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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0238

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hat das Bild doch viel Anziehendes und ist ebenfalls mit Geschick
in Wirkung gesetzt. Bescheidener im Motiv wie im Format sind
einige feine Bilder von Holzer, „Waldlandschaften" darstellend,
außer denen ich noch eine „Ansicht von Montreux" von Pape, eine
„Gletschcrpartie" von Valentin Ruths und die vortrefflich gezeich-
nete Ansicht des „Forums und Kapitols in Rom" von Choulant
erwähnen will.

Sonst wären noch ein recht hübsches Stillleben von Heimer-
ding er (in Hamburg), einige Aquarellen von Schein ert und
Perlberg, sowie, der Merkwürdigkeit halber, eine Zeichnung des
verstorbenen Künstlersonderlings Antoine Wiertz (Entwurf zu einem
seiner älteren Bilder) zu erwähnen, die sich unter den anderen Ar-
beiten der Ausstellung sehr sonderbar ausnimmt.

Unter den Skulpturen befindet sich nichts Hervorragendes, wes-
halb ich lieber darüber fortgehen will.

C.K. Z8ien, Mitte Juli. (Schlußbericht über die Aus-
stellung im Künstlerhause.) Einen großen Styl mit hoher und
edler Einfachheit zeigt Robert Schultze aus Düsseldorf in den zwei
Gemälden „Aus dem Ober-Engaddin" und „Der Berninapaß",
jenen dem Antiken so eignen Styl, der alles Nebensächliche zur
Seite thut, um rasch an sein Ziel zu gelangen, dessen er vom ersten
Moment an sich bewußt ist. In wenigen aber großen und reinen
Contouren zeichnet uns Schultze ein Bild, das mehr großartig als
lieblich, mehr ernst und imponirend als sanft anziehend einwirkt;
wir werden nicht unterhalten, wir werden erbaut. Die Tiefe des
Ausdruckes und die Sorgfalt der Durchführung entheben die zwei
Gemälde rasch jeder Verwandtschaft mit Skizzen, mit denen sie nichts
gemein haben. Weniger wird mau durch das Kolorit befriedigt;
ernst und keusch wie der Styl, streift es hie und da an Monotonie
an. — Der vollkommenste Antipode Schultze's ist der liebenswürdige
Halauska. Ein kühner und gewandter Jongleur in Styl, Kom-
position und Farbe läßt er uns in seinem „Motiv bei Salzburg"
und „Fähre am Main" keinen Augenblick in Ruhe. Auf dem
Wasser zeigt er uns jede Welle, auf dem Boden jedes Gräschen,
auf dem Baume jedes Blatt und am Himmel jedes Wölkchen; er
will nicht groß, sondern deutlich erscheinen, darum kommt er zu
keiner Ruhe. Schreitet bei Schultze das Kolorit gemessener, ja
feierlichen Schrittes, so ist demselben bei Halauska kein Uebergaug
zu gewagt und kühn; was wir dort in mächtig langen Zügen ath-
mend konsumiren, reicht uns der gewandte Halauska detaillirt. —
Ein Stück echter altdüsseldorfer Schule erkannten wir in S. Andrä's
„Dorfeingang". Der frische natürliche Ton, der hier angeschlagen
wurde, die naiv-einfältige und doch so wahre, ungekünstelte und doch
schöne Behandlung des Stoffes berührte uns nach Ansehung so vieler
Gemälde erkünstelter Natur so angenehm, als wären wir plötzlich
aus einem von dumpfen Gemäuer eingeengten Stadtgarten in eine
herrliche Waldlandschaft versetzt worden. Eine richtigere Beurtheilung
von Licht und Schatten, als sie in diesem Bilde erscheint, haben wir
noch nicht oft gesehen. — Ein Landschaftsgemälde von A. Ri eg er
mit Regenstimmung besitzt nebst einer zarten und empfindungsreichen
Ausführung ein tüchtiges und originelles Kolorit. Fein nuancirt
ist dasselbe in Linzbauer's kräftig gezeichneter „Gebirgslandschaft".

W. Beurlin hat in der „Mondnacht bei Pirano" den höchsten
poetischen Schwung genommen; sanft und ohne äußern Widerstand
ergießt sich des Mondes Licht auf die Landschaft, welche die Physiogno-
mie vollster Ruhe trägt. Einen nicht ganz ungefährlichen Rivalen
in der Nachtbeleuchtung hat Beuerlin in H. Wortil gefunden,
der nicht weniger virtuos einen Kanal des Meeres durch von
einer Brücke hinabfallendes Gaslicht erleuchten läßt. Mehr modern
als poetisch! — „Ein Motiv von Ober-Italien", gemalt von Karl

Marko, erscheint uns zuerst kalt und matt, aber wie bald werden
wir des tiefen innern Gehaltes bewußt, der mächtigen Kraft des
Ausdruckes gewahr! Massiv und prächtig erhebt sich aus dem
Thale der Berg, von dem hinab eine Stadt dominireud die Land-
schaft beschaut. Frisch und lebendig tritt in dieser die reichste Vege-
tation hervor und klettert den Berg hinan. Meisterhaft wie die
Perspektive zeigt sich auch die Beleuchtung, der jedoch von mancher
Seite Einförmigkeit vorgeworfen. Reich an koloristischen Vorzügen
ist eine Landschaft mit Thierstaffage von Meister Schleich. —
Von Reim van Haanen sahen wir eine „Winterlandschaft", von
L. Vöscher den „Finstermünzpaß", bedeutend in Zeichnung und Farbe,
von S. Pollak „Im Frühling", von Eibner mehrere Aquarelle,
von E. Preyer ein stimmungsvolles gehaltenes Bild „Gardasee"
mit reicher aber weicher Farbenentwickluug; von I. Wenglein in
München den „Eichenwald mit Kühen", von E. Fritsch eine
„Semmering-Partie" und von F. Teilhammer „Der Hinterste
mit dem hohen Göll". — Zwei wahrhaft großartige Architektur-
bilder von Rudolph Alt verdienen die größte Aufmerksamkeit; wir
meinen den „Vesta-Tempel in Rom" und „Das Innere der St.
Markuskirche in Venedig". Man ist im Zweifel, ob zuerst der edle
Rhythmus in der Zeichnung oder das Leben in den Farben bewundert
werden, ob man eher die Kühnheit des Gedankens als das Korrekte
der Ausführung anstaunen soll. Das letztgenannte Bild ist in den
Spalten dieses Blattes schon besprochen und der trefflichen Beleuch-
tung schon erwähnt worden. Was den „Vestatcmpel in Rom" be-
trifft, ist der erste Eindruck, den derselbe auf den Beschauer macht,
kein so günstiger wie der des ersten Bildes; vielleicht trägt die
Schuld darin die uns.ungewohnt und auch in Rom und Hellas
eben nur bei dem Tempel der Vesta vorkommende rotunde Form,
die es schwer zu einem Totaleindruck bringen kann. Daß Alt es
dennoch verstanden, unter diesen relativ ungünstigen Verhältnissen
seine Aufgabe auf eine glänzende Weist zu lösen und alle Schön-
heiten des antiken Bau-Styles in Wesen und Form auf das Bild
mit Virtuosität zu übertragen, ist nur ein neuer Beweis seines alt-
bewährten Talentes. — I. B. van Hove arbeitete vorzüglich
seinen „Marktplatz in Amsterdam" mit tadelloser Ausführung und
lebensvoller Staffage. Auch Ä. von Bensa war in diesem Fache
durch den „Schloßhof in Mindlheim" thätig. —Der Name Koek-
ko ek genügt, um den Marinen in einer Ausstellung einen ehrenvollen
Platz zu sichern. Das Bild, das hier von diesem Künstler ausgestellt
ist, trägt einen gesättigten, aber eben deshalb imponirenden Ausdruck
an sich. Zeichnung und Kolorit sind bekannt genug. In P. Tiesen-
hausen finden wir einen Marinisten, der in diesem. Fache Großes
leisten kann; auf dem Platze jedoch zeigt sich bei reichen koloristischen
Mitteln eine leidenschaftliche Ueberschwenglichkeit, die dem Bilde, einen
Seesturm darstellend, schadet. Aehnliche Stoffe behandelten Nielßen
und I. Gudin. Sauber ausgeführte Stillleben hat I. Schuster
ausgestellt.

K. Rom, Mitte Juli. (Die Kommission für die Kloster-
güter, Entdeckung alter Wandmalereien.) Die von der Be-
hörde für Flüssigmachung der Klostergüter eingesetzte Kommission, der
die Aufgabe gestellt ist, Alles, was sich von künstlerischem und wissen-
schaftlichem Werthe in den aufgehobenen Klöstern findet, möglichst
zu retten und zu erhalten, ordnete die Herren Ritter Leoni und
Advokat Podestä ab, um im aufgehobenen Nonnenkloster auf dem
Campo Marzio Vorgefundene Gemälde in Augenschein zu nehnien.
Nachdem sie dies gethan, besichtigten sie auch noch die übrigen
Räume des Klosters und kamen dabei endlich auch in einen weiten
ebenerdigen Saal, der nach Form und Umfang auf sie den Eindruck
machte, als befänden sie sich in einer ehemaligen Kirche. Dieser
Eindruck ward namentlich noch dadurch erhöht, daß der Raum nach
 
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