Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0378

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
370

Prometheus den Gruß der Götter entgegenbringt,- ihm folgen
spielende Amoretten und des Prometheus alter Freund, der kunst-
gewandte Hcphästos. Hinter diesem die lcichtschwebenden Gestalten
der Keren, der uralten Horen, und alle Bewohner des Olympos.
In ihrer Mitte thronen Zeus und Here, neben jenem Ganymed in
jugendlicher Schöne den Adler tränkend, neben dieser die feingliederige
Hebe. Und wieder erscheinen die Charitinnen und schmücken die Tafel
der Götter mit den Kindern des Frühlings, die Eros ihnen dar-
bringt.

Wie man aus Vorstehendem ersieht, hat eS sich der Künstler
keineswegs leicht gemacht, übrigens sich in dieser umfang- und
figurcnreichen cyklischen Koniposition als tüchtiger Schüler Schwind's
bewährt. Ich begrüße dieselbe um so freudiger, als ihr überqucllen-
der Gedankenreichthnm in der geistigen Dürre, an der die heutige
Münchener Kunst leidet, wahrhaft erquickend wirkt.

F. K. München, Anfang December. (Ausstellung im
Kunst-Verein. Forts.) Das in Ihrer Zeitung schon früher an-
gekündigte umfangreiche Gemälde Fr. B od en müller's „Wörth,
die Erstürmung der Höhen bei Froschweiler" war kürzlich hier ans-
gestellt und nahm schon vermöge seines patriotischen Stoffes außer-
gewöhnliches Interesse in Anspruch. Zur näheren Erklärung des
Gemäldes will ich kurz Folgendes vorausschicken. Das fünfte
Armeecorps hatte am Abend vor der Schlacht seine Vorposten auf
die Höhen östlich von Wörth geführt. Der Hauptkampf war erst
auf den 7. August festgesetzt. Aber schon beim Tagesanbruch des
6. begannen östlich von Wörth kleinere Vorpostengefechte, bis man
um 8 Uhr starkes Feuer auf der rechten Flanke bei den bayrischen
Truppen vernahm. Gleichzeitig eröffneten die Franzosen das Feuer
gegen Wörth, so daß man sich veranlaßt sah, die gesammte Artillerie
des fünften Corps auf den östlichen Höhen zum Gefechte vorzuziehen
und die Bayern zu befreien. Schon wogte der Kampf, den das
zweite bayerische Corps Hartmann, Division Bothmer, von Lembach
aus, über Langensulzbach vordringend, fortgesetzt hatte. Das fünfte
Corps und elfte Armeecorps avancirten — da stand der heiße
Kampf um 2 Uhr längs der ganzen, anderthalb Stunden ausge-
dehnten Gefechtslinie. Nun ging das erste bayerische Corps bei
Langensulzbach zur Verstärkung des zweiten gegen Wörth, den
preußischen Regimentern zu, vor. Besonders zäh wurde bei Frosch-
weiler und auf den benachbarten Höhen gekämpft, wo das erste bayer.
Corps unter v. d. Tann die bewaldeten Höhen stürmte. Diese Er-
stürmung hat nun Bodenmüller, der bekanntlich den Feldzug als
Kombattant mitgemacht, dargestellt. Was die Disposition des Ge-
mäldes betrifft, so lag es nicht in der Absicht des Künstlers, den
Anprall zweier Heereskörper zur Darstellung zu bringen, wie dies
z. B. Fr. Adam in seiner „Schlacht von Sedan" so meisterhaft be-
handelte. Bodenmüller schildert vielmehr jene dem Kampfe kurz
vorausgehende Spannung. Rechts an der Basis des Bildes hat
General v. d. Tann mit seinem Stabe Aufstellung genommen. Vor
ihm defiliren die bayerischen Kämpfer in langen Zügen. Im Vorder-
gründe sind einige französische Gefangene sichtbar, in der Ferne auf
der Höhe zeigen sich die ersten französischen Tirailleurs. Ueber dem
Ganzen wölbt sich, im frischen Grün des Hochsommers geschmückt,
ein Buchenhochwald. Streng kritische Stimmen werfen der Dis-
position des Bildes vor, daß die Situation nicht aktionell genug
gewählt sei. Sähe man im Hintergründe nicht die wenigen Roth-
hosen und vorn die paar Gefangenen, so könnte das Bild ebenso
gut die Episode eines bayerischen Manövers oder eines Uebungs-
marsches vorstellen. Allerdings hätte das Bild dramatischer gedacht
sein können. Dem Künstler lag jedoch daran, gerade jene dem
Kampfe unmittelbar vorausgehende bange Erwartung in den Massen
auszudrücken, wo ihm selbst das Herz heftiger schlug. Vortrefflich

ist ihm denn auch die Darstellung der Bewegung der Mannschaften
gelungen; still den Befehlshaber grüßend, steigen sie die Anhöhe
empor, dem Tode entgegen. Ebenso glücklich ist der Kontrast zwischen
Landschaft und Figuren hervorgehoben, ja in ihm liegt der Haupt-
reiz des Bildes. Dort Frieden und Himmelsbläue, hier kriegerisches
Leben und Bewegung. Die koloristische Klippe, welche zwischen dem
Blau der Uniformen und dem Grün des Waldes lag, hat der
Künstler glücklich umschifft, indem er das Sonnenlicht in der im
Hintergründe sichtbaren Oeffnung des Waldes koncentrirte, den
übrigen Theil aber in Schatten legte, so daß das Grün, immerhin
noch naturalistisch wirkend, doch dabei nicht forcirt erscheint. Wie
die Figuren, so ist besonders auch die Landschaft sehr glücklich vor-
getragen, was um so mehr anzuerkennen ist, als derselben ein so
großer Raum angewiesen wurde. Ihr Ausdruck ist ebenso poetisch
wie stimmungsvoll. Wie in seinem früheren Bilde „Die Erstürmung
von Bazeilles", das der König von Bayern für die neue Pina-
kothek ankaufte und über das ich Ihnen s. Z. ausführlich berichtete,
liegt auch in diesem Gemälde der Werth neben der frischen, künst-
lerischen Schilderung in der Wahrheit, die es auf den Beschauer
macht. — (Forts, folgt.)

bl. K. Wien, Anfang Dezember. (Permanente Aus-
stellung im Künstlerhause.) Die neue Monatsansstellung
spricht uns sehr lebhaft an, allerdings mehr durch unbesetzte Wand-
slächen als durch das Dargebotene in Gemälden und Skulpturen.
Und um so mehr drängt sich der Gedanke uns auf, über die
traurigen Zeitverhällnisse, wo aller Schaffungstrieb ermattet, zu
reflektiren, als der überaus schwache Besuch der Ausstellung das
Nachdenken erleichtert.

Ein mythologisches Gemälde von H. Ten schert „Luna und
Endymion" gehört zu den Neuigkeiten. Der schöne Jüngling schläft,,
von der Jagd ermüdet, den Köcher in der Hand, den Hund zu.
Füßen. Jetzt schleicht an ihn die keusche Luna heran, die beim An-
blick des schönen Göttersohnes sich etwas zu gute thut und einen
Kuß auf seine rosigen Lippen sich gönnt. Was dem Bilde sehr
wohl ansteht, ist der Ernst und die Ehrbarkeit in der Konception
und Ausführung; jene prickelnde Sinnlichkeit, die bei so vielen
Werken den Erfolg verbürgt, findet sich nicht. Ein größerer Um-,
fang wäre indeß dem Gemälde zu wünschen; denn überall schneidet
der Rahmen den Faden der Illusion zu jäh ab. Die beiden Fi-
guren sind lebensgroß, die Zeichnung der Bäume besonders graziös
und edel; die Bleifarbe ihres großentheils bekleideten Körpers ist
wohl zu sehr betont neben dem gesunden, kraftvollen, fast haus-
backenen Endymion. Die Beleuchtung ist nicht bestimmt- und
schwankt verschiedenartig. Sehr glücklich sind hier die Wolken-
bildungen angebracht, indem sie dem Beschauer den Niedergang
Lünens näher bringen.

„Die Liste der Proskribirten unter Sulla, Diktator von Rom"
von Boschetti war uns von der Weltausstellung her schon be-
kannt. Das Gemälde sagt offenbar weniger, als cs sagen wollte,,
und ringt nach dem Erfassen der Situation. Die Farbe ist trockem
und neigt sich der Schroffheit zu, ja es staut sich jene förmlich bei
jeder Brechung des Lichtes. Ein Fehler in der Komposition ist
der darin allzusehr in den Vordergrund gedrängte römische Mob;
das Geschichtliche erhält dadurch einen gewissen — wir finden keinen
anderen Ausdruck — volksthümlichen Charakter, wie etwa eine
Scene aus der französischen Revolution, und doch ging die Pro-
stribtion von der Aristokratie gegen die Demokraten aus. Die
Darstellung gipfelt in zwei, vielleicht entlaufenen Sklaven, von denen,
der erste an der Toga einen der marianischen Senatoren faßt, dessen:
Namen er auf der Liste gelesen und sich nun vergewissert, ob er es-
auch wirklich sei, während der andere eben die Liste überfliegt, um.
 
Annotationen