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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 3.1898-1899

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Schölermann, Wilhelm: Neuere Wiener Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.6386#0228

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Neuere Wiener Architektur.

eute gibt es wohl kaum eine
Stadt in Europa, welche in
ihrer Gesammtanlage eine
so reiche Architektur aus
neuerer Zeit aufzuweisen
vermag, so vielgestaltig
und vorherrschend, wie die
alte Kaiserstadt Wien. Die
Baukunst scheint hier eine
Freistätte gefunden zu haben zu ihrer denk-
bar günstigsten und ungehinderten Entfaltung.
Seit dem Ausgang der Renaissance und dem
Einbürgern des vornehmen italienischen Ba-
rockstils, mit seinen grossräumigen Palast-
bauten und prunkvollen Portalen und Fassaden,
ist die Architektur hier zu einer Art heiligen
Ueberlieferung von Geschlecht zu Geschlecht

geworden, gepflegt und getragen von dem
prachtliebenden Hofe der Habsburger und
jenem reichbegüterten Hochadel, der in
Oesterreichs Geschichte oft eine so verhäng-
nissvolle Rolle gespielt hat, den schönen
Künsten aber von altersher ein grossmüthiger
Gönner und Förderer gewesen ist.

Wien darf auch jetzt noch ohne Wider-
spruch eine der architektonisch glänzendsten
Städte der Welt genannt werden. Das
ganze Wiener Leben mit seiner behaglichen
Breite, Sorglosigkeit und Genussfähigkeit
spiegelt sich in der Architektur wieder; und
umgekehrt strahlt diese Architektur mit ihrer
scheinbar unbegrenzten Raumverschwendung
ihre mannigfachen, vielleicht unbewussten
Eindrücke in das Leben der Wiener Bevölke-

99. v.l.
 
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