Hans Thoma.
353
fläche zu können, schwär-
men oben Libellen um
eine stilisirte Seerose und
Frösche warten unter dem
Schilf gierig auf Beute.
So bildet der Rahmen,
auf dem alles in Bewegung
scheint, einen wirksamen
Gegensatz zu dem Bilde
selbst, auf dem die Tri-
tonen mit der steinernen
Ruhe von Brunnenfiguren
die wassertriefende
Muschelschale halten.
Anders in der »Bacchan-
tin« einem Breitformate
mit dem den Verhältnissen
des Bildes nachgebenden
breiten Rahmen. Auch
hier tragen Seepferdchen
das Bild unten an beiden
Enden. Zwei Engelsköpf-
chen mit Flügeln geben
den aufsteigenden Schmal-
seiten einen festen Stütz-
punkt, während oben auf
den beiden Ecken wiede-
rum sich zwei Libellen
niedergelassen haben und
von den beiden Seiten Hochzeits-Plakette. JOS. KOWARZIK— FRANKFÜRT A. M.
zwei träge Schnecken auf
der oberen Randleiste herankriechen, die haben es angewandt, bewusst oder unbe-
neugierig ihre Fühlhörner nach einem wusst. Der künstlerische Instinkt ist eben
grossen Falter ausstrecken, der in der zu allen Zeiten derselbe gewesen.
Mitte mit weitausgebreiteten Flügeln unbe- Noch stärker, d. h. auf den ersten Blick
weglich dasitzt. Im Gegensatz zu dem verständlicher, tritt das Spiel mit den Gegen-
Bilde mit den trippelnden Kindern, dem Sätzen hervor bei den beiden Wasserspeiern,
starkausschreitenden Geisbock und dem Bei dem einen zieht sich alles zusammen; bei
hüpfenden Faun herrscht in dem Rahmen dem andern weicht alles auseinander. Das
die grösste Ruhe und nur die Linien des lässt sich bis in die Bildung der Haare
Grundes, die mit weitem Bogen den scharfen verfolgen, denn das, was bei dem einen zu-
Kanten des Bildes ausweichen, eine Bewe- sammengerollt ist, hat sich bei dem andern
gung, welche die langen schmalen Leiber gestreckt. Das feine Gefühl für den Werth
der Libellen wiederholen, verhindern, dass der Form und der räumlichen Vertheilung,
die Ruhe in eine förmliche Starrheit aus- Dinge, die ja die Grundbedingungen des
artet. Auch hier wiederum ein Spiel, das Kunsthandwerkes sind, findet sich auch und
Spiel mit den Gegensätzen. Auch das ist zwar geradezu frappant ausgedrückt auf
ein altes, künstlerisches Gesetz, das Gesetz jener aus Disteln gebildeten Schlussvignette,
von dem contrapposto, von der Kontrast- Wie ist hier der Mittelpunkt herausgehoben
Wirkung. Alle grossen Künstler alter Zeiten und die Seitentheile geschickt untergeordnet!
98. X. 4.
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fläche zu können, schwär-
men oben Libellen um
eine stilisirte Seerose und
Frösche warten unter dem
Schilf gierig auf Beute.
So bildet der Rahmen,
auf dem alles in Bewegung
scheint, einen wirksamen
Gegensatz zu dem Bilde
selbst, auf dem die Tri-
tonen mit der steinernen
Ruhe von Brunnenfiguren
die wassertriefende
Muschelschale halten.
Anders in der »Bacchan-
tin« einem Breitformate
mit dem den Verhältnissen
des Bildes nachgebenden
breiten Rahmen. Auch
hier tragen Seepferdchen
das Bild unten an beiden
Enden. Zwei Engelsköpf-
chen mit Flügeln geben
den aufsteigenden Schmal-
seiten einen festen Stütz-
punkt, während oben auf
den beiden Ecken wiede-
rum sich zwei Libellen
niedergelassen haben und
von den beiden Seiten Hochzeits-Plakette. JOS. KOWARZIK— FRANKFÜRT A. M.
zwei träge Schnecken auf
der oberen Randleiste herankriechen, die haben es angewandt, bewusst oder unbe-
neugierig ihre Fühlhörner nach einem wusst. Der künstlerische Instinkt ist eben
grossen Falter ausstrecken, der in der zu allen Zeiten derselbe gewesen.
Mitte mit weitausgebreiteten Flügeln unbe- Noch stärker, d. h. auf den ersten Blick
weglich dasitzt. Im Gegensatz zu dem verständlicher, tritt das Spiel mit den Gegen-
Bilde mit den trippelnden Kindern, dem Sätzen hervor bei den beiden Wasserspeiern,
starkausschreitenden Geisbock und dem Bei dem einen zieht sich alles zusammen; bei
hüpfenden Faun herrscht in dem Rahmen dem andern weicht alles auseinander. Das
die grösste Ruhe und nur die Linien des lässt sich bis in die Bildung der Haare
Grundes, die mit weitem Bogen den scharfen verfolgen, denn das, was bei dem einen zu-
Kanten des Bildes ausweichen, eine Bewe- sammengerollt ist, hat sich bei dem andern
gung, welche die langen schmalen Leiber gestreckt. Das feine Gefühl für den Werth
der Libellen wiederholen, verhindern, dass der Form und der räumlichen Vertheilung,
die Ruhe in eine förmliche Starrheit aus- Dinge, die ja die Grundbedingungen des
artet. Auch hier wiederum ein Spiel, das Kunsthandwerkes sind, findet sich auch und
Spiel mit den Gegensätzen. Auch das ist zwar geradezu frappant ausgedrückt auf
ein altes, künstlerisches Gesetz, das Gesetz jener aus Disteln gebildeten Schlussvignette,
von dem contrapposto, von der Kontrast- Wie ist hier der Mittelpunkt herausgehoben
Wirkung. Alle grossen Künstler alter Zeiten und die Seitentheile geschickt untergeordnet!
98. X. 4.