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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0384

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376

Schnitt" auf die Lehre von der Schönheit anzuwcnden. Mit ein wenig gutem
Willen rmd annäherungsweise richtigeni Messen gelang es ihm, in vielen
Verhältnissen des menschlichen Körpers den goldnen Schnitt oder doch bei-
nahe so etwas nachzuweisen. Man machte ein großes Gerede davon seiner
Zeit, aber ein praktisches Resultat hat sich daraus natürlich nicht ergeben.

Was nun die oben verzeichnete Schrist betrifft, deren Verfasser selbst-
verständlich ebenfalls Herbartianer ist, so unterscheidet er sich von Zeising,
der den „goldnen Schnitt" im ersten Anlauf seines Enthusiasmus nicht nur
in der ganzen belebten und unbelebten Natur, sondern selbst am gestirnten
Himmel nachzuweisen sich bemühte, so daß schließlich Alles zum „goldenen
Schnitt" wurde, zunächst in verständiger Weise dadurch, daß er dies Gesetz
nur auf das Reich der Kunst beschränkt wissen will. Sodann glaubt er das
Gesetz uur als eine Abstraction der räumlichen Kunstdarstellung behandeln
zu müssen. Diese Beschränkung ist also eine noch engere; aber sie ist gleich-
wohl noch nicht enge genug. Wir können seiner Auseinandersetzung hier nicht
folgen, wollen indcß gern zugebcn, daß viele Beispiele sehr glücklich gewählt
sind und von einsichtsvoller Beobachtung zeugen. Aber ein mathematisches
Gesetz kann doch unserer Meinung nach nur in derjenigen ästhetischen Sphäre
Geltung beanspruchen, in welcher, wie z. B. in jder Architektur, die Basis
selbst eine mathematische ist. Aber was in der niederen Schönheitssphäre
gilt, verliert in der höheren seine Geltung, daher die symmetrisch oder wenn
man will architektonisch behandelten Götterfiguren der Aegypter vom höheren
plastischen Gesichtspuirkt unschön erscheinen gegenüber der unsymmetrischen, aber
gerade darum organisch lebendigeren Auffassung der hellenischen Plastik. Weiter-
hin enthält das Malerische, weil es noch bewegter, d. h. unregelmäßiger ist,
wiederum ein höheres Gesetz als die plastische Schönheit: man spricht daher
wohl von „malerischer Unordnung" — gerade im Gegensatz zur mathema-
tischen Regelmäßigkeit und äußerlichen Symmetrie —, aber weder von archi-
tektonischer noch von plastischer Unordnung. — „Architekonische Unordnung"
wäre Zerstörung der architektonischen Symmetrie — also etwa eine Ruine:
die Ruine aber besitzt nicht mehr architektonische, sondern malerische Schön-
heit, oder, wie man sagt, sie ist pittoresk.

Diese Bewegung der Schönheitsidee vom Niederen zum Höheren in der
Kunst', welche analog der ganz ähnlichen Stufenfolge in der. Natur, von der
Struktur des Krystalls bis zur Anatomie des menschlichen Körpers hinauf,
erscheint, hat, wie uns bedünken will, der doch immerhin in der trocknen
Verhältnißmäßigkeit der Herbart'schen Anschauung befangene Verfasser nicht
hinlänglich in Betracht gezogen: deshalb können wir, so viel Ansprechendes
und Richtiges des Schriftchen auch wirklich enthält, weder mit deni Grund-

gedanken in seiner Allgemeinheit noch mit den Resultaten, die er als Kon-
sequenzen (namentlich für die kompositionelle Anordnung von Gemälden)
daraus gewinnen zu können vermeint, übereinstimmen. M. Sr.

Principien der Perspektive und deren Anwendung nach einer neuen
Methode von Gustav Seeberger, Maler und Professor an
der königl. Akademie der bildenden Künste in München. Mit
34 Figuren und 4 Tafeln. — München. Literarisch - artistische
Anstalt (Th. Riedel). 1874.

Man kann schwerlich behaupten, daß wir an perspektivischen Jahrbüchern
Mangel leiden; fast jährlich erscheinen neue, und jedes von ihnen macht An-
spruch darauf, wenn nicht „nach einer neuen Methode", doch wenigstens in
praktischerer Weise als seine Vorgänger die Künstler in die Geheimnisse der
perspektivischen Gesetze einzuführen. Selbstverständlich müssen daher auch die
Ansprüche wachsen, welche die Kritik an jedes neue perspektivische Lehrbuch zu
machen berechtigt ist. Denn wer in irgend einer Wissenschaft mit einem neuen
Lehrbuch auftritt, bricht durch diese Thatsache allein den Stab über seine
Vorgänger, er übt also selbst eine Kritik und muß es sich gefallen lassen,
daß nunmehr auch an ihm eine solche geübt wird. Denn liegt nicht in dem
Erscheinen eines neuen Lehrbuchs das stillschweigende Anerkenntniß von der,
wenn auch nur vielleicht theilweisen Untauglichkeit der bisherigen Darstel-
lungsweiscn?

Der Verfasser der obigen Schrift setzt bereits, wie er auch ausdrücklich
bemerkt) eine genauere Kenntniß der wesentlichsten Elementarbegriffe der
Perspektive voraus. Ob dies zweckmäßig sei, wollen wir dahin gestellt sein
lassen ; daß es aber zu der Brauchbarkeit des Buches beitrage, möchten wir
doch bezweifeln: Das, was er voraussetzt, hätte sich bequem auf '/, Bogen
seines Formats entwickeln lassen. Aber das Recht zu solcher Beschrän-
kung kann ihnr natürlich nicht abgesprochen werden. Dagegen aber muß
die Kritik eine um so größere Klarheit in der Darstellung und vor Allem
eine zweifellose Bestimmtheit des Ausdrucks verlangen, wo es sich — wie
hier — um eine neue Methode handelt. Dies ist nun aber, wie wir so-
gleich bemerken müssen, gerade die schwache Seite des Buches. Kleinigkeiten,
wie mannigfache grammatikalische Inkorrektheiten (so konstruirt z. B. der
Verfasser die Präposition „wegen" immer mit dem Dativ: er sagt S. 71
„wegen den sehr verschiedenen Richtungen" statt „wegen der" u. s. f.) wol-
len wir nicht gerade sehr urgiren, obschon Jemand, der ein deutsches Buch
drucken läßt, doch billiger Weise müßte vor Allem richtig deutsch schreiben
können. (Schluß folgt.)

Iriefkasten.

Hrn. n. in Dresden. Excerple von Geschäftsberichten der Kunst- der Dresdener Kunstverein es nie der Mühe werth gehalten, uns gleich den

Vereine, die sich auf bloße Zahlendaten u. s. f. beschränken, können nicht meisten andern Vereinen seine Jahresberichte zuzusenden. — Die zweite Notiz

Gegenstand von Korrespondenzen sein; in diesem Falle um so weniger, als Ihres Briefes bringen wir unter Chronik.

Preis-Medaillen:

London 1862. Moskau 1872. Wien 1873.

Polygrades-Bleistifte in IG Bleihärten,
Anker-Bleistifte in 5 Bleihärten,
Schul-Stifte in 4 Bleihärten,
Künstler-Bleistifte in 5 Bleihärten,
Kiinstler-Bleie, feinste u. beste, in 5 Blei-
härten,

Taschen- & Patent-Stifte in ca. 300 Sorten,
Bleie dazu in allen Qualitäten und circa
25 Stärken,

Farbige Öelkreide-Stifte in 48 Farben.

Vorräthig in allen Zeichnen-Materialien-
Handlungen. [830]

Schwanhäusser,

vorm. Grossberger &Kurz in Nürnberg.

iPerrtianeiite


Louis Bock & Sohn

Hamburg, gr. Bleichen 34.

Kunst -Ausstellungen.

Die vereinigten Kunst-Vereine in Augsburg, Stuttgart,
Wiesbaden, Würzburg, Fürth, Nürnberg, Bamberg, Bayreuth
und Regensburg veranstalten, wie bisher, in den Monaten Januar
bis December 1875 gemeinschaftliche, permanente Ausstellungen
unter den bekannten Bedingungen für die Einsendungen, von welchen
nur diejenige hervorgehoben wird, daß alle Kunstwerke von Nord-
und West-Deutschland nach Wiesbaden, von Oesterreich nach
Regensburg, vom Süden und aus München nach Augsburg
einzusenden sind, und vorstehenden Turnus vor- oder rück-
wärts zu durchlaufen haben.

Die verehrlichen Herren Künstler werden daher zu zahlreicher
Einsendung ihrer Kunstwerke mit dem Ersuchen eingeladen, vor
Einsendung von größeren und werthvolleren Bildern, unter
Anzeige ihres Umfanges und Gewichtes, gefällige Anfrage stellen
zu wollen.

Regensburg, im December 1874. ^881^

Im Namen der verbundenen Vereine: der Kunstvercill Atgensiilirg.

^rrmllnenteÄiiWtelimig

Theodor Lichtcnberg

Kunsthandlung

BRESLAU [830]

Sehweidnitzer Strasse 30.

Ich ersuche die Herren Künstler
freundlichst um Uebersendung von
Gemälden, trage gern einmalige
Fracht und verwende mich thätigst
für deren Verkauf. Alle Wünsche,
die Weiterbeförderung betreffend,
berücksichtige pünktlichst und be-
rechne keinerlei Spesen.

Für bedeutende Werke bin ich
gern bereitHonorar zu zahlen. Cor-
respondence franco gegen franco.

Auskunft ertheilt auf Wunsch
die hiesige Kunstgenossenschaft.

Breslau, 1874.

Theodor lichtenberg.

Kommissions-Verlag der Nicolai'schen Verlags-Buchhandlung (Stricker) ln Berlin. — Druck von H. Theinhardt in Berlin, Jüdenstr. 37.
 
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