Klinger'sche Handzeichnungen.
427
Aal
Nüchternheit ein Boden, aus dem eine beträchtliche
Zahl bemerkenswerther künstlerischer Begabungen her-
vorgegangen ist. Mehrere haben schon weithin einen
festbegründeten Ruf, ich nenne ausser Klinger noch
G. Prell, Volkmann, Greiner, Seffner, Flinzer, andere
sind noch kaum über das Weichbild der Stadt hinaus-
gedrungen. Es seien nur angeführt die Künstler
Lehnert, Mayr, Fröhlich, Gerlach, Klotz, Pfeifer, Zenker,
Wimmer. Und wie viel Gutes liegt da verborgen. Wie
könnten da aus mancher guten Skizze, aus manchem
gelungenen künstlerischen Gedanken gute und erfreuende
Dinge geschaffen werden, — wenn die Besteller nicht
fehlten. Was vor allem fehlt, ist das richtige Verhältniss
zwischen Besteller und Künstler; es bedarf eines ge-
meinsamen Zusammenarbeitens und Durchsprechens der
Pläne, für jeden einzelnen Fall eine besondere Berück-
sichtigung der Verhältnisse, des zu schmückenden
Raumes, des Zweckes u. A. Es muss wieder mehr
Liebe für die Kunst empfunden werden, man muss
mehr Selbstbetätigung, mehr wirkliche innere Theil-
nahme sehen. Die Sache liegt aber so, dass der Be-
steller dem Möbelhändler, dem Tapezierer den Auftrag
ertheilt, die die bereits auf Lager fertigen Gegenstände
den Räumen, so gut es eben geht, anpassen. Ein ge-
wisser Stil kommt ja wohl da zustande, er hat aber
keine Seele. Hier muss die Lokalkunst einsetzen, wie
sie Lichtwark in Hamburg so nachdrücklich predigt
und mit so gutem Erfolg; dann wird auch aller
modischer Internationalismus verschwinden und eine
dauerhaftere, echte, bodenständige Kunst Platz greifen.
Aehnlich wie Lichtwark in der Hamburger Kunst-
halle eine besondere Abtheilung Hamburgischer Künstler
eingerichtet hat, so hat die Verwaltung des Leipziger
1
1111 /
Entwurf für »Amor und Psyche».. (Nicht veröffentlicht.)
PROF. MAX KLINGER—LEIPZIG.
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Aal
Nüchternheit ein Boden, aus dem eine beträchtliche
Zahl bemerkenswerther künstlerischer Begabungen her-
vorgegangen ist. Mehrere haben schon weithin einen
festbegründeten Ruf, ich nenne ausser Klinger noch
G. Prell, Volkmann, Greiner, Seffner, Flinzer, andere
sind noch kaum über das Weichbild der Stadt hinaus-
gedrungen. Es seien nur angeführt die Künstler
Lehnert, Mayr, Fröhlich, Gerlach, Klotz, Pfeifer, Zenker,
Wimmer. Und wie viel Gutes liegt da verborgen. Wie
könnten da aus mancher guten Skizze, aus manchem
gelungenen künstlerischen Gedanken gute und erfreuende
Dinge geschaffen werden, — wenn die Besteller nicht
fehlten. Was vor allem fehlt, ist das richtige Verhältniss
zwischen Besteller und Künstler; es bedarf eines ge-
meinsamen Zusammenarbeitens und Durchsprechens der
Pläne, für jeden einzelnen Fall eine besondere Berück-
sichtigung der Verhältnisse, des zu schmückenden
Raumes, des Zweckes u. A. Es muss wieder mehr
Liebe für die Kunst empfunden werden, man muss
mehr Selbstbetätigung, mehr wirkliche innere Theil-
nahme sehen. Die Sache liegt aber so, dass der Be-
steller dem Möbelhändler, dem Tapezierer den Auftrag
ertheilt, die die bereits auf Lager fertigen Gegenstände
den Räumen, so gut es eben geht, anpassen. Ein ge-
wisser Stil kommt ja wohl da zustande, er hat aber
keine Seele. Hier muss die Lokalkunst einsetzen, wie
sie Lichtwark in Hamburg so nachdrücklich predigt
und mit so gutem Erfolg; dann wird auch aller
modischer Internationalismus verschwinden und eine
dauerhaftere, echte, bodenständige Kunst Platz greifen.
Aehnlich wie Lichtwark in der Hamburger Kunst-
halle eine besondere Abtheilung Hamburgischer Künstler
eingerichtet hat, so hat die Verwaltung des Leipziger
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1111 /
Entwurf für »Amor und Psyche».. (Nicht veröffentlicht.)
PROF. MAX KLINGER—LEIPZIG.