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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 3.1898-1899

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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.6386#0276

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244

Bücherschau.

irgend eine, auch die unbedeutendste Ab-
weichung von der Norm feststellen kann.
Dem Künstler ist es also nach dem Studium
dies zu einem gewissen Grade möglich,
mangelhafte Modelle zu korrigiren, gewisser-
massen den Körper darzustellen, welchen
die Natur in dem betr. Individuum beab-
sichtigte. Es ist selbstverständlich, dass uns
hier kein Schema gegeben wird, das auf
alle weiblichen Körper passen muss, eine
Art von Prokrustes-Bett. Nein, der Verfasser
berücksichtigt auch die individuellen Ver-
schiedenheiten und richtet seine Maassstäbe
so ein, dass sie für jedes Individuum beson-
ders eingestellt werden können. Diese in-
dividuellen Abweichungen, welche nicht als
Schönheitsfehler gelten, sind bedingt durch
Alter, Karakter, Rasse etc. des Individuums.
Alles das wird durch Abbildungeu, die auf
Photographien nach lebenden Frauen beruhen,
erläutert. — Für den Künstler speziell ge-
schrieben sind die Kapitel: »Der moderne
Schönheitsbegriff«, »Darstellung weiblicher
Schönheit durch die bildende Kunst«, »Weib-
liche Schönheit in der Literatur«, »Ver-
werthung des Modelles in der Kunst und
Kunstkritik«. — Wie nothwendig es war,
dass einmal vom streng wissenschaftlichen
Standpunkte aus der Modellfrage näher ge-
treten wurde, erhellt aus der Mittheilung,
dass Verfasser in dem »Akt« von Koch
und Rieth nicht einen einzigen normalen
Körper gefunden hat, ebensowenig in den
50 »Freilichtstudien« von Koch. Im »Kinder-

akte« von Max Peiser nur einen (Bl. 41).
Er selbst gibt in seinem Werke 2 in seinem
Sinne durchaus normale Frauenkörper in
Autotypie, deren einen wir auf Seite 243
vorführen. Man findet ähnliche Akte na-
mentlich bei den Venezianern (Tizian), die
ja in Modell-Angelegenheiten so viel besser
daran waren als unsere Künstler, die sich
meistens auf Mädchen aus den ärmeren,
entstellenden Krankheiten und Einflüssen
besonders ausgesetzten Klassen beschränken
müssen. Sehr selten ist der Fall, dass eine
schöne Frau »aus der Gesellschaft« sich
einem Künstler unverhüllt zeigt, und wenn
sie es thut, so wird sie durch die Liebe dazu
gebracht. Die Liebe aber macht blind, sie
verhindert eine scharfe, kritische Erfassung
der einzelnen Körpertheile, weshalb Stratz
mit Recht viele Fehler in der Aktdarstellung
nach Frauen aus gebildeten Kreisen auf die
Liebe zurückführt. - - Das Werk sollte in
keinem Aktsaale, in keinem Atelier fehlen!

G. F.—M.

\ ~X 7ETTBEWERB - BERICHTIGUNG.

" * Wir tragen hier nach, dass in unse-
rem I. Wettbewerb 1898/99 um Entwürfe zu
»Schlafzimmer-Mob ein« dem Entwürfe Motto
»Ich« von Architekt Richard Sturtzkopf in
Bückeburg, Herminenstrasse 26 eine lobende
Erwähnung zugesprochen worden ist, was
in das Protokoll über die Entscheidung
dieses Wettbewerbes aufzunehmen irrthüm-
lich übersehen wurde. Die Redaktion.

Federzeichnung: Korn-Ernte.

herm. datir— karlsruhe i. b.
 
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