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Paul Schumann:
Radirung: A/ann aus dem Dresdener Versorghaus.
RICHARD MÜLLER—DRESDEN.
richtigkeit und einheitliche Durchführung der
Grundgedanken nicht absprechen dürfen.
Das volksthümlich Deutsche aber sollte auch
in der deutschen Baukunst an erster Stelle
stehen, und erfreulicher Weise kommt dieser
Standpunkt auch in Dresden in mehr als
einer Beziehung zur Geltung. Man mag
zweifelhaft sein, ob man deutsches Wesen
allein in der deutschen Re-
naissance und ihren Aus-
drucksformen finden dürfe.
Im weiteren Sinne dürfte
auch die Anknüpfung an
die heimisch-örtliche Archi-
tektur wohl zu wünschen
und zu billigen sein. In
Dresden ist damit die Ar-
chitektur des 18. Jahrhun-
derts, der Barockstil, wie
er sich unter August dem
Starken und seinem Nach-
folger ausgebildet hat, das
gegebene Vorbild. Es ist
wiederholt ausgesprochen
worden, dass das 18. Jahr-
hundert Dresdens Altstadt
das architektonische Gepräge gegeben hat.
Leider hat aber gerade der Schatz von
Monumentalbauten des 18. Jahrhunderts in
den letzten Jahren eine betrübsame Einbusse
erlitten. Das Maxpalais, das Schönburg-
Waldenburgische, das Boxbergische, das
eine Brühl'sche Palais sind schon gefallen,
das zweite Brühl'sche Palais wird voraus-
sichtlich leider dem neuen Landhause zum
Opfer fallen, und dem Kurländer Palais
mit seinen wohlerhaltenen prächtig deko-
rirten Innenräumen droht ebenfalls der Ab-
bruch. Mag auch dieser Dresdener Barock-
stil in gerader Linie von der gleichzeitigen
französischen Bauweise abstammen, er hat
doch in Dresden Bürgerrechte erworben, und
niemand empfindet ihn in seiner Anpassung als
fremdländisch, wie etwa Schinkels Haupt-
wache. Da erscheint es uns denn erfreulich,
dass z. B. Cornelius Gurlitt seine Schüler
durch seine Lehre und durch gelegentliche
Preisaufgaben immer von neuem auf die Schön-
heiten des Dresdener Barockstils aufmerksam
macht und dass anderseits schaffende Archi-
tekten an diese mit Bewusstsein wieder an-
knüpfen.
In letzter Beziehung ist zu nennen die
städtische Markthalle auf dem Antonsplatze
und die Bürgerschule an der Silbermann-
strasse, zu denen Baurath Rettich während
seines kurzen Wirkens in Dresden die Ent-
würfe gemacht hat, wenn er auch für die
Radirung: Der Philosoph.
RICHARD MÜLLER—DRESDEN.
Paul Schumann:
Radirung: A/ann aus dem Dresdener Versorghaus.
RICHARD MÜLLER—DRESDEN.
richtigkeit und einheitliche Durchführung der
Grundgedanken nicht absprechen dürfen.
Das volksthümlich Deutsche aber sollte auch
in der deutschen Baukunst an erster Stelle
stehen, und erfreulicher Weise kommt dieser
Standpunkt auch in Dresden in mehr als
einer Beziehung zur Geltung. Man mag
zweifelhaft sein, ob man deutsches Wesen
allein in der deutschen Re-
naissance und ihren Aus-
drucksformen finden dürfe.
Im weiteren Sinne dürfte
auch die Anknüpfung an
die heimisch-örtliche Archi-
tektur wohl zu wünschen
und zu billigen sein. In
Dresden ist damit die Ar-
chitektur des 18. Jahrhun-
derts, der Barockstil, wie
er sich unter August dem
Starken und seinem Nach-
folger ausgebildet hat, das
gegebene Vorbild. Es ist
wiederholt ausgesprochen
worden, dass das 18. Jahr-
hundert Dresdens Altstadt
das architektonische Gepräge gegeben hat.
Leider hat aber gerade der Schatz von
Monumentalbauten des 18. Jahrhunderts in
den letzten Jahren eine betrübsame Einbusse
erlitten. Das Maxpalais, das Schönburg-
Waldenburgische, das Boxbergische, das
eine Brühl'sche Palais sind schon gefallen,
das zweite Brühl'sche Palais wird voraus-
sichtlich leider dem neuen Landhause zum
Opfer fallen, und dem Kurländer Palais
mit seinen wohlerhaltenen prächtig deko-
rirten Innenräumen droht ebenfalls der Ab-
bruch. Mag auch dieser Dresdener Barock-
stil in gerader Linie von der gleichzeitigen
französischen Bauweise abstammen, er hat
doch in Dresden Bürgerrechte erworben, und
niemand empfindet ihn in seiner Anpassung als
fremdländisch, wie etwa Schinkels Haupt-
wache. Da erscheint es uns denn erfreulich,
dass z. B. Cornelius Gurlitt seine Schüler
durch seine Lehre und durch gelegentliche
Preisaufgaben immer von neuem auf die Schön-
heiten des Dresdener Barockstils aufmerksam
macht und dass anderseits schaffende Archi-
tekten an diese mit Bewusstsein wieder an-
knüpfen.
In letzter Beziehung ist zu nennen die
städtische Markthalle auf dem Antonsplatze
und die Bürgerschule an der Silbermann-
strasse, zu denen Baurath Rettich während
seines kurzen Wirkens in Dresden die Ent-
würfe gemacht hat, wenn er auch für die
Radirung: Der Philosoph.
RICHARD MÜLLER—DRESDEN.