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v. Poellnitz.
Kunst- Versr/asum*.
Entw.
HANS CHRISTIANSEN
Ausführung: ADOLF SCHELL — OEEENBÜKG I. B.
allmählich erwacht ist, wie für viele Schat-
tirungen des Lila, des Grün etc., die man
in früheren Zeiten theilweise gar nicht kannte.
Eine derartige Geschichte des Farbensinnes
kann man z. B. verfolgen, wenn man die
Farbenzusammenstellungen vergleicht an den
antiken Tempeln, an den altchristlichen
Mosaiken, den deko-
rativen Gemälden von
Rubens, von Makart
und von Böcklin, und
schliesslich an den mo-
dernen Möbelstoffen. Es
scheint, als ob auch all-
mählich der Geschmack
sich von Farben gleicher
Leuchtkraft mehr hin-
gewandt habe zu gegen-
seitiger Unterordnung
der Farben in ihrer
Lichtstärke. Jedenfalls
ist anzunehmen, dass
der moderne Stil in
seiner Farbenwahl sich
gewissermassen an-
schliesst an die Ge-
schichte des Farben-
sinnes überhaupt, und
vielleicht bildet er eine
Vereinigung der kräf-
tigen Farben der Früh-
renaissance ohne ihre
schwülstige Düsterkeit
und der leuchtenden
hellen Farben der Spät-
renaissance und des Em-
pire ohne deren Nüch-
ternheit.
In der Formengebung
wird der neue Stil vor
allen Dingen beeinflusst
von äusserster Zweck-
mässigkeit , von der
modernen Vorliebe für
Licht, Luft und Gesund-
heit und den weit-
gehendsten Rücksichten
auf Bequemlichkeit. Man
verlangt, dass ein Gegen-
stand so geformt ist,
dass sein Zweck überall ersichtlich, seine Kon-
struktion verständlich ist, dass man nirgends
den Eindruck von Materialverschwendung
empfängt, und dass jedes Material seiner
Eigenart entsprechend behandelt ist. Hierzu
kommen die Forderungen sozusagen ästhe-
tischer Konstruktion, welche oft Ver-
v. Poellnitz.
Kunst- Versr/asum*.
Entw.
HANS CHRISTIANSEN
Ausführung: ADOLF SCHELL — OEEENBÜKG I. B.
allmählich erwacht ist, wie für viele Schat-
tirungen des Lila, des Grün etc., die man
in früheren Zeiten theilweise gar nicht kannte.
Eine derartige Geschichte des Farbensinnes
kann man z. B. verfolgen, wenn man die
Farbenzusammenstellungen vergleicht an den
antiken Tempeln, an den altchristlichen
Mosaiken, den deko-
rativen Gemälden von
Rubens, von Makart
und von Böcklin, und
schliesslich an den mo-
dernen Möbelstoffen. Es
scheint, als ob auch all-
mählich der Geschmack
sich von Farben gleicher
Leuchtkraft mehr hin-
gewandt habe zu gegen-
seitiger Unterordnung
der Farben in ihrer
Lichtstärke. Jedenfalls
ist anzunehmen, dass
der moderne Stil in
seiner Farbenwahl sich
gewissermassen an-
schliesst an die Ge-
schichte des Farben-
sinnes überhaupt, und
vielleicht bildet er eine
Vereinigung der kräf-
tigen Farben der Früh-
renaissance ohne ihre
schwülstige Düsterkeit
und der leuchtenden
hellen Farben der Spät-
renaissance und des Em-
pire ohne deren Nüch-
ternheit.
In der Formengebung
wird der neue Stil vor
allen Dingen beeinflusst
von äusserster Zweck-
mässigkeit , von der
modernen Vorliebe für
Licht, Luft und Gesund-
heit und den weit-
gehendsten Rücksichten
auf Bequemlichkeit. Man
verlangt, dass ein Gegen-
stand so geformt ist,
dass sein Zweck überall ersichtlich, seine Kon-
struktion verständlich ist, dass man nirgends
den Eindruck von Materialverschwendung
empfängt, und dass jedes Material seiner
Eigenart entsprechend behandelt ist. Hierzu
kommen die Forderungen sozusagen ästhe-
tischer Konstruktion, welche oft Ver-