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BERNHARD WENIG—BERCHTESGADEN.
unsere künstlerische Losung: Selbständigkeit des Einzelnen, der einzelnen schöpferischen
Individualität, wie Selbständigkeit der Gesammtheit der nationalen Kunstübung. Wir
wollen nicht mehr abhängig zurückstehen, wir wollen, dass jeder Einzelne aus sich im
Anschluss an die Natur etwas Eigenes gebe, dass aber Alle durch das Band des Volks-
thumes und seiner Empfindungsweise zu einer grossen, lebendigen Gemeinschaft geeinigt
werden, die uns frei macht vom Alten wie vom Fremden. Wohl bedarf das Studium der
klassischen Werke der Vorzeit wie der gegenwärtigen Kunst anderer Völker nach wie
vor der emsigsten Pflege zur höheren Ausbildung und Verfeinerung des Geschmackes,
des Form- und Stilgefühles und der Technik, wohl gibt es gewisse Züge und Grundsätze,
die durch alle Kunst hindurchgehen, die immer wieder aufgegriffen und neu belebt
werden, auf denen sich die Ueberlieferung aufbaut, ohne die ja eine Weiter-Entwickelung,
eine Höher-Entwickelung nicht denkbar ist. Dagegen ankämpfen zu wollen, wäre nicht
nur Vermessenheit, sondern auch Thorheit. Vor einer in die Tiefen eindringenden Kritik
bleibt schliesslich kein Werk, und sei es das erhabenste, bestehen, das nicht verwandte
Züge mit anderen aufwiese: seien es nun Einwirkungen der Alten, der Japaner, der
Engländer oder gleichzeitiger Künstler des eigenen Volkes. Auch wer aus dem Alten
heraus in eigenartiger Weise weiter bildet, auch wer die Ergebnisse fremdländischer
Kunstübung in individueller, unserem Volksthume entsprechender Weise verwerthet und
neu belebt, ist ein Künstler.
Vor einem Jahre wurde uns oft entgegengehalten, dass die Kunst neuzeitlichen und
spezifisch deutschen Karakters noch nicht so weit entwickelt sei, um eine ihren Zwecken aus-
schliesslich gewidmete Zeitschrift darauf gründen zu können. Gewiss, es konnte manchem,
der sich naturgemäss nur an das hielt, was bis dahin bekannt geworden war, so scheinen.
Dieses Vorurtheil kann, nachdem die »Deutsche Kunst und Dekoration« 12 Hefte heraus-
gegeben hat, als überwunden gelten. In der That ist die Zahl der uns zugehenden Abbil-
dungen und Entwürfe eine so erstaunlich grosse, auch wenn wir nur das künstlerisch wirk-
lich werthvolle rechnen, dass selbst die vorgenommene erhebliche Vergrösserung der ein-
zelnen Hefte um 1, ja 2 Bogen über das im Anfange in Aussicht gestellte Mass hinaus,
nicht ausreichte, dass wir zu unserem lebhaften Bedauern oft für Werke hervorragender und
namhafter Künstler monatelang keinen Raum fanden, ja dass wir manches schöne Stück über-
haupt ablehnen mussten. Es drängt uns daher, an dieser Stelle, diejenigen unserer verehrten Mit-
arbeiter, die wir auf die Veröffentlichung ihrer Werke länger warten lassen mussten, als uns
gewiss selbst lieb war, oder denen wir Arbeiten von zweifelloser Tüchtigkeit wieder zurück-
geben mussten, zu ersuchen, aus den angeführten Gründen dies gütigst verzeihen zu wollen.
Zu dieser Erstarkung der Produktion haben, wie wir nach den Erfahrungen des ersten
Jahrganges feststellen können, unsere Wettbewerbe ihr gutes Theil beigetragen. Die Be-
theiligung bei den meisten derselben war eine überraschend grosse, und wenn das Ergebniss
BERNHARD WENIG—BERCHTESGADEN.
unsere künstlerische Losung: Selbständigkeit des Einzelnen, der einzelnen schöpferischen
Individualität, wie Selbständigkeit der Gesammtheit der nationalen Kunstübung. Wir
wollen nicht mehr abhängig zurückstehen, wir wollen, dass jeder Einzelne aus sich im
Anschluss an die Natur etwas Eigenes gebe, dass aber Alle durch das Band des Volks-
thumes und seiner Empfindungsweise zu einer grossen, lebendigen Gemeinschaft geeinigt
werden, die uns frei macht vom Alten wie vom Fremden. Wohl bedarf das Studium der
klassischen Werke der Vorzeit wie der gegenwärtigen Kunst anderer Völker nach wie
vor der emsigsten Pflege zur höheren Ausbildung und Verfeinerung des Geschmackes,
des Form- und Stilgefühles und der Technik, wohl gibt es gewisse Züge und Grundsätze,
die durch alle Kunst hindurchgehen, die immer wieder aufgegriffen und neu belebt
werden, auf denen sich die Ueberlieferung aufbaut, ohne die ja eine Weiter-Entwickelung,
eine Höher-Entwickelung nicht denkbar ist. Dagegen ankämpfen zu wollen, wäre nicht
nur Vermessenheit, sondern auch Thorheit. Vor einer in die Tiefen eindringenden Kritik
bleibt schliesslich kein Werk, und sei es das erhabenste, bestehen, das nicht verwandte
Züge mit anderen aufwiese: seien es nun Einwirkungen der Alten, der Japaner, der
Engländer oder gleichzeitiger Künstler des eigenen Volkes. Auch wer aus dem Alten
heraus in eigenartiger Weise weiter bildet, auch wer die Ergebnisse fremdländischer
Kunstübung in individueller, unserem Volksthume entsprechender Weise verwerthet und
neu belebt, ist ein Künstler.
Vor einem Jahre wurde uns oft entgegengehalten, dass die Kunst neuzeitlichen und
spezifisch deutschen Karakters noch nicht so weit entwickelt sei, um eine ihren Zwecken aus-
schliesslich gewidmete Zeitschrift darauf gründen zu können. Gewiss, es konnte manchem,
der sich naturgemäss nur an das hielt, was bis dahin bekannt geworden war, so scheinen.
Dieses Vorurtheil kann, nachdem die »Deutsche Kunst und Dekoration« 12 Hefte heraus-
gegeben hat, als überwunden gelten. In der That ist die Zahl der uns zugehenden Abbil-
dungen und Entwürfe eine so erstaunlich grosse, auch wenn wir nur das künstlerisch wirk-
lich werthvolle rechnen, dass selbst die vorgenommene erhebliche Vergrösserung der ein-
zelnen Hefte um 1, ja 2 Bogen über das im Anfange in Aussicht gestellte Mass hinaus,
nicht ausreichte, dass wir zu unserem lebhaften Bedauern oft für Werke hervorragender und
namhafter Künstler monatelang keinen Raum fanden, ja dass wir manches schöne Stück über-
haupt ablehnen mussten. Es drängt uns daher, an dieser Stelle, diejenigen unserer verehrten Mit-
arbeiter, die wir auf die Veröffentlichung ihrer Werke länger warten lassen mussten, als uns
gewiss selbst lieb war, oder denen wir Arbeiten von zweifelloser Tüchtigkeit wieder zurück-
geben mussten, zu ersuchen, aus den angeführten Gründen dies gütigst verzeihen zu wollen.
Zu dieser Erstarkung der Produktion haben, wie wir nach den Erfahrungen des ersten
Jahrganges feststellen können, unsere Wettbewerbe ihr gutes Theil beigetragen. Die Be-
theiligung bei den meisten derselben war eine überraschend grosse, und wenn das Ergebniss