H. E. v. Berlepsch.
0
H. E. v. BERLEPSCH.
Lehnstuhl.
Berlepsch noch heute seinem Vater. In
Frankfurt a. M. war er erst bei Sommer am
Staedel'sehen Institut, dann bei Linnemann,
endlich an der damals florirenden Frank-
furter Baubank engagirt. Da stand er mitten
im Getriebe des Geschäftes und sah mit eigenen
Augen, was der Beruf
alltäglich für Zufalls-
forderungen stellt, er
lernte einer schnell
wechselnden Situation
jeden Augenblick ge-
recht zu werden.
Er war Architekt;
im Herzen aber fühlte
er den Beruf zum
Maler. Heute mag
ihm die Schule an der
Akademie in München,
wo er bei Lindenschmitt
eintrat, nur als ein Ab-
schluss seiner Studien-
zeit erscheinen, denn
seit geraumer Zeit hat
er die Staffelei in die
Ecke gerückt, um
wieder ausschliesslich
am Zeichentisch zu han-
tiren. Damals aber, im h. e. v. Berlepsch. »
Frühjahr 1875, zog er in München voll
Hoffnung ein, wähnend »der Himmel hinge
da voller Bassgeigen«. Er hatte sich einen
Zehrpfennig zurückgelegt, der ihm einige
sorglose Studienjahre sicherte, denn in Frank-
furt hatte er nebenher als rühriger Zeichner
für Ortwein's »Deutsche Renaissance« und
Seemann's Verlag vielerlei gearbeitet. Eine
so feste und selbständige Natur, wie
Berlepsch musste indessen bald zur Einsicht
gelangen, dass er am Gängelband der
Akademie nicht zu seinem Ziele gelange.
Auch in dem Schulsystem der Akademie,
das nichts als eine künstlerische Massen-
erziehung und geistige Bevormundung er-
reicht, erkannte er schnell den Grundfehler.
Eine Materialienlehre hatte er erhofft, aber
er bekam nur schematische Allüren an die
Hand. Mitten in die Begeisterung für die
deutsche Renaissance war er hineingerathen,
allerorten waren gelehrte und künstlerische
Kräfte rege, die aus dem grossen Formen-
schatz des deutschen sechszehnten Jahr-
hunderts eine neue nationale Kunst heraus-
zupräpariren gedachten. Auch er hat als
ein thätiges Temperament, das überall selbst
Hand anlegt, dieser Bewegung seinen
anä- Vertäfelung. Ausgef. von ,. buyten * söhne^üsSELUORK.
")■). 1. 2.
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H. E. v. BERLEPSCH.
Lehnstuhl.
Berlepsch noch heute seinem Vater. In
Frankfurt a. M. war er erst bei Sommer am
Staedel'sehen Institut, dann bei Linnemann,
endlich an der damals florirenden Frank-
furter Baubank engagirt. Da stand er mitten
im Getriebe des Geschäftes und sah mit eigenen
Augen, was der Beruf
alltäglich für Zufalls-
forderungen stellt, er
lernte einer schnell
wechselnden Situation
jeden Augenblick ge-
recht zu werden.
Er war Architekt;
im Herzen aber fühlte
er den Beruf zum
Maler. Heute mag
ihm die Schule an der
Akademie in München,
wo er bei Lindenschmitt
eintrat, nur als ein Ab-
schluss seiner Studien-
zeit erscheinen, denn
seit geraumer Zeit hat
er die Staffelei in die
Ecke gerückt, um
wieder ausschliesslich
am Zeichentisch zu han-
tiren. Damals aber, im h. e. v. Berlepsch. »
Frühjahr 1875, zog er in München voll
Hoffnung ein, wähnend »der Himmel hinge
da voller Bassgeigen«. Er hatte sich einen
Zehrpfennig zurückgelegt, der ihm einige
sorglose Studienjahre sicherte, denn in Frank-
furt hatte er nebenher als rühriger Zeichner
für Ortwein's »Deutsche Renaissance« und
Seemann's Verlag vielerlei gearbeitet. Eine
so feste und selbständige Natur, wie
Berlepsch musste indessen bald zur Einsicht
gelangen, dass er am Gängelband der
Akademie nicht zu seinem Ziele gelange.
Auch in dem Schulsystem der Akademie,
das nichts als eine künstlerische Massen-
erziehung und geistige Bevormundung er-
reicht, erkannte er schnell den Grundfehler.
Eine Materialienlehre hatte er erhofft, aber
er bekam nur schematische Allüren an die
Hand. Mitten in die Begeisterung für die
deutsche Renaissance war er hineingerathen,
allerorten waren gelehrte und künstlerische
Kräfte rege, die aus dem grossen Formen-
schatz des deutschen sechszehnten Jahr-
hunderts eine neue nationale Kunst heraus-
zupräpariren gedachten. Auch er hat als
ein thätiges Temperament, das überall selbst
Hand anlegt, dieser Bewegung seinen
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