Griechin". In dem letzteren sehen wir einen Künstler zugleich,
der Form und Wesen der mittelalterlichen Malerei durchdrungen
und verstanden hat, beide tadellos der Leinwand anzuvertrauen.

Aunli-Ahronik.

1 erlin. Eine höchst schmerzliche Trauerkunde, die unmittel-
bar nach Schluß der Redaction unserer letzten Nummer
einging, hat die ganze Kunstwelt in Aufregung versetzt:
einer unserer ausgezeichnetsten Meister, Gustav Bläser,
ist am 21. v. M. in Cannstadt nach kurzer Krankheit
gestorben. Jnvem wir uns eine eingehende Charakteristik
seines künstlerischen Schaffens Vorbehalten, geben wir vorläufig einige
kürze biographische Notizen.des dahingeschiedenen Meisters: Gustav
Bläser ist der Sohn eines kölner Kaufmanns und wurde am 9. Mai
1813 geboren. Er erhielt den ersten Unterricht in der Plastik bei
einem Holzbildhauer seiner Vaterstadt und stand daun in Mainz
dem Steiubildhauer Scholl bei der Ausschmückung des restaurirten
Doms als Gehilfe zur Seite. Im Jahre 1834 trat er in das
Atelier Rauch's ein, wo er sieben Jahre blieb und au allen in
diese Zeit fallenden Arbeiten des Meisters von der Dürerstatue
bis zum Friedrichsdenkmal theilnahm. Die Konkurrenz für das
Beethovendenkinal in Bonn 1843 brachte ihm eine Prämie ein,
sein Entwurf ward vom Verein der Kunstfreunde erworben und ver-
loost. Für den Dönhofsplatz in Berlin entwarf er das Modell zu
einem großartigen Brunnen mit den Figuren der Regenten Preußens
und allegorischen Bildern der Provinzen und Hauptströme, sowie
mit geschichtlichen Reliefs, der aber nicht zur Ausführung kam. Aus
Rom wurde er im Jahre 1845 durch den Auftrag für eine von
den acht Schloßbrücken-Gruppen zurückgerufen. Von Bläser rührt
unter diesen diejenige Gruppe her, welche den Moment des Kampfes
darstellt, wo der Krieger unter dem Schutze der mitstreitenden
Minerva zum Kampfe ausfällt, eine der schönsten der acht Gruppen.
Für die Kirche in Helsingfors in Finnland schuf er eine Kolossal-
Statue des Apostels Matthäus, für die Schloßkuppel in Berlin
den Propheten Daniel, eine Borussia und andere Figuren für das
hiesige Neue Museum. Magdeburg erhielt von ihm die bronzene
Kolossalstatue seines gefeierten Bürgermeisters Franke. Für die
Friedcnskirche fertigte Bläser die Statuen von Jeremias, Daniel
und Karl d. Gr. in Sandstein, für den Landsitz Charlottenhof bei
Potsdam die Marmorhermen der vier großen italienischen Dichter.
Seine letzte größere Arbeit war die Marmorstatue Friedrich Wil-
helms IV., welche die Königin-Wittwe zum Andenken ihres Gemahls
inmitten seiner Schöpfungen vor dem neuen Orangeriegebäude bei

Sanssouci aufstelleu ließ. Neben seiner großen Bedeutung als
Künstler ehrte man den Verstorbenen als aufopfernden Freund und
treuen Familienvater.

— — Die Versteigerung der Strousberg'schen Gemäldesamm-
' lung hat in Paris stattgefundeu. Es waren Werke moderner, meistens

französischer Meister, die zum Verkauf kamen. Am theuersten, mit
27,000 Franken, wurde eine Waldansicht von Koekoek bezahlt.
Robert Fleury war durch vier Geschichtsbilder: „Plünderung
Roms im Jahre 1527", „Ein Koncil unter Clemens dem Elften",
„Die Disputation von Poissy" und „Michel Angelo in der Werk-
statt Tizian's", Fromentin durch afrikanische Landschaften und
Genrebilder vertreten. Für drei Bilder von Diaz wurden ge-
ringere Preise bezahlt als für Werke von GaÄait, Gerome, Leys,
Marichat, Theodor Rousseau, Duprö und Brascassat.

*** — Die Kommission für Erbauung eines Parlamentshauses
hielt in voriger Woche eine Sitzung ab und nahm den Bericht der
Architekten entgegen, welche die Ausführung eines monumentalen Par-
lamentshauses, wie er durch die ausgeschriebene Konkurrenz und die
prämiirten Pläne beabsichtigt ist, auf dem Terrain in der König-
grätzerstraße als nicht ausführbar erklären, während der bloßen
Bedürfnißfrage mit Rücksicht auf den vorhandenen Platz eher genügt
werden könne. Die Kommission nahm übrigens eine Besichtigung des
Terrains vor.

— — Kürzlich hatte der Bildhauer Johannes Pfuhl die
Ehre, Sr. Majestät einige Vorschläge in Betreff eines ihm über-
tragenen Relief-Frieses für das neue Cadetteuhaus in Lichterfelde
vorzutragen.

x** Magdeburg. Seit Kurzem ist hier die Kunstausstellung
eröffnet und weist der Katalog 450 Nummern nach, während er im
vorigen Jahre nur 364 zählte. Die Landschaft und das Genre
überwiegen, und eine große Anzahl mittelmäßiger Talente machen
sich breit; wahrhafte Meisterwerke ersten Ranges sind selten, doch
ist des Vortrefflichen Manches vorhanden. Leider fehlt die wich-
tigste und edelste Gattung der Malerei, die Historie, bis jetzt fast
gänzlich, oder tft doch nur zur Zeit in solchen hervorragenden Wer-
ken vertreten, die, wie die „Besichtigung der Freiwilligen durch König
Friedrich Wilhelm III." von Scholz oder „Das Schlachtfeld von
Königgrätz" von Chr. Sell in Düsseldorf, bereits dem Kunstmarkt
 
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