156
Rudolf Klein:
HEINRICH HERMANNS—DÜSSELDORF. Gemälde: Auf der Maas.
Beckerath verkörpert. Ebenso wie die oben-
genannten drei Künstler, wenn auch nicht
ganz so ausgeprägt, da sie nicht aus dem
Milieu, sondern aus der Idee schaffen,
scheinen diese drei Idealisten durchaus
eigenartige Persönlichkeiten. Willy Spatz
erinnert in einzelnen seiner Arbeiten an das
moderne England, was man ihm oft zum
Vorwurf gemacht, bei längerem Vertiefen
in seine Kunst erkennt man jedoch, dass
zwar die äussere Form von jenen beeinflusst
ist, das innere Wesen jedoch ureigenstes
Empfinden. Willy Spatz malt, nachdem er
anfangs mit einigen manirirten Bibelbildern
debutirt, vornehmlich das Weib, das Weib
in seinem Leiden, Sehnen, seiner Lust; hin
und wieder auch in seinem Verhältniss zum
Mann. Aber es ist nicht die kranke Asketin
des Burne-Jones, deren müdes Lächeln
klagend, gleich der kraftlosen scheidenden
Herbstsonne, noch einmal die Thäler der
Menschen wehmüthig zu vergolden sucht —
es ist das Weib, aus dessen keuschen Ge-
schlechtsgründen die ungeklärte Sehnsucht
nach Offenbarung, nach Lösung seines My-
steriums drängt und strebt, es ist die kraft-
voll-keusche, knospende Jungfrau, die in
ihrer Reinheit sich dem Manne anschmiegt,
oder es ist die junge Mutter, die wehmüthig-
beglückt auf die Frucht dieses Sehnens, ihr
Kind, herabblickt! Diesem Inhalt der
Spatz'schen Kunst, die einen ebensogrossen
Ideenreichthum, wie weite Empfindungswelt
in sich schliesst, ist die Technik der Ge-
staltung insofern nicht immer gleichwerthig,
indem ihm die Oelmalerei Schwierigkeiten
zu machen scheint, während ihm in Gouache
und Aquarell entzückende Wirkungen ge-
lingen. Es scheint mir dieser Umstand nicht
uninteressant, weil er mir nicht vereinzelt
da zu stehen scheint. Gerade unter den
modernen Neu - Idealisten gibt es solche,
denen die Oelmalerei Schwierigkeiten ver-
ursacht, während ihnen die trockenen,
stumpfen, aber zarten Töne des Gouache
und Aquarell vortrefflich gelingen — sollten
sie vielleicht die Vorboten einer neuen
Freskoschule sein? In Caseinfarbe, einem
bequemeren Ersatz für die mühsame Fresko-
malerei , wird auch Willy Spatz das grosse
Wandtryptichon ausführen, das ihm als
Staatsauftrag zur Ausmalung der Schloss-
kapelle Burg an der Wupper, zufiel. In
Willy Spatz hat die hiesige Kunst-Akademie
seit einiger Zeit eine ausgezeichnete Lehr-
kraft gewonnen, indem er zu den wenigen
Malern gehört, die ein umfassendes Kunst-
verständniss besitzen. — Alexander Frenz
steht mit seiner Kunst nicht ganz auf dem
Boden dieses Neu-Idealismus, der mit seinen
starren Linien und asketischen Farben nach
rückwärts zu den Primitiven gern, zu Botti-
celli, dem Allerweltsliebling und seinen
Mädchenreigen eine Brücke schlägt. Erst
Rudolf Klein:
HEINRICH HERMANNS—DÜSSELDORF. Gemälde: Auf der Maas.
Beckerath verkörpert. Ebenso wie die oben-
genannten drei Künstler, wenn auch nicht
ganz so ausgeprägt, da sie nicht aus dem
Milieu, sondern aus der Idee schaffen,
scheinen diese drei Idealisten durchaus
eigenartige Persönlichkeiten. Willy Spatz
erinnert in einzelnen seiner Arbeiten an das
moderne England, was man ihm oft zum
Vorwurf gemacht, bei längerem Vertiefen
in seine Kunst erkennt man jedoch, dass
zwar die äussere Form von jenen beeinflusst
ist, das innere Wesen jedoch ureigenstes
Empfinden. Willy Spatz malt, nachdem er
anfangs mit einigen manirirten Bibelbildern
debutirt, vornehmlich das Weib, das Weib
in seinem Leiden, Sehnen, seiner Lust; hin
und wieder auch in seinem Verhältniss zum
Mann. Aber es ist nicht die kranke Asketin
des Burne-Jones, deren müdes Lächeln
klagend, gleich der kraftlosen scheidenden
Herbstsonne, noch einmal die Thäler der
Menschen wehmüthig zu vergolden sucht —
es ist das Weib, aus dessen keuschen Ge-
schlechtsgründen die ungeklärte Sehnsucht
nach Offenbarung, nach Lösung seines My-
steriums drängt und strebt, es ist die kraft-
voll-keusche, knospende Jungfrau, die in
ihrer Reinheit sich dem Manne anschmiegt,
oder es ist die junge Mutter, die wehmüthig-
beglückt auf die Frucht dieses Sehnens, ihr
Kind, herabblickt! Diesem Inhalt der
Spatz'schen Kunst, die einen ebensogrossen
Ideenreichthum, wie weite Empfindungswelt
in sich schliesst, ist die Technik der Ge-
staltung insofern nicht immer gleichwerthig,
indem ihm die Oelmalerei Schwierigkeiten
zu machen scheint, während ihm in Gouache
und Aquarell entzückende Wirkungen ge-
lingen. Es scheint mir dieser Umstand nicht
uninteressant, weil er mir nicht vereinzelt
da zu stehen scheint. Gerade unter den
modernen Neu - Idealisten gibt es solche,
denen die Oelmalerei Schwierigkeiten ver-
ursacht, während ihnen die trockenen,
stumpfen, aber zarten Töne des Gouache
und Aquarell vortrefflich gelingen — sollten
sie vielleicht die Vorboten einer neuen
Freskoschule sein? In Caseinfarbe, einem
bequemeren Ersatz für die mühsame Fresko-
malerei , wird auch Willy Spatz das grosse
Wandtryptichon ausführen, das ihm als
Staatsauftrag zur Ausmalung der Schloss-
kapelle Burg an der Wupper, zufiel. In
Willy Spatz hat die hiesige Kunst-Akademie
seit einiger Zeit eine ausgezeichnete Lehr-
kraft gewonnen, indem er zu den wenigen
Malern gehört, die ein umfassendes Kunst-
verständniss besitzen. — Alexander Frenz
steht mit seiner Kunst nicht ganz auf dem
Boden dieses Neu-Idealismus, der mit seinen
starren Linien und asketischen Farben nach
rückwärts zu den Primitiven gern, zu Botti-
celli, dem Allerweltsliebling und seinen
Mädchenreigen eine Brücke schlägt. Erst