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Eggers, Friedrich [Editor]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 6.1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.1199#0406
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379

§. 2. Für die (dritte) Säule abwärts von dem Altäre der

Dione (rov (tq'itov) xlova cctto tov ßco^uov rrjq A/cbvrj^ das Wort

7QL7ov ist Conjeltur des Herrn Rhizos) 6 Arbeitern, jedem 8 Drach-
men 2 Obolen, macht 50 Drachmen.

Die zweite Colonne des dritten Bruchstückes ist sehr verstüm-
melt, so daß sich aus dem Uebriggebliebenen nichts mehr mit Be-
stimmtheit herauslesen läßt. Doch scheint sie wieder einen Altar
vorzusühren (vielleicht den der Dione), vermuthlich mit Beziehung
zu einer Ante, weil sonst zu den früher erwähnten sechs Säulen
(2te Tafel lfte Colonne §. 14. §. 19; 2te Tafel 2te Colonne §. 21.
§. 25; 3te Tafel §. 1 und §. 2) eine siebente hinzukommen würde.
Die letzten lesbaren Worte sind nämlich tov tov, welche diese, wenn
auch nur schwach gegründete Vermuthung zulassen.

Dies, wie Du siehst, für die Archäologie der Baukunst so wich-
tige Dokument ist nach Rhizos' Conjektur im dritten Jahre nach der
ersten aufgesetzt worden, nämlich im vierten Jahre der 92sten
Olympiade.

Die Beziehung der älteren Inschrift, von welcher ich später
noch ein Paar Worte zu sagen habe, zu dem Erechtheum ist un-
zweifelhaft. — Was aber berechtigt Thiersch zu der Annahme, daß
die unsrige sich ebenfalls darauf beziehe und „daß sie für die Werk-
führung des Erechtheum von gleicher Wichtigkeit sei, wie die ältere
es für die Beschaffenheit desselben und für Kunde seiner einzelnen
Theile ist?" Alles, was Thiersch zu der Begründung derselben an-
führt, ist Folgendes: Das Vorkommen des Kekropion in derselben,
die Säulenstellung gegen Morgen, die große Halle, „die auch hier
als Prostasis mit Säulen auftritt", das Anlöthen der Reliefe, „die
auf Eleusischem Steine geschah, von dem auf der Burg allein
das Erechtheum Spuren und Ueberreste zeigt", endlich der Umstand,
daß der Bau ein jonischer war, „wie die häufige Erwähnung der
Muscheln oder jonischen Eier und die der Säulenaugen, welches die
inneren Punkte der jonischen Convoluta sind, beweisen."

Allerdings kommen die beiden Worte xsxqohiov und xsxqoxixa
und zwar in Verbindung mit einer Erdwinde (rgo%«A{-/a) vor, und
die Rubrik, in welcher dies geschieht, enthielt aller Wahrscheinlich-
keit nach die Handlangerlöhne für Forffchaffung von Rüstzeugen
(lexavac; dvayooycracriv). Denn obschon der Titel der Rubrik nicht
mehr leserlich ist, so ergiebt sich dies dennoch mit ziemlicher Wahr-
scheinlichkeit aus dem Umstande, daß der Name eines Handlangers,
Prepos aus Argyllae, hier wieder vorkommt, welcher vorher in einer
früheren Rubrik für Fortschaffung der Rüstzeuge schon einmal ge-
nannt wird, und daß der Betrag der Löhne gleichfalls eine Drachme
für den Mann beträgt. Ferner folgt diese Rubrik unmittelbar nach
der Zimmermannsrechnung für Arbeiten an dem Hinterbau ([bulaa>)
und gleich nachher kommt eine Rubrik für das Abrüsten der Mauer,
worauf die Bildwerke befindlich sind. Mit diesen Arbeiten scheinen
also diejenigen des nicht mehr leserlichen Paragraphen in Verbindung
zu stehen, und das xsxqokiov ist wahrscheinlich der Ort, wo die
Winde aufgestellt war, unfern des hinteren Theiles des Gebäudes.
So denke ich mir die Sache; Herr Thiersch aber, der das Kekro-
pium in das Innere des Erechtheum versetzt, folgert aus dieser für
bewiesen angenommenen Voraussetzung, daß, weil das Kekropium in
unserer Inschrift vorkomme, diese nothwendig von dem Erechtheum
handeln müsse. Ich werde später auf diesen Punkt zurückkommen,
und aus dem Vorkommen des xsxqoxiov in unserer Inschrift meine
eigenen Folgerungen ziehen, die von denen des Hofrath Thiersch
sehr abweichen.

Der zweite Beweis der Beziehung unserer Inschrift zu dem
Erechtheum liegt für Thiersch in dem Vorkommen einer östlichen
Säulenhalle und einer Prostasis, die nach ihm nothwendig die nörd-
liche Vorhalle des Erechtheum sein muß. — Geht man die einzel-
nen Punkte der Inschrift der Reihe nach durch (wobei zu beobachten

ist, daß die in der zweiten Tafel angeführten Arbeiten voranzusetzen
sind, obschon ich in der gegebenen Aufzählung der Rubriken die
Ordnung der Herausgeber der Inschrift befolgte), so findet man
folgende örtliche Bezeichnungen: j

1. Säulen gegen Osten, mit Orthostaten, drei (oder mehre-
ren) Altären und Außenwerken..

2. Ein Inneres, welches ein Epistyl, also auch Säulenstellun-
gen hatte. (§. 10 der 2ten Colonne der 2ten Tafel.)

3. Eine Prostasis, von welcher das Gerüste abgenommen wird,
(lfte Tafel lfte Colonne §. 2.)

4. Nochmalige Anführung des Epistyls im Inneren. (§. 7.)

5. Ein Vorderbau mit sechs Deckenöffnungen (b-xaTu). (Col. 2
§. 2 und §. 3.)

6. Ein Hinterbau mit sechs Deckenöffnungen. (Col. 2. §. 4.)

7. Das Kekropium mit den Hebewerkzeugen. (§. 6.)

8. Die Mauer mit den Bildwerken. (§. 7.)

Sind unter diesen Bezeichnungen von Oertlichkeiten wirklich
eben so viele Glieder des Baues zu verstehen oder kommen darun-
ter verschiedene Benennungen für einen und denselben Theil vor?
Diese Frage kommt erstens in Betracht wegen der örtlichen Be-
zeichnungen: Prostasis und Vorderbau. Ich halte beide Bezeich-
nungen als auf eine und dieselbe Oertlichkeit bezüglich, und zwar, ,
daß die Prostasis nur einen Theil des Vorderbaues bezeichne, näm-
lich die Säulenreihe desselben, an welchem die Gerüste abgetragen
werden, ehe die Decke desselben Vorderbaues fertig ist (ixouo-xaTa

xa^-sXovcriv tu dxo rov xtovcov tojv iv 77J icgo'Tacrs/).

Die Deckeneintheilung des Vorderbaues ist ganz gleich der
Deckeneintheilung des Hinterbaues, beide haben 6 Deckenöffnungen
(o-xaia). Ist dieser Hinterbau nun derselbe Theil, zu dem die in
der Inschrift angeführten Säulen gegen Osten gehören? Wäre dies
der Fall, so bekämen wir ein anschauliches Bild des Grundplanes
unseres Bauwerkes (o&cou), und ein unterscheidendes Charakteristikon
für dasselbe in dem Umstande, daß sein Eingang, seine Vorderftonte
nämlich, gegen Westen gekehrt sein mußte, da seine Hintersronte ge-
gen Osten gekehrt war.

Die Folgerungen, die sich auf diese Hypothese bauen lassen,
(ich gebe sie für nichts mehr aus als das) sind mannigfacher Art;
doch sei sürerst nur daraus entnommen, daß ihr zufolge das Erech-
theum hier nicht gemeint sein kann, da dasselbe unter den erhaltenen
Monumenten der Akropolis ihr am wenigsten entspricht.

Thiersch führt nun das Anlöthen der Reliefs, das auf Eleu-
sinischem Steine geschah, als einen Beweis an, daß die In-
schrift das Erechtheum betreffe. Sieht dies nicht einer argumen-
tatio ex concessis, (die er als höchst bequem bezeichnet, aber bei
seinen Gegnern nicht dulden mag) so ähnlich wie etwas? Von
Eleusinischem Stein weiß die Inschrift durchaus gar nichts, und
von einem Anlöthen der Reliefs an dieselben ist in ihr eben so
wenig die Rede, sondern nur vom Ankäufe von zwei Talenten Blei
(ungefähr zwei Zentner), zur Befestigung derselben. Diese Befesti-
gung xQoqtrsaiq konnte aber auch so stattfinden, daß man Reliefplat-
ten einsetzte und die eisernen oder bronzenen Klammem mit Blei
vergoß. Nichts zwingt uns zu der Annahme, daß die einzelnen Fi-
guren aus Marmor ausgeschnitten gewesen seien, und einzeln ange-
setzt wurden, wie am Friese des Erechtheum. Man hat nämlich in
dem Schutte des Erechtheum einige so ausgeschnittene Figuren ge-
funden, und hält sie mit Wahrscheinlichkeit für diejenigen, welche
den aus Eleusinischem Steine (nicht wie der übrige Tempel aus
Marmor) ausgeführten Fries desselben schmückten. Ich gestehe, daß
ich mich ungern in diese decoupirende Ausführungsweise hineinfinde,
da ich früher immer die Idee hatte, der Fries habe aus Metall-
platten, die im Ganzen an den Steingrund angesetzt worden, bestan-
den. — Dem sei wie ihm wolle- hier kann schwerlich derselbe Fries
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